Pulver verschossen: Die von der EZB geöffneten Geldschleusen werden immer gefährlicher

Seite 2: EZB subventioniert letztlich die Banken mit Steuergeldern

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Es verwundert nicht, dass Draghi seine früheren Kollegen subventioniert und damit den Banken immer mehr Steuergelder zuführt. Auch Draghi weiß, dass sie auf riesigen Schulden sitzen. Denn vor allem Banken in Krisenländern haben besonders zugelangt, als die EZB im Jahr 2011 eines ihrer schweren Geschütze auspackte und etwa eine Billion Euro an dreijährigen Krediten mittels "Longer-term Refinancing Operations" (LTRO 1 und 2) ausreichte. Das Geld muss 2014 zurückgezahlt werden. Bei spanischen Banken stehen noch 225 Milliarden Euro aus und bei italienischen sogar 255 Milliarden. Irlands Banken schulden der EZB daraus noch 35 Milliarden und Portugals Banken 45 Milliarden Euro (Neue Bankenrettungen auf Kosten europäischer Steuerzahler).

In Spanien und Italien werden zudem die Kreditausfälle immer dramatischer. In Spanien war die offizielle Quote zuletzt auf einen neuen Rekordwert von 12,12% gestiegen. Dabei haben die spanischen Banken ihre Bilanzen massiv geschönt, fällt nun auch dem Wall Street Journal auf. Damit sind nicht die Verlagerungen toxischer Werte in die Bad Bank (Sareb) gemeint, mit der die Quote schon aufgehübscht wurde. Nein, die spanische Zentralbank hat im Vorfeld des europäischen Stresstests plötzlich neue faule Kredite in Höhe von 21 Milliarden Euro ermittelt. Dabei ist alles andere als neu, dass sich in den Bilanzen der spanischen Banken, ob mit Rettungsgeldern gestützt oder nicht, noch viele faule Kredite verbergen (IWF fordert Kürzung von Löhnen und Abfindungen). Denn in großem Stil wurden ausgefallene Kredite neu verhandelt. Ein scheinbar fauler Kredit wurde temporär wieder ein "guter" Kredit.

Doch in der überwiegenden Zahl war klar, dass die, die den Kredit vorher nicht bedienen konnten, das angesichts der dramatischen Wirtschaftslage und steigender Arbeitslosigkeit auch in Zukunft nicht können. Dass eine solche Vorzugsbehandlung kaum einfachen Familien gewährt wurde, ist klar. Sie werden schlicht aus den Wohnungen geworfen. Zu 45% genossen Immobilienfirmen diese Gunst, zu 12% große Unternehmen und 16% der Gesamtsumme entfallen auf kleine und mittlere Unternehmen.

Applaus aus den Krisenländern

Dass Draghi Applaus seinen Kurs aus den Krisenländern bekommt, verwundert deshalb nicht. In seinem Heimatland Italien wird er für die Lockerung der Zinsschraube gelobt. "Das sind sehr gute Nachrichten", sagte Ministerpräsident Enrico Letta. Damit werde geholfen, "eine Überbewertung des Euro zum US-Dollar zu verhindern". Die italienische Wirtschaft kann einen Exportschub gut gebrauchen, denn sie hängt weiter in der Rezession, weil wie in Spanien wegen Sparprogrammen der nationale Konsum eingebrochen ist.

In Spanien schreibt selbst die oppositionelle Tageszeitung El País. "Die EZB hat mit der Zinssenkung richtig entschieden." Zwar merkt auch die große Zeitung an, dass Konjunkturpolitik nicht zu ihrer Aufgabe gehört: "Aber die schwache Erholung der Konjunktur lässt es ratsam erscheinen, alles zu tun, um eine langanhaltende Stagnation zu vermeiden, wie sie Japan über mehr als zehn Jahre erlitten hat."

Eigentlich müsste sich auch die EZB langsam Gedanken machen, wie sie das viele Geld aus dem Markt absaugen kann, mit dem er in den letzten Jahren geflutet wurde. Obwohl sogar dem Vorbild in den USA langsam mulmig wird, macht sich Draghi in Frankfurt darüber offenbar keine Sorgen. Sogar die US-Notenbank FED will langsam das viele billige Geld wieder einsammeln. Dass allein die Ankündigung im Juni fatale Auswirkungen zeigte (Euro-Krise kehrt an abstürzende Kapitalmärkte zurück), hätte der EZB zu denken geben können. Doch sie hat die Schleusen weiter geöffnet und damit die Lage ohne Not verschlimmert. Zudem hat sie zudem kaum noch Möglichkeiten, einer gefährlichen Deflation zu begegnen, wenn sie sich real einstellt. Bisher ist nur eine geringe Inflation zu beobachten, vor allem weil Energiepreise gesunken sind. Die EZB geht ihren Weg auf einen immer unsicheren und gefährlicheren Boden weiter.