Propagandakrieg in den USA gegen Russland

Seite 2: Die Liste der Websites, die russische Propaganda und Desinformation verbreiten sollen

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Zu den unabhängigen Forschern rechnete Timberg Clint Watts vom konservativen Foreign Policy Research Institute (FIPR). Der geopolitisch auf die nationalen Interessen der USA und auf Einmischung in die Politik ausgerichtete Thinktank, 1955 gegründet von Robert Strausz-Hupé, war im Kalten Krieg stramm antikommunistisch orientiert, trat auch schon mal für die Führung eines gewinnbaren Atomkriegs ein und wurde von der CIA unterstützt.

Jetzt fördert man die "Demokratisierung" der ehemaligen Länder des Ostblocks und hat auch eine Niederlassung in der Ukraine. Auch dort wird natürlich vor dem hybriden Krieg Russlands gesprochen, der "gegen den Westen entfesselt" worden sei. Während man natürlich für den Anschluss der Ukraine an die Nato ist, sei das Ziel des russischen hybriden Kriegs "die Einrichtung prorussischer Regierungen, mit denen Russland dann diese Länder nach den russischen Interessen manipulieren kann".

Das nicht für Rechtslastigkeit bekannte Magazin Fortune schreibt, FIPR sei bekannt für seine aggressive Haltung gegenüber Russland. Interessant ist, dass Robert Strausz-Hupé schon 1959 in einem Artikel in der New York Times davor warnte, dass die Sowjetunion in Sachen Propaganda dem Westen überlegen sei.

Clint Watts hatte kurz vor dem Wahltag den Artikel "Trolling for Trump: How Russia Is Trying to Destroy Our Democracy" geschrieben, in dem ebenfalls behauptet wird, dass nicht näher benannte russische "Beeinflussungsnetzwerke" die Wahlen zu manipulieren suchen. Sie würden als eine geheimnisvolle Macht, die die Spione aus dem Kalten Krieg durch Trolle und eine Verschwörungstheorie ersetzt hat, nicht unbedingt Trump gewinnen lassen, sondern vor allem die amerikanische Demokratie untergraben und Verunsicherung schüren wollen.

Vor allem konzentrierte sich Timberg auf die Website PropOrNot, die von anonym bleibenden Betreibern ins Netz gestellt wurde, um die russische Desinformationskampagne zu entlarven, und eine Liste von 200 Websites mit einer Leserschaft von 15 Millionen Amerikanern aufstellte, die während der Wahlzeit russische Propaganda verbreitet haben sollen, die teilweise von russischen Staatsmedien wie RT oder Sputnik ausgegangen seien. Das ist auch die Methode, ausgehend von Berichten auf russischen Seiten zu schauen, wie sich Themen verbreiten, allerdings ohne wirkliche Überprüfung und Vergleich zur Verbreitung anderer Inhalte. Einige der gelisteten seien Teil der Kampagne, andere "nützliche Idioten". Der Leiter der angeblichen unabhängigen Gruppe "besorgter amerikanischer Bürger", mit dem Timberg gesprochen haben will, wollte anonym bleiben, um nicht "zum Ziel von russischen Legionen geschulter Hacker" zu werden.

Auf der Liste befinden sich neben wenigen rechten Websites wie drudgereport.com oder gatesofvienna.net und englischsprachigen russischen, syrischen oder iranischen Medien viele Verschwörungs-Websites wie Infowars.com, Rense.com oder Voltairenet.org. Auffällig aber ist vor allem, dass viele linke und regierungskritische Websites aufgeführt werden, um sie der russischen Propagandahilfe zu verdächtigen. Darunter sind Websites wie WikiLeaks.org, Consortiumnews.org, truth-out.org, informationclearinghouse.info oder memoryholeblog.com. Auch die Websites paulcraigroberts.org, ronpaulinstitute.org, dennismichaellynch.com, globalresearch.ca oder foreignpolicyjournal.com gelten als gefährlich. Zudem werden zerohedge.com und nakedcapitalism.com gelistet. Ergänzt wird die Liste mit einem Plug-in für den Chrome-Browser, um so Propaganda-Seiten kenntlich zu machen.

Nach Protesten, die eine Wiederbelebung der McCarthy-Zeit in der Antipropaganda-Propgandaliste witterten, darunter Glenn Greenwald, wurden aanirfan.blogspot.co.uk, abovetopsecret.com, counterpunch.org, nutritionfacts.org und russia-direct.org wieder entfernt. Der Anwalt von nakedcapitalism.com schrieb einen Brief, in dem er eine Entschuldigung fordert. Das Ganze ist methodisch nicht zu durchdringen und macht einen willkürlichen Eindruck. Timberg zog den Artikel nicht zurück und führte ins Feld, er habe selbst keine Websites genannt und sie der Propaganda bezichtigt.

Vorbild: Eine Liste von Journalisten in der Ukraine?

Die Liste erinnert an eine Aktion in der Ukraine, wo man sich auch im Propagandakrieg mit Russland sieht, ein von Poroschenkos Schwiegersohn geleitetes "Wahrheitsministerium" eingerichtet hat (Ukraine hat ein neues Ministerium für Informationspolitik und Propaganda mit Gegenpropaganda beantwortet (Freiwillige an die Informationsfront) bzw. aufzeigt (Stop Fake News). Das Ministerium plant etwa die "informationelle Reintegration des Donbas", etwa durch den Bau von Sendemasten, um die Region mit ukrainischem Radio und Fernsehen zu beschallen.

Dabei bleibt es allerdings nicht. Es wird auch Künstlern und Journalisten die Einreise verboten, die zu russlandfreundlich scheinen, zensiert werden auch Filme und Bücher, Medien sowieso.

In diesem Kontext wurde in der Ukraine im Mai online und ebenfalls anonym eine Liste mit den Namen von tausenden missliebigen Journalisten veröffentlicht, die einmal im Donbass gewesen waren (Der Kampf gegen Journalisten geht weiter). Dahinter stecken nationalistische Hacker, die vermutlich mit dem ukrainischen Geheimdienst zusammenarbeiten. Im Februar waren die ersten Namen veröffentlicht worden, daraufhin kam es zu tödlichen Anschlägen auf Journalisten (Eine "Ukrainische Aufständische Armee" will für die Mordanschläge verantwortlich sein).

Das PropOrNot vielleicht Verbindungen zu rechtsnationalistischen Ukrainern hat, könnte aus einem Tweet vom 17. November hervorgehen, der einen Artikel über ukrainische Hacker verlinkt und mit dem faschistischen Gruß "Героям слава!!" ("Ruhm den Helden") überschrieben ist, der von der 1941 u.a. von Stepan Bandera gegründeten faschistischen Organisation der Ukrainischen Nationalisten (OUN) verwendet wurde. Bandera hat zunächst mit den Nazis kollaboriert und später gegen die Nazis und die Russen gekämpft. Er wurde mit der Orangen Revolution und der Maidan-Bewegung wieder zum Nationalhelden.

Teil 2 über PropOrNot und die Verbindungen zu rechten Thinktanks und dem ukrainischen Hintergrund.

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