Portugal: Starker Widerstand gegen Lithium-Minen
- Portugal: Starker Widerstand gegen Lithium-Minen
- "Landschaft für immer zerstört" und keine neuen Arbeitsplätze?
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Das Land soll weltweit über das sechstgrößte Lithiumvorkommen verfügen, das größte in Europa
Das Serra d'Arga ist ein einzigartiges Gebirge im Norden Portugals, das unter anderem zur malerischen Kleinstadt Caminha gehört. Hier, wo der Grenzfluss Minho in den Atlantik mündet, trennt er gleichzeitig die Region in Portugal von Galicien in Spanien ab.
Hinter Caminha und dem naheliegenden größeren Viana do Castelo türmt sich am Atlantik das Serra-Gebirge gut 800 Meter auf. Es besticht durch viele Seen und Wasserfälle und eine einzigartige Flora, man findet etliche bedrohte Arten. So führt die Route des atlantischen Wolfs durch die Iberische Halbinsel auch in die abgelegene Barroso-Region, die zu einem guten Teil weiter östlich im Landesinneren zum grenzüberschreitenden Biosphärenreservat Gerês-Xurés gehört.
Beide Gebiete vereinen nicht nur die Wege des Wolfs und die eindrucksvolle Naturschönheit, sondern in der Serra d'Arga und in der Barroso-Region soll - nach dem Willen großer Bergbauunternehmen und der Regierung - in großem Stil im besonders umweltschädlichen Tagebau das abgebaut werden, was die sozialistische Regierung in Lissabon schon als das "weiße Gold Portugals" bezeichnet: Lithium.
Das Leichtmetall ist der Stoff, aus dem viele Träume eines "grünen" Kapitalismus gesponnen werden. Es wird für die Batterien Laptops, Tabletts und Smartphones benötigt, aber vor allem für Elektroautos, um die Umstellung des Individualverkehrs auf die angeblich umweltfreundliche Elektromobilität zu schaffen.
"Unter keinen Umständen genehmigen"
Im Norden Portugals regt sich längst großer Widerstand gegen die Pläne, einzigartige Landschaften für den "grünen Kapitalismus" ausgerechnet im Namen des Umweltschutzes zu opfern. Während die regierenden Sozialisten (PS) die Pläne vorantreiben, treffen sie bei den Bewohnern und auch bei den eigenen Parteigängern in den betroffenen Regionen auf großen Widerstand.
"Wir werden alles tun, um den Lithiumabbau im Serra d'Arga zu stoppen", erklärt zum Beispiel der PS-Stadtrat von Viana do Castelo im Interview. Für Luís Nobre handelt sich um das ökologische Erbe der gesamten Region, das nicht durch den Bergbau vernichtet werden dürfe.
Das Thema spielt in der Region am nördlichsten Zipfel des Landes vor den Kommunalwahlen am kommenden Sonntag eine bedeutsame Rolle. Einig ist sich Nobre auch mit seinem Parteikollegen und Bürgermeister von Caminha. "Unsere Mine heißt Biodiversität", erklärt Miguel Alves und spricht von einer "sehr rationalen, keinesfalls emotionalen Position". Auch Alves stemmt sich gegen den Lithium-Abbau in den nahegelegenen Bergen und will keine Bergarbeiter in Naturschutzgebieten sehen.
"Wir werden das Projekt unter keinen Umständen genehmigen", erklärt der Bürgermeister und weiß den Gemeinderat hinter sich, den die PS mit klarer absoluter Mehrheit seit 2017 dominiert. Auch Alves setzt sich seit Jahren dafür ein, dass das Serra d'Arga als Landschaftsschutzgebiet eingestuft wird, um es vor dem Zugriff auf die Bodenschätze abzuschirmen. Einig ist er sich dabei auch mit den Kommunisten (PCP) oder dem marxistischen Linksblock (BE).
Im konservativen Lager ist man in der PSD dagegen eher gespalten, da einige unter den "Sozialdemokraten", wie sich die rechte PSD nennt, in den Minen auch Chancen für die betroffenen Regionen sehen. Allerdings hat der im Januar bestätigte und beliebte Staatschef und PSD-Mitglied Rebelo de Sousa auch gegenüber der sozialistischen Landesregierung unmissverständlich längst seine Position deutlich gemacht: "Ich glaube nicht, dass es jemals eine Mine im Serra-Gebirge geben wird", sagte der Präsident Portugals gegenüber Caminha Radio.
Die Lage sieht also für das Serra d'Arga ziemlich gut aus. Alles hängt von der strategischen Umweltverträglichkeitsprüfung (SUP) ab, mit der alsbald begonnen werden soll. Die Bemühungen, das Gebirge zu einem Landschaftsschutzgebiet zu erklären, sind sehr aussichtsreich. Erwartet wird, dass dies noch im laufenden Jahr geschieht. Anders sieht es dagegen in der Barroso-Region aus. "HELP" wurde dort von der Bevölkerung im Sommer in riesigen Lettern in die Weidelandschaft gemäht.
Britsches Unternehmen
Hier sind die Vorgänge schon deutlich weiter vorangeschritten, Probebohrungen wurden durchgeführt, die Interessen von diversen Bergbaufirmen formuliert. Es handelt sich um ein Lithium-Projekt von vielen, das in Portugal schon am weitesten vorangetrieben wurde. Allen voran sticht in Barroso das britische Unternehmen Savannah Resources hervor, das sich 2017 in das Gebiet eingekauft hat. Es spricht von der "bedeutendsten Spodumen-Lithiumlagerstätte" in Westeuropa.
Tourismus spielt in der Provinz "Trás-os-Montes" (Hinter den Bergen) eine eher untergeordnete Rolle. Staatschef Rebelo do Sousa zweifelt allerdings auch daran, dass es angesichts der komplexen rechtlichen Lage zur Förderung von Lithium weiter östlich im Landesinneren kommen werde, auch wenn das nach dem bisherigen Gesetz "theoretisch" möglich sei, wie er zugibt.
Ein Dekret, das das Kabinett im November zur Neuregelung von derlei Aktivitäten verabschiedet hatte, wurde vom Staatschef nicht abgenickt, sondern zur Neuformulierung an die Regierung zurückgegeben. Darauf hatten unter anderem Bürgerinitiativen und Umweltorganisationen gedrängt.
So hoffen auch die Bewohner im Barroso-Gebiet, die sich wie in Covas de Barroso praktisch alle gegen den Bergbau aussprechen, dass es auch zu keinem Lithium-Abbau in ihrer Region kommt. Allerdings trauen sie den Aussagen des Staatschefs nicht wirklich. Der Vorsitzende der örtlichen Bürgerinitiative zur Verteidigung von Covas do Barroso fragt, wieso Rebelo de Sousa, "der alle und jeden besucht", nicht auch nach Covas de Barroso komme.
"Wir vermissen Erklärungen von ihm und vom Regierungschef", fügt Nelson Gomes an, der selbst Landwirt und Viehzüchter ist. Derzeit finden keine Arbeiten in der Region statt. Die endgültige Genehmigung der Regierung steht aus. Nach einer dreimonatigen öffentlichen Anhörung wartet Savannah Resources auf die Umweltverträglichkeitserklärung der Umweltbehörde, die sich mit 170 Einwendungen beschäftigen muss.
"Mit dem Leben verteidigen"
Denn die Bewohner in der Barroso-Region wollen sich ihre gewohnte Lebensweise hinter den Bergen nicht durch vier Krater zerstören lassen, die eine Fläche von fast 600 Hektar Land beeinträchtigen sollen. Das haben sie eindrücklich dem Vertreter der Regierung sehr deutlich gemacht, als der Energie-Staatssekretär João Galamba in die Region gereist war, um der Bevölkerung das Vorhaben schmackhaft zu machen.
Galamba wurde dabei von zahlreichen aufgebrachten Bürgern mit Transparenten empfangen. "Nein zum Bergwerk. Ja zum Leben", stand darauf. "Es bist nicht du, der hier regiert Galamba. Es ist die Bevölkerung", riefen sie dem Vertreter aus dem fernen Lissabon entgegen.
Sie knüpften an das alte Sprichwort der Region an: "Para cá do Marão mandam os que cá estão" (Auf dieser Seite des Marão-Gebirges haben die das Sagen, die hier leben). Man sei zu allem in der Region bereit, sie auch mit dem eigenen Leben zu verteidigen, erklären erzürnte Bewohner, die für ihre Naturverbundenheit und Gastfreundschaft, aber auch für ihre Dickköpfigkeit bekannt sind.
Man war hier in der dünn besiedelten Region, in der die Winter kalt und die Sommer heiß sind, immer auf sich selbst gestellt. Lissabon habe die wenig entwickelte Region vergessen, weshalb alle Projekte aus der Hauptstadt hier stets auf Misstrauen stoßen.
Um ihre Ablehnung gegen die Lithium-Minen deutlich zu machen, hätten Dutzende Menschen den schweren Dienstwagen von Galamba umringt und mit den Händen auf die Motorhaube und Windschutzscheibe getrommelt, wurde in verschiedenen Medien berichtet. Einen solchen Empfang von seinen eher ruhigen und bedächtigen Landleuten hatte er nicht erwartet.
"Nervöse Polizisten" hätten einem "noch nervöseren Staatssekretär" den Weg freiräumen müssen, da die Situation drohte, außer Kontrolle zu geraten. Galamba musste wieder abreisen. Aus seiner geplanten Rede wurde nichts, um den Leuten zu erklären, welche Chancen das Bergwerk für die Region haben soll, welche Investitionen geplant sind, die angeblich viel Fortschritt hinter die Berge bringen soll.