Polizistenmord von Heilbronn: Bundeskanzleramt erschwert Vernehmung von Zeugen

Seite 2: Gab es eine FBI-Operation und was war ihr Ziel?

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Warum sollen damals im April 2007 Beamte der US-amerikanischen Bundespolizei FBI in Heilbronn gewesen sein? Was war der Hintergrund ihrer Operation? Das Magazin Stern sah in seinem Bericht einen Zusammenhang mit der Fahndung nach der sogenannten Sauerlandgruppe: Islamisten, darunter Deutsche, die Anschläge auf US-Einrichtungen planten.

Die Gruppe flog später auf, ihre Mitglieder wurden verurteilt - bis auf den Deutsch-Türken Mevlüt Kar, ein Mann mit Geheimdienstkontakten. Die Gruppe erwartete die Lieferung von Sprengzündern. Kar soll nach Erkenntnissen des BKA am 22.4.2007 in der Türkei Zünder entgegen genommen haben, die dann nach Deutschland gebracht werden sollten.

Fritz Gelowicz war Mitglied der Terrorgruppe. Nach Verbüßung von fast neun der zwölf Jahre Haft ist er unter strengen Auflagen wieder auf freiem Fuß. Er bestritt jetzt als Zeuge vor dem NSU-Ausschuss einen Zusammenhang seiner Gruppe mit Heilbronn, dem Polizistenmord oder auch dem NSU von Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe. Am 25. April 2007, dem Tag des Mordes an Michèle Kiesewetter, hielt er sich in Ulm auf. Wo Mevlüt Kar an dem Tag war, konnte er nicht sagen. Er könne sich nicht vorstellen, dass er in Heilbronn war, aber: "Wissen kann ich's nicht", sagte er. Die Zünderübergabe habe sowieso erst im August stattgefunden, unter anderem in Mannheim.

Bemerkenswert, was die Obleute des Ausschusses aus dieser Aussage machten: Gelowicz habe erklärt, Kar sei nicht in Heilbronn gewesen, behaupteten sie auf der Pressekonferenz nach der Sitzung. Noch bemerkenswerter, welchen Schluss eine Mehrheit der Abgeordneten inzwischen zieht: Am 25. April 2007 habe es in Heilbronn gar keine Geheimdienst-Operation gegeben. Am lautesten vertreten von Obmännern, die am wenigsten Kenntnis haben.

Selbst wenn kein Zusammenhang mit der Sauerlandgruppe bestanden haben sollte, bleibt die durch die Akten dokumentierte und eingeräumte Anwesenheit von zwei FBI-Leuten in Heilbronn und das Kopfzerbrechen, das sich die bundesdeutschen Sicherheitsbehörden darüber gemacht haben. Die Frage müsste also lauten: Womit hatte die vorgesehene FBI-Aktion dann zu tun?

Aufklärungsdesinteresse

Stattdessen lieferte der baden-württembergische U-Ausschuss weitere Beispiele seines überbordenden Aufklärungsdesinteresses. Der Rechtextremismus-Kenner Jan Raabe trug den Abgeordneten das monströse Geflecht an rechtsradikalen Musikbands und deren Verbindungen unter anderem zwischen BaWü und Sachsen vor und nannte verschiedene Neonazigrößen beim Namen.

Unter anderem Markus Frntic, der in BaWü eine zentrale Rolle spielt. Er kämpfte als Söldner auf Seiten Kroatiens im jugoslawischen Bürgerkrieg, war Führungsmann im Netzwerk "Blood and Honour", gründete deren Nachfolgeorganisation "Furchtlos und Treu", tat im "Ku Klux Klan" mit, unterhielt Beziehungen zu führenden Rechtsextremisten in Ostdeutschland und hatte auch Kontakt zu dem späteren Aussteiger Florian Heilig, der im September 2013 unter bis heute nicht restlos geklärten Umständen in seinem Auto verbrannte.

Kürzlich ergab sich im NSU-Ausschuss des Bundestages ein Hinweis, dass Frntic auch mit den Sicherheitsbehörden zusammengearbeitet haben muss. Seine Person sei "eingestuft", weshalb sie zu Frntic nichts sagen dürfe, erklärte eine frühere Vertreterin des LKA (Aktenzeichen Polizistenmord Heilbronn ungelöst).

Diesen Mann erwähnte nun der Sachverständige Raabe explizit, doch der Ausschuss wollte nichts dazu wissen, keine Fragen. Lediglich der Ausschussvorsitzende stellte eine allgemeine Nachfrage zu Frntic, auf die der Sachverständige - wohl versehentlich - aber nicht einging. Drexler schien das egal zu sein. Er meinte hinterher, seine Frage sei doch beantwortet worden.

Dieser Ausschuss ist keiner, der tatsächlich untersucht, sondern einer, der so tut als ob.