Portugal: Starker Widerstand gegen Lithium-Minen

Seite 2: "Landschaft für immer zerstört" und keine neuen Arbeitsplätze?

Doch einen Fortschritt, der ihre Natur und Lebensweise in wenigen Jahren zerstört, wollen die Menschen in Trás-os-Montes nicht. Tatsächlich zeichnet sich auch dieses Gebiet durch Besonderheiten aus. Deshalb wurde es 2018 von Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zum ersten landwirtschaftlichen Weltkulturerbe in Portugal erklärt.

Es gehört damit zu den sieben Gebieten in Europa, die als Standort des Global Important Agricultural Heritage Systems (GIAHS) eingestuft wurden. Prämiert werden darüber traditionelle landwirtschaftliche Systeme, "die aufgrund ihrer herausragenden Merkmale - sei es ihre Vielfalt, ihr traditionelles Wissen, ihre biologische Vielfalt, ihre Landschaft, ihr sozioökonomisches Modell oder ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber menschlichen, klimatischen und ökologischen Veränderungen - dazu beitragen können, die Bewirtschaftung moderner landwirtschaftlicher Systeme zu verbessern".

Bezogen hat die FAO dabei auch auf die Viehzucht, denn von hier stammt die Barrosã-Rasse, eine Rinderrasse, die bereits vom Aussterben bedroht war und nach Meinung vieler Portugiesen das beste Fleisch liefert. Besonders sticht die Region aber auch durch die gemeinschaftliche Bewirtschaftung von Agrar- und Weideflächen auf den sogenannten "Baldios" hervor. Kollektiv werden hier auch Wasserressourcen und Wälder bewirtschaftet.

Die Bevölkerung der Region hat Angst, dass genau das alles über eine ohnehin nur kurzfristige Aktivität zerstört wird. Denn nur 16 Jahre lang soll hier nach Lithium gegraben werden. Für den Vorsitzenden der Bürgerinitiative ist es ein Unding, dass riesige Löcher entstehen sollen, "die 150 Meter tief und 600 Meter breit" sind und darüber hinaus riesige und hohe Abraumhalden entstehen.

Damit werde die Landschaft für immer zerstört, meint Gomes. Wie die gesamte Bevölkerung geht auch er davon aus, dass auch das "reinste Wasser Portugals" hoffnungslos verunreinigt werde. Ein ganzer Fluss müsste umgeleitet werden.

Von den üblichen Heilsversprechen, dass hier Arbeitsplätze und Infrastruktur geschaffen wird, hält man in der Region angesichts der Umweltzerstörung durch den Tagebau, bei massiver Staubentwicklung, der befürchten Kontaminierung des Wassers und ständiger Sprengungen nahe der Dörfer wenig. Dass die Bergbaufirma dafür ganze 600.000 Euro im Jahr an Ausgleichszahlungen leisten will, halten die Gegner des Projekts für lächerlich. Im Bergwerk, in das Savannah 150 Millionen Euro investieren will, sollen ohnehin nur 200 direkte Stellen geschaffen werden.

Darüber hinaus würden weitere 600 indirekte Stellen entstehen, erklärte kürzlich der Savannah-Geschäftsführer David Archer im Interview, in dem er sich auch überzeugt gibt, dass die Regierung den "Lithium-Abbau für Europa" genehmigen wird. Denn darüber könne angeblich der Ausstoß von angeblich 100 Millionen Tonnen des Treibhausgases CO2 verhindert werden. Er spricht davon, dass viele Familien in die Region ziehen würde, die auch unter Bevölkerungsschwund leidet. Das jedes Bergwerke aber im Betrieb jeweils fast 1,8 Millionen Tonnen zusätzliches CO2 pro Jahr erzeugen soll, wie Umweltschützer vorgerechnet haben, das sagt Savannah nicht.

Von all den Segnungen, die mit den Bergwerken kommen sollen, halten die Gegner in allen vorgesehenen Gebieten wenig. Unter ihnen gibt es einen Austausch und Solidarität. "Wir lehnen auch jegliche Prospektion an anderen Orten ab, die indirekt zu einer Verschmutzung von Schutzgebieten führen", hat zum Beispiel der Bürgermeister von Caminha erklärt. Die Bergwerks-Gegner in Barroso bekommen inzwischen aber auch internationale Unterstützung, wie ein Protest-Camp im August gezeigt hat.

Dass mit den Bergwerken Reichtum und Arbeitsplätze in der Region geschaffen werden, glauben weder Umweltschützer noch örtliche Autoritäten. Sogar der Savannah-Chef gab im Interview zu, dass es sich vor allem um spezialisierte Stellen handeln soll, schließlich soll der Abbau weitgehend automatisiert über Roboter laufen. Archer spricht deshalb zum Beispiel von "Geologen, Umweltwissenschaftlern, Buchhaltern und IT-Technikern".

Die erhielten zwar tatsächlich Gehälter, die über dem Durchschnitt der Region liegen, aber diese Berufsgruppen sind in der von Landwirtschaft geprägten Region nicht zu finden. Vage bleibt er im Interview auch, was den Schutz des Trinkwassers angeht, man wolle "versuchen, das anfallende Wasser vor Ort zu sammeln und zu recyceln".

Wie der Bürgermeister der größeren Gemeinde Boticas - mit gut 5.000 Einwohnern - gehen deshalb viele hier davon aus, dass die neuen Stellen Leute besetzen werden, die von außen kommen und nicht in der Region leben werden. Sie werden "morgens im Auto kommen und am Ende des Tages in andere Gemeinden zurückkehren", ist Fernando Queiroga überzeugt.

Das schaffe keinen Wohlstand in der Region, meint der konservative Politiker der PSD, bedeute aber "die Zerstörung unserer Region". Wie die Landwirte, Viehzüchter und Umweltschützer geht er davon aus, dass im Rahmen des Projekts in der Region für die Schaffung von Arbeitsplätzen für einige Jahre "andere Arbeitsplätze zerstört werden, die wir im ländlichen Tourismus, in der Gastronomie und in der Landwirtschaft haben."

Wie solle das hochwertige Rindfleisch noch verkauft werden, wenn es mit Lithiumabbau, Staub und kontaminiertem Wasser in Verbindung gebracht wird. Er meint auch, dass man keinen hochwertigen Honig mehr verkaufen könne, wenn der Staub die Bienen töte. Da die Arbeitslosigkeit hier niedrig sei, seien 95 der Bewohner in seiner Gemeinde gegen das Projekt, ist der Bürgermeister überzeugt.

Ausführlich haben sich die Gegner mit den Angaben von Savannah und der Regierung auseinandergesetzt. Den vagen Aussagen, dass hier nicht nur Lithium abgebaut wird, sondern eine gesamte Lithium-Wertschöpfungskette aufgebaut werden könnte, wie eine Lithium-Raffinerie und eine Batteriefabrik glaubt eigentlich niemand. Ohnehin könnte das auch ohne dem Lithium-Abbau in Naturschutzgebieten passieren, schon wegen seiner Lohnstruktur mit niedrigen Löhnen. So verweist auch Pedro Santos von der Umweltorganisation Quercus darauf, dass Portugal sogar über Ölraffinerien verfüge, obwohl im Land kein Öl gefördert würde.

Dass es mit der Unterstützung des Widerstands gegen die Bergwerke durch die traditionellen Umweltorganisationen bisher noch nicht so weit her ist, darauf verweist Catarina Alves von der Bürgerinitiative, die aus Covas de Barroso stammt, aber lange in London gelebt hat. Einige in der Umweltbewegung glauben, wie in der Regierung, dass für eine Energiewende Opfer erbracht werden müssten, schließlich wolle Portugal mit Unterstützung der EU zum "Big Player in Sachen Lithium in Europa zu werden.

Eine klare Unterstützung bekomme die Bewegung von den Grünen Portugals. Dazu auch von der Klimastreik-Bewegung. In Widerstandscamps, wie im Rahmen der Zapatisten-Rundreise kürzlich, sei es geschafft worden, den Widerstand auch international zu verbreitern. Die internationale Solidarität ist für sie von "entscheidender Bedeutung".

Alves streicht ihrerseits aber auch die "grundlegende Rolle der Frauen" im Widerstand gegen die Bergwerke heraus. "Sie waren die ersten, die erkannten, was auf dem Spiel stand, und die langfristig dachten; sie sind die treibende Kraft der Bewegung gegen die Bergwerke". Die dekonstruiert in ihren Stellungnahmen auch den Diskurs, dass Lithium-Autos nachhaltig seien.

Verwiesen wird zum Beispiel auf die kurze Lebensdauer der Batterien (zwischen 4 und 10 Jahren) und die Probleme bei deren Recycling. Zudem sei "der Preis dieser Autos sehr hoch und damit nur für eine kleine Elite zugänglich". Sie verweisen aber vor allem darauf, dass die "Energiewende" und "Elektromobilität" wie sie derzeit geplant ist, weiter auf der Logik des Individualverkehrs beruht, kein Paradigmenwechsel vorangetrieben werde, wie die Schaffung und der Ausbau öffentlicher Verkehrsnetze.