Putins Pioniere?
Seite 2: Deutlich auf Putin zugeschnitten
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Wirklich demokratisch ist auch die Struktur des Verbandes nicht und klar auf eine bestimmte Person ausgerichtet, die es als Symbol zu unterstützen gilt. Putin persönlich hat als Aufsichtsratsvorsitzender das Sagen und bestimmt all dessen übrige Mitglieder.
Der Aufsichtsrat wiederum bestellt alle Vorstandsmitglieder und weitere wichtige Funktionäre. Schon von diesem Aufbau soll es unmöglich gemacht werden, dass die Vereinigung kritischen Geist in die Jugend transportiert.
Bereits frühere kremlnahe Jugendverbände wie die durch mehrere Gewaltvorfälle berüchtigten "Naschi" waren ideologisch auf eine Gegnerschaft zu modernen und liberalen jungen Russen ausgerichtet. Von diesen wurden sie deshalb gerne abfällig als "Putin-Jugend" bezeichnet. Eine Bezeichnung, die für den neuen Verband noch viel treffender ist, als für seine Vorgänger.
Denn erstmals wird Putin, der zuvor den stillen Förderer solcher Staatsjugend gab, tatsächlich eine formelle Spitzenrolle spielen. Und erstmals wird nicht nur die Gewinnung einer großen Anzahl von Jugendlichen als Ziel angestrebt - sondern die möglichst flächendeckende Erfassung des gesamten russischen Nachwuchses.
Selbst die systemtreue Opposition in der Staatsduma hat bei dem Vorhaben, das aus den Reihen der Regierungspartei "Einiges Russland" vorangetrieben wird, kein gutes Gefühl. Der Putin-Vertraute und Vorsitzende der handzahmen Dumapartei "Gerechtes Russland", Mironow, will zumindest die untere Altersgrenze für den Beitritt zur staatsfinanzierten Jugend anheben.
Er hält Sechsjährige für diese neue Art der Erziehung für zu jung. Ein gespaltenes Verhältnis zum Projekt haben auch die russischen Kommunisten. Sie leben und preisen bis heute gerne öffentlich die Pioniertradition aus Sowjettagen, ihre Jugendorganisation wird noch heute umgangssprachlich "Komsomol" genannt.
Doch dieser Komsomol gilt eher als systemkritischer Flügel der Partei, in dem es in den letzten Monaten etwa überdurchschnittlich viel Widerstand gegen die russische Invasion der Ukraine gab. Auch vielen Kommunisten ist es bewusst, dass hier unter Nutzung roter Traditionen ein Verband entstehen soll, der einen kritischen Geist der russischen Jugend eher ersticken als fördern soll.
Die Organisation ist bereits im aktiven Aufbau. Die Establishment-Partei "Einiges Russland", die Planungen, die Putin unterstützt, im vorauseilenden Gehorsam zur Staatsaufgabe macht, verfügt über eine bequeme Parlamentsmehrheit. Sie kann ohne Unterstützung anderer Kräfte Nägel mit Köpfen machen.