Repräsentantenhaus: Einstimmig wurde Trump ein Einsatz von US-Truppen gegen den Iran verboten
Der Senat muss noch zustimmen, das Weiße Haus favorisiert für den angestrebten Regime Change einen verdeckten Krieg mit Proxy-Gruppen, sie müssen nur gegen das Mullah-Regime sein
Neben dem Nordkorea-Konflikt scheint US-Präsident Donald Trump außenpolitisch vor allem die Isolierung Irans im Programm gehabt zu haben. Schon letztes Jahr schmiedete er mit Saudi-Arabien und anderen sunnitischen Staaten eine Anti-Iran-Allianz, die auch Saudi-Arabien Israel näher brachte. Und wahrscheinlich mussten erst Außenminister und Sicherheitsberater ausgewechselt und mit den Anti-Iran-Falken Mike Pompeo und John Bolton (How to Get Out of the Iran Nuclear Deal) besetzt werden, um mit einem widerspruchslos folgenden Kabinett den einseitigen Ausstieg aus dem Iran-Abkommen gegen den Rat der europäischen Alliierten zu beschließen.
Im Kongress scheint man Sorge zu haben, dass Trump militärisch im Iran intervenieren könnte, möglicherweise in Reaktion auf einen iranischen Gegenschlag bei einem weiteren israelischen Angriff auf iranische Ziele in Syrien. Noch immer führt Trump militärische Einsätze nicht nur in Syrien und im Irak, sondern etwa auch in Jemen, Somalia oder afrikanischen Staaten mit den Kriegsbewilligungen des Kongresses (Authorization for Use of Military Force - AUMF) nach den 9/11-Anschlägen gegen al-Qaida in Afghanistan (2001) und im Irak (2002) aus.
2014 hatte Barack Obama versucht, die Kriegsbewilligungen zu beenden und für den Krieg gegen den IS eine neue zu erhalten, der Kongress lehnte dies aber ab. Seitdem traute sich niemand mehr wirklich an das Thema heran, während die USA tatsächlich den "Long War", den George W. Bush versprochen hatte, führen - mittlerweile 17 Jahre lang. Bislang nicht durchgesetzt hatten sich auch Versuche, die Möglichkeit zu unterbinden, dass Trump den Befehl zum Einsatz von Atomwaffen gibt. Nach seinen Drohungen gegenüber Nordkorea war die Sorge aufgekommen, dass Trump tatsächlich in einen Atomkrieg schlittern könnte (Der Mann am atomaren Drücker).
Einige Abgeordnete des Repräsentantenhauses, mit Keith Ellison vier weitere Demokraten und mit Walter Jones auch ein Republikaner, nutzten das Pentagon-Haushaltsgesetz für 2019, um einen Passus unterzubringen, der dem Weißen Haus gar nicht schmecken wird, zumal der knappe und klare Zusatz einstimmig vom Repräsentantenhaus durchgewunken wurde: "It is the sense of Congress that the use of the Armed Forces against Iran is not authorized by this Act or any other Act." Jetzt wird auf den Senat ankommen, ob auch dieser dem Zusatz zustimmen wird, der Trump als dem obersten Kriegsherrn das Recht abspricht, einen Krieg gegen den Iran zu beginnen.
Ellision feiert die Entscheidung des Repräsentantenhauses als ein "starkes und rechtzeitiges" Zeichen des Widerstands gegen den Ausstieg aus dem Iran-Abkommen und gegen die "zunehmend feindselige Rhetorik". Es sei ein Zeichen, dass der Kongress und das amerikanische Volk keinen Krieg mit dem Iran wollen und dass der Kongress wieder "seine Zuständigkeit für den Einsatz militärischer Gewalt zurückfordert".
Bolton hatte jedoch in einem ausführlichen Memo an Trump bereits vorgeschlagen, einen Regime Change vorzubereiten, beispielsweise durch Unterstützung von Widerstandsgruppen, egal welche Art, hauptsächlich gegen die iranische Regierung. Auch wenn manche seiner Vorschläge, wie "frühe" und "stille" Beratungen mit Alliierten und Partnern, nicht wirklich gemacht worden zu sein scheinen und eine große Kampagne nach dem Ausstieg noch nicht gestartet wurde - Bolton setzte auf Versuche, hinter Washingtons Anti-Iran-Politik eine breite Allianz von Staaten (EU, Israel, Golfstaaten, nicht aber Russland und China) zu bringen -, so sind die geforderten umfassenden Sanktionen in Arbeit.
Auch Terrorgruppen sind für Bolton hilfreich
Boltons Ziel in seinem Memo besteht darin, dem Iran die Luft abzuschnüren, während vorausgestezt wird, dass er unter den neuen Bedingungen nicht in neue Verhandlungen eintreten wird. Er schlug auch ganz konkrete Maßnahmen vor, wie Washington den Konflikt forcieren sollte. So sollte iranische Flugzeuge und Schiffe auch in den Häfen und Flughäfen der Alliierten nicht mehr landen oder anlegen dürfen. Alle Visas, auch für Studenten oder Sportler, sollten beendet werden. Es sollten von Gerichten angeordnete Zahlungen vorangetrieben werden, auch wegen 9/11, wo nun Iran kaum haltbare Vorwürfe gemacht werden können. Es sollten bunkerbrechende Bomben geliefert werden. Und die USA sollten die Unterstützung der demokratischen Opposition und der Unabhängigkeitsbestrebungen der Kurden ankündigen, während sie Widerstandsgruppen aller Art fördern und "aktiv Opposition gegen iranische politische Ziele in der UN organisieren sollen.
Bolton will so auch die einst linksradikale MEK (Mujahedin-e Khalq, auch Volksmudschahedin), eine sektenartige Terrorgruppe, als Widerstandsgruppe fördern. Sie war nicht nur durch zahlungskräftige Lobbyarbeit 2012 aus der US-Liste von Terrorgruppen gestrichen worden. Saddam Hussein hatte MEK einen sicheren Hafen gewährt. 2003 hatten die USA aber schon einen Pakt mit der Gruppe geschlossen, die sich nach ursprünglicher Unterstützung der Islamischen Revolution gegen das Mullah-Regime wandte (Wenn es den eigenen Interessen dient). Mit dem zunehmenden Einfluss Irans auf den Irak wurden für Washington die Kämpfer der MEK interessanter (Die Sekte von Camp Aschraf).
Daraus spricht, wie das immer wieder amerikanische Politik war, die einfache politische Losung, die Feinde des Feindes zu unterstützen, auch wenn man damit, siehe Taliban/al-Qaida/Islamischer Staat, großartig gescheitert ist bzw. die eigenen Feinde herangezogen hat. Gleichwohl scheint ein von Bolton inspirierter Plan im Weißen Haus zu zirkulieren, der zunächst auf einen Regime Change durch die Förderung der internen Opposition setzt, aber zur Not auch auf "hard power" setzt, aber nicht auf eine teure und langwierige Invasion. Das wären eventuell die punktuellen Schläge, die auch von Israel schon lange anvisiert werden, um Irans nukleare und militärische Kapazitäten auszuschalten. Es steht, wie es aussieht, wieder einmal ein Regime-Change-Abenteuer im Nahen Osten an.
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