Rechtzeitiger Angriff ist manchmal die beste Verteidigung
US-Verteidigungsminister Rumsfeld zeichnet die "Revolution der Kriegsführung" für den neuen Krieg gegen den Terrorismus vor
In seiner Rede an die Nation hatte Präsident Bush den langwierigen Kampf gegen den Terrorismus und damit auch die Aufrüstung des Militärs ins Zentrum seiner Politik gerückt (Zehntausende über die Welt verstreute tickende Zeitbomben). In einer Rede an der National Defense University beschrieb nun Verteidigungsminister Rumsfeld, wie sich das amerikanische Militär auf den "neuen Feind" einstellen müsse. Dazu sei neben neuen Waffen vor allem eine Transformation der Kriegsführung notwendig, die flexibler und anpassungsfähiger sein muss und auf dem Einsatz von Spezialtruppen beruht: "Der Krieg gegen den Terrorismus ist ein neuer Krieg und 'schreit' nach einem neuen Denken." Die USA müsse sich dabei USA müssen sich auf "das Unbekannte, das Ungewisse und, wie wir erkennen müssen, das Unerwartete" vorbereiten.
Als Vorbild, wie die USA in Zukunft militärisch handeln müssten, zog Rumsfeld den Angriff auf die nordafghanische Stadt Masar-e Scharif heran, bei dem amerikanische Spezialeinheiten mit Kämpfern der Nordallianz zusammen gearbeitet haben. Amerikaner seien wie die Afghanen auf Pferden geritten und hätten den Piloten genaue Angaben gemacht, welche Stellungen sie mit Präzisionsbomben zerstören sollten. Der Sieg in der Schlacht sei einer Kombination aus dem "Einfallsreichtum der US-Spezialeinheiten, den neuesten Präzisionswaffen im US-Arsenal ... und der Tapferkeit der beherzten afghanischen Kämpfer auf dem Pferderücken" zu verdanken. Diese Mischung aus Kavallerie und Hightech-Waffen, bei der das 19. Jahrhundert auf das 21. Jahrhundert gestoßen sei, könne eine Vorstellung darüber gehen, wie sich das Militär in Zukunft verändern müsse.
"Das zeigt, dass eine Revolution in der Kriegsführung mehr ist als der Bau neuer Hightech-Waffen, auch wenn dies ein Bestandteil von ihr ist. Es geht auch um neue Denkweisen und Kampfformen."
Rumsfeld verwies dabei unter anderem auch auf die Innovation des Blitzkriegs, mit der die deutsche Armee 1940 erfolgreich bestehende Waffen auf neue Weise genutzt habe. Genau so seien auch die vorhandenen Waffen von den lasergesteuerten Raketen über die 40 Jahre alten B52-Bomber, die nur mit neuer Elektronik aufgerüstet waren, bis hin zu bewaffneten Menschen auf Pferden in Afghanistan auf neue Weise eingesetzt worden, die sich "verheerend auf die feindlichen Stellungen, die Moral des Feindes und den Sturz des Bösen in der Welt" ausgewirkt habe.
Allerdings dürfe man sich nicht auf das Modell des Afghanistan-Kriegs beschränken, das dazu anhalte, dass man sich schnell auf neue Probleme und unerwartete Bedingungen einstellen müsse. Die USA müssen in der nächsten Zukunft nach Rumsfeld weniger mit herkömmlichen militärischen Angriffen als mit Terroranschlägen rechnen. Die neue Strategie beruhe auf den Handlungsmöglichkeiten und der Abwehr von Angriffen, nicht mehr auf der Abschreckung. Die Terroristen hätten sich nicht von den Nuklearwaffen abschrecken lassen. Es gebe "viele unbekannte Gefahren" in der Zukunft, auf die man sich vorbereiten müssen. Die "neuen Feinde" werden Waffen zur Verfügung haben, die "weitaus tödlicher sein werden als diejenigen, unter denen wir zu leiden hatten", und sie können auf unerwartete Weise zuschlagen.
Angriffe drohen nach Rumsfeld durch Langstreckenraketen, weswegen das Raketenabwehrschild notwendig bleibt. Besonders gefährdet seien aber auch die Informationsinfrastruktur, die Satelliten und die US-Stützpunkte im Ausland: "Unsere Aufgabe im 21. Jahrhundert besteht darin, unsere Städte und unsere Infrastruktur vor neuen Angriffsweisen zu schützen, während wir gleichzeitig unsere Streitkräfte über große Entfernungen schicken müssen, um neue Feinde zu bekämpfen." Nicht durch Verteidigung alleine sei Sicherheit zu erzielen, manchmal müsse man auch rechtzeitig eingreifen:
Die beste und in manchen Fällen auch die einzige Verteidigung ist ein guter Angriff."
Wichtig sei es, den Krieg zum Feind zu bringen, keine Möglichkeit auszuschließen, so dass der Feind versteht, dass die USA für einen Sieg zu jedem Opfer bereit ist, schnell Spezialeinheiten am Boden einzusetzen und den amerikanischen Bürger die Wahrheit zu sagen - auch dann, wenn es darum geht, sie nicht zu sagen.
Als wichtige Aufgaben der Zukunft versteht Rumsfeld neben dem Schutz des US-Territoriums und dem Ausbau der militärischen Macht den Schutz der Informationsnetze vor Angriffen, die Nutzung der amerikanischen Überlegenheit bei den Informationstechnologien für die reibungslose Koordination der Streitkräfte und die Sicherung eines ungehinderten Zugangs zum Weltraum sowie den Schutz der Objekte im Weltraum. So müsse man beispielsweise die Satelliten gegen Angriffe besser schützen, damit andere Länder keine Killersatelliten entwickeln. Die Prioritäten seien früher falsch und nicht auf die "low density conflicts" ausgerichtet gewesen. So habe man im Pentagon schon länger gewusst, dass es nicht genügend bemannte Aufklärungsflugzeuge, Abwehrsysteme gegen Angriffe aus der Luft, Einheiten zur Abwehr chemischer und biologischer Waffen oder bestimmte Spezialeinheiten gebe.
Auch Condoleezza Rice, die für nationale Sicherheit zuständige Beraterin des Präsidenten machte gestern auf die militärische Ausrichtung der US-Regierung aufmerksam, die entschieden und mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln gegen alle vorgehen werde, die Massenvernichtungswaffen herstellen oder an Terroristen liefern.
"The United States has made clear to leaders on every continent that there is no such thing as a good terrorist and a bad terrorist. You cannot condemn al Qaeda and hug Hamas. The United States draws no distinction between the terrorists and the regimes that feed, train, supply and harbor them. Simply put, harboring terrorists isn't a very good business to be in right now."