Präsidentschaftswahlen in Polen: Komorowski droht die Stichwahl

Am kommenden Sonntag stimmt Polen über das Amt des Staatspräsidenten ab - bei der allgemeinen Politikverdrossenheit gewinnen skurrile Kandidaten an Zustimmung

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Noch im Dezember schien die Wahlen klar für den amtierenden Staatspräsident Bronislaw Komorowski auszugehen. In den Umfragen stimmten 61 Prozent für den liberalen Konservativen, der eher unbekannte Gegenkandidat Andrzej Duda von der nationalkonservativen "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) erhielt gerade mal 17 Prozent.

Bronislaw Komorski. Bild: Platforma Obywatelska RP/CC BY-SA 2.0

Bronislaw Komorowski, der der Regierungspartei Bürgerplattform (PO) entstammt, hat etwas von einem eher gemütlichen Onkel, der keinem recht wehtun mag. Von Amts wegen kann er die Unterschrift von Gesetzen verweigern, im Verteidigungsfall ist er Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Auch in der Außenpolitik mischt er mit, hier ist die gesetzliche Lage allerdings etwas diffus, er muss sich mit der Kanzlei des Premierministers (in diesem Fall eine Minsterin, Ewa Kopacz) - und dem Außenministerium absprechen.

Da sich Donald Tusk, der im September den Posten für das Amt des EU-Ratsvorsitzenden räumte, gut mit Bronislaw Komorowski verstand, kam das relativ harmonische Miteinander bei vielen Polen lange gut an. Die PiS-Wählerschaft, die den Verlust von Lech Kaczynski verschmerzen muss, der beim Flugzeugabsturz bei Smolensk ums 2010 Leben kam, lehnt Komorowski als "Nutznießer" dieser Situation klar ab.

"Sicherheit" ist eines der oft gebrauchten Wörter des studierten Historikers. Als Höhepunkt seiner Amtszeit gilt der Besuch von Barack Obama im Juni 2014 und dessen Sicherheitsversprechen an die polnische Adresse angesichts der Krise in der Ukraine. Komorowski bemühte sich auch im westlichen Ausland gegen die Vorstellung anzukämpfen, die Ukraine sei Einflusszone Russlands. Hier unterscheidet er sich wenig von seinem Kontrahenten Andrzej Duda.

Andrzej Duda mit Frau. Bild: www.facebook.com/andrzejduda

Ein erhöhter Verteidigungshaushalt und der Zukauf von Patriot-Raketen waren seiner Initiative geschuldet (Patriots für den Himmel über Polen). Schwierigkeiten hat er jedoch mit der Umsetzung seines "modernen Patriotismus", einem fröhlichen polnischen Nationalstolz, der an Feiertagen ungezwungen zum Ausdruck kommen soll. Doch davon war am dritten Mai wenig zu spüren - am Tag der polnischen Verfassung (erlassen im Jahre 1791) war der Applaus nach Komorowskis Auftritt, der die Eintracht Polens beschwor, verhalten. Komorowski vermag nicht mitzureißen, er wiederholt sich gern. Doch die polnischen Wähler wollen auf der emotionalen Schiene angesprochen werden. Im Kontakt mit den Bürgern schien der geborene Graf bei seiner Wahlkampftour zu sehr über den Dingen zu schweben.

Der alerte Andrzej Duda konnte so an Profil gewinnen. Er vermeidet Konkretes und spricht die Wähler besser auf der Gefühlsebene an. Der promovierte Jurist versucht die Härte zu vermeiden, die den Parteichef Jaroslaw Kaczynski auszeichnet, der im Mai gegen Komorowski verlor. In Bezug auf gesellschaftliche Normen ein Konservativer, verspricht er die Abschaffung von Steuern für Geringverdiener und plädiert für Arbeitsbeschaffungsprogramme.

Ihm ist auch die Unterstützung eines großen Teils der Kirche sicher. So lehnt Duda die Förderung von "In-Vitro-Fertilisation" mit harten Worten ab, was das Komorowski-Wahlkampfteam nun kurz vor der Wahl mit einem Spot thematisiert, in dem die Mutter eines solchen Kindes mit Duda-Zitaten gequält wird.