Reproduktionszahl (R) seit zwei Wochen im Ausbreitungsmodus

Seite 2: Hat das RKI strenge Teststandards aufgeweicht?

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Verständniserschwerend kommt hinzu, dass entsprechende Informationen auf der RKI-Homepage in den letzten Wochen zweimal geändert wurden.

Zunächst war der Doppeltest glasklar verpflichtend:

Zum positiven Nachweis ist die Untersuchung zweier Regionen des Genoms von SARS-CoV-2 erforderlich (Screeningtest + Bestätigungstest). Der Bestätigungstest ist Teil der Vergütung. Die WHO-Leitlinie zur Labordiagnostik fordert positive PCR-Nachweise an mindestens zwei Stellen des SARS-CoV-2 Genoms und lässt nur in Regionen mit weiter Verbreitung von SARS-CoV-2 Ausnahmen zu.

RKI

Anmerkung dazu: Die RKI-Behauptung, WHO-Vorgaben erlauben Einfachtests "nur in Regionen mit weiter Verbreitung von SARS-CoV-2" ist nicht ganz korrekt. Im WHO-Papier ist umgekehrt ein Doppeltest lediglich für Regionen ohne Covid-19-Ausbreitung vorgeschrieben (area with no COVID-19 virus circulation). Nach meinem Verständnis schreibt die WHO den Doppeltest damit für Deutschland nicht vor.

Am 24.06. hat das RKI seinen Text geändert und aus dem Zwang zur Doppeltestung eine nachdrückliche Empfehlung gemacht:

Bei niedriger Prävalenz und niederschwelliger Testindikation (...) ist ein "Dual Target Test" im Hinblick auf die Spezifität die Methode der Wahl.

RKI

Die dritte und aktuelle Version ist nochmals aufgeweicht. Aus der ursprünglichen Doppeltest-Pflicht ist ein unverbindlicher Vorschlag geworden:

Bei niedriger Prävalenz und niederschwelliger Testindikation (einschließlich der Testung asymptomatischer Personen) werden an die Spezifität der Teste im Hinblick auf den positiven Vorhersagewert hohe Anforderungen gestellt. Dem tragen z.B. "Dual Target" Tests Rechnung. Unabhängig vom Testdesign sind jedoch grundsätzlich die für einen Test vorliegenden Daten zu den Leistungsparametern entscheidend.

RKI

Ausblick

Die Existenz von drei verschiedenen Textvarianten deutet an, dass in diesem Thema Bewegung ist und innerhalb des RKI eine entsprechende Diskussion stattfindet. Nur schade, dass darüber nicht informiert wird.

Es geht hier keineswegs um kleinliche Details, denn gerade in der jetzigen Situation mit einem Positivtest-Anteil von lediglich 0,8% (Ergänzung: Im ursprünglichen Text hieß es: "(...) mit lediglich 0,8% Echt-Positiven (...)". Danke für den Korrekturhinweis aus dem Forum) kann es zu folgenreichen Fehlannahmen führen, wenn Falsch-Positive nicht mit allen vorhandenen Möglichkeiten ausgeschlossen werden. Bei ungenauer Datenlage ist eine seriöse R-Berechnung nicht möglich.

Und bevor sich die Politik genötigt sieht, Corona-Eindämmungsmaßnahmen zu verordnen - mit allen Folgen für die Betroffenen und den möglicherweise heftigen Auseinandersetzungen über die Verhältnismäßigkeit der Mittel - ist zunächst die Zuverlässigkeit der Datengrundlage zu klären. Erweisen sich die vorgelegten Zahlen jedoch als weitestgehend korrekt, scheint das Infektionsgeschehen gerade eine unerfreuliche Wendung zu nehmen.

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