Pufferzone in Nordostsyrien: Die Bedingungen der YPG

Archivbild (Dezember 2018): Propaganda der islamistischen Miliz Liwa Suqur al Shimal in Vorbereitung zur Unterstützung der türkischen Invasion auf Manbisch in Nordsyrien

Der Kommandeur der SDF bietet eine 5 Kilometer tiefe Zone als Kompromissvorschlag an. Unter der Bedingung, dass die Türkei keine syrischen islamistischen Milizen einsetzen darf

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Nur 5 Kilometer darf die "Sicherheitszone", die die Türkei fordert, tief nach Nordsyrien hineinreichen, so verlangen es die Kurden. Und sie wollen eine internationale Aufsicht über die safe zone, ohne Beteiligung türkischer Truppen - außer die Türkei erfüllt Bedingungen, die zu erfüllen im Augenblick völlig unmöglich erscheinen.

Aber vielleicht sind derzeit Kompromisse möglich, der Druck wächst, alle drei großen Parteien, die USA, die Türkei und die Kurden der Rojava-Selbstverwaltung, stehen in einem Kräfte- und Abhängigkeitsverhältnis zueinander, das Kompromisse braucht. Außer man will die nächste große Front in Syrien eröffnen.

Allein dass die YPG nun selbst Vorschläge für die Pufferzone öffentlich macht, ist nach all den Erfahrung, die die Kurden in Afrin gemacht haben und machen, ein Schritt, der lange Zeit von Experten und Beobachtern als unwahrscheinlich eingestuft worden war. Die Türkei in die von Kurden verwalteten Gebiete in Nordsyrien hineinzulassen, wurde als Risiko gesehen, das die YPG niemals akzeptieren würde.

Die genannten kurdischen Vorschläge, wonach eine buffer zone mit fünf Kilometern Tiefe statt 30 Kilometern, wie von der Türkei gefordert, möglich wäre, stammen vom kurdischen SDF-Kommandeur Mazlum Kobane (aka Ferhat Abdi Sahin, oft auch unter dem Namen Mazlum Abdi oder Ebdi). Er äußert sie in einem Interview mit al-Monitor.

Dort heißt es, dass die Kurden Vorschläge zur Einrichtung einer Sicherheitszone über die von den USA vermittelten Kontakte zum türkischen Geheimdienst bereits schon im Dezember weitergegeben hätten, um eine eigene Kompromisslösung auf den Verhandlungstisch zu bringen.

Islamistische Milizen "off-limits"

Zu den Streitpunkten, die beim Besuch des US-Sondergesandten für Syrien, James Jeffrey, in Ankara vor gut einer Woche herausgestellt wurden (Nordsyrien: Hochriskante türkische Sicherheitszone), gehören außer der Ausdehnung der Sicherheitszone - und damit die Distanz, wie weit sich die YPG wegen der "legitimen Sicherheitsinteressen der Türkei" (James Jeffrey) zurückziehen soll - die Frage, welche Waffen, von wem wo stationiert werden dürfen, die Frage der Kontrolle und der Aufsicht und ganz besonders der Einsatz der islamistischen syrischen Milizen, die mit der Türkei verbündet sind und bislang jede türkische Militäroperation in Syrien begleitet haben ("Euphrates Shield" oder "Olive Branch").

Für die Kurden, die mit diesen Milizen in Afrin fürchterliche Erfahrungen gemacht haben, ist deren Einsatz in dem Gebiet östlich des Euphrat, wohin es die Türkei seit langem drängt, undenkbar, "off-limits", wie der SDF-Kommandeur noch einmal betont.

Über den Rückzug der YPG aus der Zone ließe sich reden, lässt Mazlum Kobane verstehen. Ebenso über den Rückzug schwerer Waffen mit einer Reichweite bis in die Türkei, aber nicht über den Einsatz der islamitischen Milizen an der Seite der Türkei. Offen zeigt man sich dagegen für die Rückkehr der Syrer, die vor dem Krieg in ihrem Land in die Türkei geflüchtet sind.

"Aber nur, wenn sei aus dem Gebiet stammen", so die Bedingung, die damit die Absichten einer Siedlungspolitik kontern will, mit der Erdogan, wie in Afrin vorexerziert, Kurden in der Nachbarschaft der Türkei mit einer neuen Bewohnerschaft vertreiben will.

Die Rückansiedlung der vertriebenen Kurden in Afrin gehört zu den Grundforderungen, die, wie eingangs erwähnt, die kurdische Selbstverwaltung an die Türkei stellt, damit sie zur internationalen Aufsicht gehören könnte, die darüber wacht, dass die festgelegten Bedingungen für die Puffer- bzw. Sicherheitszone eingehalten werden.

Die Zivilisten und Milizen, die sich mit der Einnahme Afrins durch die türkische Militäroperation "Olive Branch" dort festgesetzt haben, sollen das von ihnen in Besitz genommenen Wohneigentum wieder zurückgeben, fordert Mazlum Kobane. Die soll unter der Kontrolle eines "Zivilen Rates in Afrin" geschehen. Willigt die Türkei ein und zeige sich auch ein Fortschritt, so könnten türkische Soldaten auch Patrouillen in der safe zone übernehmen.

Einschüchterung an der Grenze

Man kann sich nicht vorstellen, dass die Türkei auf diese konkreten Forderungen der kurdischen Selbstverwaltung - die sie ausschließlich als zu bekämpfende "Terroristen" darstellt - eingehen wird. Auf die Generalforderung einzugehen, wonach sich die Türkei zur Nicht-Aggression verpflichtet, ist eine Sache, die andere die, sämtliche Schritte, die seit Frühjahr 2018 aus Afrin ein türkisches Protektorat gemacht haben, wieder zurückzunehmen.

Der US-Sonderbeauftragte James Jeffrey soll bei seinem Besuch in Ankara nur wenig Erfolg bei seinen Vermittlungsversuchen gehabt haben, so das Fazit des türkischen al-Monitor-Autors Fehim Tastekin. Die Türkei ist wenig an Kompromissen gegenüber den YPG und der politischen Selbstverwaltung interessiert. Stattdessen setzt sie, wie die Truppenaufmärsche an der Grenze zu Syrien und die Militäroperationen im Nordirak zeigen auf Druck und signalisiert gegenüber den USA, dass die Türkei auch ohne grünes Licht aus Washington loslegen könnte.

Allerdings haben die USA die Lufthoheit über den Bereich, wo die Türkei ihre Sicherheitszone errichten will. Solange die Türkei nicht mit eigenen Flugzeugen ihre Operation in Nordsyrien unterstützen kann - bei einem Gegner, der zu allem entschlossen ist, ist der Militäreinsatz mit erheblichen Risiken und Verlusten verbunden. Dazu kommt, dass auch Frankreich sich als Verbündeter der Kurden stark macht.

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