"Rettungsschiffe zu blockieren - eine Schande für Europa!"

Seite 2: Drohender Flaggenentzug

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Jetzt hat der neue italienische Innenminister Matteo Salvini von der rechtsextremen Lega alle Häfen für Hilfsschiffe gesperrt. Genauso Malta. Der jüngste Angriff war der Entzug der Beflaggung des Schiffes "Seefuchs" durch die niederländischen Behörden. Auch die vor Malta festliegende "Lifeline" fährt unter niederländischer Beflaggung. Offensichtlich geben Behörden dem Druck nach.

Hafenverbot und Flaggenentzug - zwei Instrumente, mit denen Rettern ihr Einsatz unmöglich gemacht werden könnte. Jedes Schiff muss eine staatliche Flagge haben, sonst ist vollkommen rechtlos und kann keinen Hafen der Welt anlaufen. Es gilt quasi als "Piratenschiff".

Auch die deutsche Reederei Jasmund Shipping, die die "Aquarius" betreibt, berichtet von "besorgten Reaktionen" gibraltinischer Behörden nach den jüngsten Auseinandersetzungen um das Schiff. Ein Flaggenentzug könnte auch ihm drohen.

Verantwortungslose Parolen

Die Retter werden alleine gelassen - und damit die Schiffbrüchigen. Von deutschen Politikern, selbst aus der Linken-Partei nicht und schon gar nicht von den Regierungsfraktionen, gibt es keine vernehmbare Kritik an diesem Kurs gegen die Humanität. Sie sind Teil der "Schande Europas".

Der Diskurs wird den rechtsextremen oder rechtspopulistischen Lautsprechern wie dem italienischen und deutschen Innenminister oder dem bayrischen Ministerpräsidenten überlassen. Kein öffentlicher Widerspruch.

Dabei praktiziert Salvini genau das, was Seehofer will: Flüchtlinge an der Grenze zurückzuweisen. Deutlicher kann man die Konsequenzen nicht vor Augen führen. Es sind letztlich verantwortungslose Parolen.

Vor allem wenn man noch weiß, dass sich die Menschen von Libyen auf den Weg machen und lieber auf dem Wasser sterben wollen, als unter den dortigen Verhältnissen zu vegetieren.

Die politische Lage ist nicht eindeutig

Tatsächlich ist die politische Lage in Europa und im Mittelmeer gar nicht so eindeutig, wie es den Anschein hat, sondern intern umkämpft und widersprüchlich. Die "Aquarius" habe, wie man erfährt, Angebote von italienischen Städten erhalten, wie zum Beispiel von Palermo, ihre Häfen zu nutzen.

Damit deutet sich ein inneritalienischer Konflikt an. Tatsächlich gibt es nach dem internationalen Seerecht die Möglichkeit, Häfen auch ohne Erlaubnis anzulaufen, wenn Menschen in Gefahr sind. Auch von Hafenstädten in Korsika soll der "Aquarius" angeboten worden sein, die geretteten Menschen dort an Land zu bringen.

Europa muss sich entscheiden

Und immer noch kooperiert das Mittelmeer-Lagezentrum in Rom, das MRCC (Maritime Rescue Coordination Center), mit der "Aquarius". Das MRCC hatte das Schiff zu Schlauchbooten geschickt, um die Menschen darin aufzunehmen, die dann der italienische Innenminister nicht ins Land lassen wollte. Das MRCC untersteht dem Transportminister, der wiederum von der Regierungspartei "Fünf Sterne" kommt. Auch jetzt, auf dem Weg ins Rettungsgebiet, lässt die "Aquarius" sich vom MRCC führen.

Und die "Lifeline", welcher der Zugang zu maltesischen Häfen verwehrt wird, hat Schiffbrüchige an Bord, auf die sie das maltesische MRCC aufmerksam gemacht hatte.

"Wir retten bis zum letzten Tag", heißt es auf der Geburtstagsfeier von SOS Mediterranee am Wochenende in Berlin. Europa muss sich entscheiden, und diese Entscheidung nimmt dem Staatenbund keiner ab. Es ist eine Wegscheide an der auch die demokratischen, sozialen und zivilisatorischen Verhältnisse innerhalb Europas hängen.