Rekordprofite im Krisen-Monopoly: Wann handelt die Politik endlich?

Seite 2: "Katastrophenkapitalismus in seiner schlimmsten Form"

Die unterschiedlichen Krisen, verstärkt im Zuge der Pandemie und des Ukraine-Kriegs, treffen vor allem Länder des Globalen Südens, die mit sich ausweitendem Hunger und Armut zu kämpfen haben. Sri Lankas Wirtschaft kollabierte bereits und löste eine Regierungskrise aus, während andere Länder wie Sambia, Laos oder Pakistan, um nur einige zu nennen, vor dem Staatsschuldenbankrott stehen.

Aber auch in den USA wird vor einer Rezession gewarnt, und Europa befürchtet einen "Winter der Verzweiflung", weil vor allem die Gaspreise in die Höhe schnellen.

Die bisherigen politischen Gegenmaßnahmen in der sich zuspitzenden Krise, um finanzielle Mittel aus den Rekordprofiten von Konzernen abzuschöpfen, haben bisher wenig gebracht. Die zaghafte Steuer auf überdurchschnittliche Gewinne und Umsätze in Italien hat zum Beispiel nur geringe Einnahmen generiert. Eine Reihe von Unternehmen scheinen sich den Zahlungen entzogen zu haben. In Großbritannien kritisiert die Labour Partei die Regierung, dass die Steuer auf hohe Gewinne von Unternehmen, die in der Nordsee operieren, unzureichend sei. In den USA wird jegliche Steuer auf Rekordgewinne im Kongress geblockt.

In Deutschland scheint eine Übergewinnsteuer, wie von den Grünen und Teilen der SPD gefordert, wegen des Widerstands aus der Industrie, der Widerhall nicht nur bei der FDP findet, bisher nicht durchsetzbar. Eine Studie im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung schätzt, dass Deutschland durch eine Übergewinnsteuer für Energieunternehmen etwa 30 bis 100 Milliarden Euro Mehreinnahmen erzielen könnte.

Gleichzeitig steigen für die Verbraucher:innen hierzulande die Energie- und Lebensmittelkosten. Die beschlossene Gasumlage belastet die privaten Haushalte zudem weiter, während Unternehmen in den Genuss der Umlage kommen, selbst wenn sie sich nicht in einer Notlage befinden oder von einer Insolvenz bedroht sind, wie eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums auf Nachfrage mitteilte. 34 Milliarden Euro wird schätzungsweise über die Gasumlage in die Kassen von elf Konzernen umverteilt werden.

Nicht nur die Vereinten Nationen kritisieren das Profitmachen auf Kosten der Schwachen und Schwächsten. Klimawissenschaftler Bill McGuire reagierte auf die jüngsten Zahlen zu den Profiten der Getreidehändler:

Das ist Katastrophenkapitalismus in seiner schlimmsten Form. Während 345 Millionen Menschen unter akuter Ernährungsunsicherheit leiden, stopfen sich die vier Konzerne, die praktisch den gesamten Getreidehandel kontrollieren, die Taschen voll, lassen die Champagnerkorken knallen und lachen sich ins Fäustchen.

Die britische Gruppe Plan B Earth stellt fest:

Bonanza für fossile Brennstoffunternehmen, während die Menschen ihre Rechnungen nicht bezahlen können. Steigende Aktienkurse für Rüstungsunternehmen auf dem Rücken des Krieges. Und während in Ostafrika und Afghanistan Hungersnöte herrschen, machen Lebensmittelkonzerne Rekordgewinne. Keiner von uns hat das gewählt!

Vor dem Hintergrund der globalen und sozialen Schieflage mehren sich die Stimmen, die entschlossenes politisches Eingreifen fordern. In Deutschland setzen sich Teile der Klimabewegung zum Beispiel für die Enteignung bzw. Verstaatlichung von Energiekonzernen ein, um so mehr Kontrolle zu erhalten und eine klimagerechte Zukunft zu gestalten. Die Hilfsorganisation Oxfam drängt gleichzeitig darauf, generell eine Gewinnsteuer für großen Unternehmen einzuführen.

In den USA schlug der Demokrat und Vorsitzende des Senatsausschusses für Haushaltsfragen Bernie Sanders vor einiger Zeit schon ein Gesetz mit dem Namen Ending Corporate Greed Act vor. Danach sollen Konzerne, die ihren Durchschnittsgewinn der Vorjahre übertreffen, 95 Prozent auf diese Profite zahlen. Bei den dreißig größten Unternehmen würde das zu staatlichen Mehreinnahmen von 400 Milliarden Dollar führen.

Doch weder in den USA noch in Europa, einschließlich Deutschland, scheint die Politik fähig noch gewillt, die Krisengewinnler und damit auch -verschärfer zur Kasse zu bitten sowie die sozialen und globalen Rutschbewegungen zu stabilisieren. Angesichts der erodierenden Situation in vielen Ländern ein gefährliches politisches Experiment.