Reform der öffentlich-rechtlichen Sender: Erhöhter Rundfunkbeitrag und sparen, bis der Zuschauer weint?

Hhndereuroschein mit Funkturm

Hauptsächlich die ARD, aber auch das ZDF stehen vor massiven Einschnitten. Was passiert mit dem Rundfunkbeitrag?

Was wird an die Stelle der drei X rücken? Den Riesen des öffentlich-rechtlichen Rundfunk steht eine umfassende Reform ins Haus, Spartensender wie 3Sat oder ZDFneo könnten gestrichen werden, 20 Radiosender fallen weg. Tatsächlich klingelt es schon.

Heute soll der Reformstaatsvertrag mit den drei X und andere Staatsverträge im Bundesrat verhandelt werden. Der Zeitplan für unterschriftsreife Papiere hat Tempo: Schon Ende Oktober werden entscheidende Beschlüsse erwartet.

Sparen, sparen und nochmals sparen

Die Reform-Parole lautet: Sparen, sparen und nochmals sparen. Viele Pflichten stehen auf dem Programm, die Kür muss man suchen oder auf sie warten. Das gilt besonders für die Rundfunkbeitragszahler. Sie müssen sich gedulden, sofern sie auf eine Entlastung hoffen.

Die drei X stehen in einem Entwurf des Reformstaatsvertrags an der Stelle, wo es um den Rundfunkbeitrag geht. Die Platzhalter wurden eingesetzt, weil der Entwurf noch nicht abgesegnet ist, und der Streit um die von der KEF empfohlene und damit grundgesetzlich abgesicherte Erhöhung um 58 Cent von gegenwärtig 18,36 auf 18,94 Euro ab Januar 2025 noch nicht beendet.

Für den Ende Oktober ist eine Entscheidung der 16 Ministerpräsidenten über den Reformstaatsvertrag anberaumt.

Ob dort auch die festgesetzte Erhöhung der Rundfunkgebühren ab Beginn des kommenden Jahres vom Tisch geräumt werden kann, ist sehr fraglich, eher unwahrscheinlich.

Erhöhung der Rundfunkgebühr nicht vom Tisch

Die "Erhöhung der Rundfunkgebühr (ist) wohl vom Tisch – Bundesländer wollen nicht mitziehen", titelte kürzlich die Frankfurter Rundschau. Im Beitrag heißt es:

Ungeachtet der Empfehlung der KEF sprechen sich die Länder vorerst gegen eine Erhöhung des Beitrags aus. Stattdessen drängt deren Medienpolitik auf die Reform, die wohl im Sommer 2025 vollzogen werden soll.

Die Länder wollen demnach zunächst abwarten, wie sich die Reform finanziell auswirke. Zumindest bis dahin dürfte also der monatliche Beitrag unverändert bleiben.

FR

Die Aussicht, dass der Rundfunkbeitrag nicht ab 1. Januar 2025 erhöht wird, sondern erst später, wird nicht nur von der Frankfurter Rundschau verbreitet.

Sie ist auch einem aktuellen und umfassenden Lagebericht des Reformbeobachters Helmut Hartung zu entnehmen. Der Medienexperte, der ein Renommée als "bestens informiert" hat, schreibt davon, dass die Beitragserhöhung erst einige Monate nächsten Jahres realisiert wird.

Aber im jetzigen Finanzierungsstaatsvertrag muss an Stelle der geklammerten XXX eine Summe stehen. Verfassungskonform wäre eine Beitragsanhebung ab 2025. Dass diese nicht zum 1. Januar kommen wird, ist aufgrund des Zeitplanes klar.

Der aktuelle Beitrag von 18,36 Euro gilt nach der Rechtsprechung aus Karlsruhe, bis ein neuer Staatsvertrag beschlossen ist. Einige Monate werden die Anstalten also auf jeden Fall mit den bisherigen Einnahmen auskommen.

Hans Hartung

Nach den Wahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg

Diese Aussicht ist aber an Bedingungen geknüpft, deren Schwierigkeitsgrad sich aktuell erhöht haben: Nach den Wahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg kommen neue politische X hinzu. Die einstimmige Unterzeichnung aller 16 Länder eines Reformstaatsvertrags wird sehr viel schwieriger.

Man kann davon ausgehen, dass sich die öffentlich-rechtlichen Sender nur aufgrund einer Absicherung durch unterzeichnete Reformstaatsverträge überhaupt auf einen Deal einlassen würden, der eine Beitragserhöhung aussetzt.

Der Weg zum Verfassungsgericht vorgezeichnet

Ansonsten ziehen sie, wie sie es den Nein-Ländern bereits signalisiert haben, vors Verfassungsgericht. Dazu gibt es den prominenten Präzedenzfall Sachsen-Anhalt – das 2020 "nein" zur Beitragserhöhung sagte. In dem Fall erwies sich das höchste Gericht als "großer Schutzpatron des öffentlich-rechtlichen Rundfunks".

Wie die Legal Tribune online zur Entscheidung aus Karlsruhe im Sommer 2021 berichtet, wurde das Nein gekappt, die Anhebung des Rundfunkbeitrags höchstrichterlich angeordnet sowie ein "Anspruch auf 'Kompensation' für die unterbliebene Beitragserhöhung der letzten Monate" gewährt.

Die Sender haben zwar darauf verzichtet, diesen Anspruch einzulösen. Aber pro Forma bestand er. Das heißt, ein Aufschub der Beitragserhöhung, weil das Bundesverfassungsgericht erst später zum aktuellen Streitfall urteilen würde, würde nicht unbedingt die Konten der Beitragszahler schonen.

Niedrigere Beiträge sind bloße Spekulation

Die Bedingungen für eine ordnungsgemäße Aussetzung des erhöhten Rundfunkbeitrags bis Juli 2025 wären: Thüringen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg müssten sich entgegen aller Erwartungen schnellstens auf neue Regierungen einigen, die dann allesamt für einen Reformstaatsvertrag stimmen, der wiederum in erfolgreicher Absprache mit den öffentlich-rechtlichen Sendern ein späteres Datum der Erhöhung des Rundfunkbeitrags vorsieht.

Dazu müsste auch der ohnehin enge Zeitplan zur Paraphierung des Reformstaatsvertrags eingehalten werden. Das alles ist mit einem Einverständnis der Sender verbunden, die ihrerseits an Verträge gebunden sind, für die sie bereits früher zahlen müssen.

Ansonsten müssen sich die Beitragszahler gedulden. Ob die Sparmaßnahmen bei den Sendern künftig zu niedrigeren Gebühren führen, ist zum jetzigen Zeitpunkt bloße Spekulation. Das neue Modell zur Berechnung der Betragshöhe, wie es gerade diskutiert wird, sieht einen an die Inflation angepassten Basiswert vor, der nur unter bestimmten Umständen einer staatsvertraglichen Festsetzung bedarf.

Der große Ärger, der kommt

Allerdings ist der Weg zu diesem Modell weit. Derzeit steht Ärger auf dem Programm. Redakteure und Mitarbeiter melden sich zur "Weltfremdheit" der Reformen zu Wort. Ihre Interessen werden nicht in den Reformplanungen berücksichtigt, klagen sie.

So wichtig das "Abspecken" am Riesenapparat der öffentlich-rechtlichen Anstalten ist, so notwendig und nachvollziehbar das Streichen von Doppelungen und kleinteiligen Überflüssigkeiten sein kann: Die Reformpläne sind ein top-down-Einsparungs-Modell, das sich im Stil kaum von McKinsey-Methoden unterscheidet und nur sehr eingeschränkt demokratischen Impulsen folgt – wie viel Einfluss und Gewicht haben die Mitarbeiter im Maschinenraum und das große zahlende Publikum?

Die Reform zeigt sich zudem als Pflichtprogramm ohne Kür. Ob man damit das zahlende Publikum überzeugen kann?

Weitere Berichte zur großen Reform folgen.