RWE: Ein illegaler Deal?
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Energie- und Klimawochenschau: Massentierhaltung, Milliarden-Entschädigungen für RWE, Rechtsextreme gegen Fridays for Future und die "Autodämmerung"
Dass wir ein Problem mit der Massentierhaltung haben, spricht sich langsam rum. Wird ja auch irgendwie Zeit, denn schon in den 1980ern war in Westdeutschland bekannt, dass große Tierbestände wegen der Unmengen an Fäkalien ein Problem für das Grundwasser sind und dass der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung diese auf Dauer für den Menschen wertlos machen wird, weil resistente Bakterienstämme herangezüchtet werden.
War natürlich alles Panikmache der Umweltschützer, so wie Waldsterben, Feinstaub, Tschernobyl, Ozonloch und Klimawandel. Komisch nur, dass diese Resistenzen inzwischen tatsächlich auftreten.
Jedenfalls ist es tatsächlich nun nach nur etwas mehr als 35 Jahren bis nach Berlin zu Julia Klöckner vorgedrungen, dass es eigentlich wegen Klimawandel, Antibiotika, Futtermittelimporten, Grundwasserproblemen und nicht zuletzt Tierwohl vollkommen untragbar ist, 10.000 oder gar 100.000 Schweine in Riesenställen vor sich hin vegetieren zu lassen.
Wer Julia Klöckner ist? Ach so: Die Frau ist in Angela Merkels Kompetenzteam für Landwirtschaft, aber nicht für Empathie zuständig, und findet, wie sie uns kürzlich wissen ließ, dass wir mehr Geld fürs Essen ausgeben sollten.
Die Ministerin hat einen Tipp für die Verbraucher
Die Verbraucher sollten kein Billigfleisch kaufen, dann ginge es auch den Tieren besser. Sagt die Ministerin, die mit Verordnungen und Gesetzentwürfen gegen Massentierhaltung, Tierquälerei und Antibiotikamissbrauch vorgehen könnte.
Macht sie aber nicht. Statt dessen teilt sie uns mit, dass sie es unanständig finde, "wenn der Handel die Kunden mit Dumpingpreisen für Fleisch in den Laden lockt, damit sie dort andere Produkte kaufen". Andere finden vermutlich angesichts einer dramatischen Problemlage in der Landwirtschaft Klöckners Untätigkeit unanständig oder auch, wie wenig Geld ihre Regierung den Bedürftigen für Lebensmittel zugesteht.
Hierzulande mussten 2019 knapp 5,5 Millionen Menschen mit dem Harz-IV-Regelsatz über die Runden kommen. Dieser sieht für Erwachsene rund fünf Euro am Tag für Lebensmittel vor. Insgesamt gibt es seit Jahresbeginn 432 Euro im Monat. Die Sätze für Kinder und Jugendliche sind sogar noch niedriger, weil in anderen Bereichen ein geringerer Bedarf unterstellt wird.
Weitere gut 400.000 Flüchtlinge beziehen Unterstützung nach den Sätzen des Asylbewerberleistungsgesetzes, die unter den Hartz-IV-Beträgen liegen. Hinzu kommen schließlich noch viele Ruheständler und zu Niedriglöhnen Arbeitende, die so wenig verdienen oder an Rente beziehen, dass sie Anspruch auf Aufstockung auf das Hartz-IV-Niveau hätten, diesen aber aus Unkenntnis oder Scham nicht geltend machen.
Am kommenden Wochenende werden voraussichtlich einige zehntausend Menschen in Berlin wie bereits in den Jahren zuvor anlässlich der dortigen "Grünen Woche" der Landwirtschaftsministerin erklären, was sie von ihrer Politik halten. Wenn sie denn zuhören sollte. Ein breites Bündnis aus alternativen Bauernverbänden Umweltorganisatoren, Imkerverbänden und anderen ruft wieder zur Wir-haben-es-Satt-Demonstration auf, mit der "für eine bäuerlich-ökologischere Landwirtschaft und artgerechte Tierhaltung, für insektenfreundliche Landschaften und globale Solidarität" geworben wird.
Siemens auf alten Wegen
Unterdessen brennt Australien munter weiter, und Siemens-Chef Kaeser findet das, wie berichtet, zwar ganz schlimm, will aber trotzdem helfen, einen der größten Kohletagebaue der Welt zu erschließen. Der wird für 30 Millionen Tonnen CO2 im Jahr sorgen und das Einhalten der Pariser Klimaschutzübereinkunft erheblich unwahrscheinlicher machen.
Entsprechend hat die Siemens-Entscheidung zu Beginn der Woche auch zu spontanen Protesten in verschiedenen Städten geführt. Weitere sind am Wochenende von Fridays For Future und befreundeten Netzwerken geplant. Eine größere Demonstration wird außerdem anlässlich der Siemens Aktionärsversammlung Anfang Februar vorbereitet.
Ebenso unbeliebt wie der Siemenschef Käser macht sich down under der liberal-konservative Premierminister Scott Morrison. Bisher als großer Freund der Kohleindustrie bekannt, als ein Politiker vom Kaliber Donald Trumps, der von Klimawandel nichts wissen will, und auch noch die Taktlosigkeit begangen hatte, in Urlaub nach Hawaii zu fliegen, während sich zuhause das besondere Ausmaß der Feuerkatastrophe längst abzeichnete, verliert er inzwischen in den Meinungsumfragen drastisch an Zustimmung.
60 Prozent der Australier sagen, sie seien mit ihm unzufrieden. Das sei, meint die Zeitung The Australian, für einen frischgewählten Premier ein ungewöhnlich schlechtes Ergebnis. Morrison wurde im April 2019 gewählt und galt noch vor zwei Monaten als beliebt. Wenig geholfen hat ihm unter anderem die Aussage, dass die australischen Feuerleute ihre Arbeit gerne machten.
Entschädigung für RWE
Wie es aussieht, soll RWE jetzt tatsächlich zwei Milliarden Entschädigung für das Abschalten alter Braunkohlekraftwerke bekommen. 2,5 Gigawatt wird der Konzern als Gegenleistung im rheinischen Revier bis 2022 vom Netz nehmen.
Nicht enthalten sind in dem Betrag die Gelder, die für Frühverrentung von RWE-Beschäftigten in Kraftwerken und Tagebauen benötigt wird. Hier wird von 700 Millionen Euro ausgegangen. In Ost- und Westdeutschland arbeiten im Abbau und Verbrennung der Braunkohle rund 20.000 Menschen.
(Nur so zum Vergleich: Die erhebliche Behinderung des weiteren Ausbaus der Windenergie durch die Bundesregierung hat in den letzten beiden Jahren bereits über 30.000 Arbeitsplätze meist in strukturschwachen Regionen Nord- und Ostdeutschlands gekostet, wobei die Betroffenen nicht durch staatliche Sonderprogramme aufgefangen wurden.)
Welche Kraftwerke abgeschaltet werden, ist noch nicht bekannt, aber man darf wohl davon ausgehen, dass es die ältesten sein werden, jene, die für die neuen schärferen Umweltauflagen der EU aufwendig umgerüstet werden müssten.
Wie aus einer Aufstellung der Kraftwerke in Deutschland zu entnehmen ist, hat RWE-Braunkohlekapazitäten von deutlich über 2,5 GW, die aus den 1970ern oder vereinzelt gar aus den 1960er Jahren stammen. Einige, aber bei weitem nicht alle, sind in den letzten beiden Jahrzehnten ertüchtigt worden.
Auch ist unklar und wohl unwahrscheinlich, ob und dass RWE sich mit der Annahme der Entschädigung zur einer Reduktion der CO2-Emissionen verpflichtet. In letzter Zeit sind die Braunkohlekraftwerke nämlich schlecht ausgelastet, sodass einige Betreiber bereits geäußert haben, Verluste zu machen.
Wenn nun ein Teil der Kraftwerke abgeschaltet, gleichzeitig der Ausbau der Erneuerbaren weiter massiv behindert wird und schließlich bis Ende 2022 auch noch die letzten Atomkraftwerke abgeschaltet werden, bedeutet das für die verbleibenden Kohlekraftwerke natürlich eine bessere Auslastung und damit gleichbleibende oder, wenn es ganz übel läuft, sogar steigende CO2-Emissionen.
Entsprechend ist es noch ziemlich fraglich, ob die Entschädigungszahlungen überhaupt rechtens sind. Ein im Oktober letzten Jahres veröffentlichtes Gutachten kam zu dem Schluss, dass die Zahlungen vermutlich dem EU-Beihilferecht widersprechen würden.
Ohnehin dürfte klar sein, dass RWE den Betrag weder in den Ausbau erneuerbarer Energieträger im Inland noch in die Sanierung der maroden Kommunalhaushalte stecken wird, die im Ruhrgebiet noch immer von dem Konzern abhängig sind.
Da wäre es volkswirtschaftlich sinnvoller, den Energiekonzernen die Stilllegung ihrer Anlagen einfach vorzuschreiben und das Geld an die Kommunen zu geben, die es verschliefen, sich rechtzeitig von ihren Anteilen zu trennen.