Rheinmetall sponsert BVB: Brüder im Geist

Panzer mit BVB-Logo

Vom Sommermärchen zum Danse macabre, oder: Das kalte Herz des Fußballs

Krieg und Revolutionen sind im Zeitalter der Medienherrschaft durch Fußball ersetzt worden.

Paul Auster, Der perfekte Kriegsersatz

Makabrer Auftakt zum Champions-League-Finale: Für um die 20 Millionen Euro vollzieht der BVB den Liebeshandel mit Rheinmetall und wird Waffenlobbyist. Die Nachricht schlug einige Wellen.

Der Deal mit Deutschlands größtem Rüstungskonzern gilt vorerst für die nächsten drei Jahre; die Waffenschmiede paradiert in Zukunft als "Champion-Partner" des Traditionsklubs.

Handschlag mit dem Tod

Mit 200.000 Mitgliedern (Stand: 18. Mai 2024) ist Borussia Dortmund der zweitgrößte deutsche Sportverein und der fünftgrößte weltweit. Rheinmetall notiert als Kriegsgewinnler an der Börse; die Aktie stieg von rund 80 Euro zu Beginn 2022 auf mehr als 500 Euro. "Eine neue sicherheitspolitische Dekade hat begonnen", orakelte Rheinmetall-Chef Armin Papperger im März

BVB-Klubchef Hans-Joachim Watzke hat sich derweil sichtlich im Meinungskorridor der "Zeitenwende" verhaspelt. Das peinliche Sponsoring frisiert er unverfroren zum Diskursbeitrag um und bemüht abgeleierte Freiheitswerte. Die Mitteilung des BVB trägt entsprechend die passende Überschrift: "taking responsibility" – "Verantwortung übernehmen".

Man wolle, so Watzke, demokratische Eckpfeiler stützen und öffne sich als Borussia Dortmund ganz bewusst für den Diskurs. Umgehend kontert das Fanzine schwatzgelb:

… ihr (habt) entschieden, dass Rheinmetall eine Firma ist, die den Werten von Borussia Dortmund entspricht und deswegen als Sponsor genommen wird. Aber spart euch euer staatsmännisches Rumgeblubber.

schwatzgelb

Der Rasen als Frontabschnitt

Was für Aussichten: Monatsmillionäre laufen vor martialisch aufgemotzten Werbebanden auf. Überhaupt, wie die Werte sich gleichen. Der Mythos der einigenden Kraft. Dominanz auf dem Platz (der Rasen als Vor-Front). Glanz der Nation. Fußballer und Waffenhändler, Brüder im Geist. Die Hymne wird demnächst politisch korrekt im Geist der Zeitenwende erklingen.

Fußball hat viel mit Identität zu tun.

Fußball und Völkerverständigung, APuZ 2006

Ja – hat es offenbar. Und mit dem Verlust an ebensolcher.

Resonanz, staatstragend

Interessant die staatstragenden Resonanzen.

"Dass Rheinmetall jetzt einen Fußballverein sponsert, ist in der Tat erst einmal ungewöhnlich, aber es zeigt, wo wir stehen", ließ Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zum Deal wissen.

Und – wo stehen wir denn?

Die stellvertretende NRW-Chefin Mona Neubauer (Grüne) munkelt passgenau, "dass sich die öffentliche Wahrnehmung des Konzerns [Rheinmetall] in den vergangenen zwei Jahren verändert" habe – auch bei ihr persönlich.

Die Einlassungen spiegeln den politischen Klimawandel hin zur Mobilmachung wider, wie er seit Ausrufung der Zeitenwende opportun geworden ist. Klimawandel der anderen Art.

Besser keine Ahnung

Ein Rüstungskonzern als Werbepartner für friedliche Fußballprofis? Nicht nur in Fan-Foren sorgt das für einige Empörung. Andere halten dagegen. Nein, "es ist kein Skandal, egal wie laut man es ruft". Das jedenfalls findet man in der Funke-Zentralredaktion, ein Beispiel für teutonische Unverdrossenheit.

Einwurf von links: nd (neues deutschland) attestiert dem BVB Profitgier und gibt zu denken:

Düsseldorfer Waffen töten weltweit, auch im Namen von Feinden eines freiheitlichen Europas.

Aber ist "denken" in der Sache gefragt? BVB-Chef Watzke sollte wissen, so das Blatt weiter, "dass Rheinmetall vorher mit Russland Geschäfte gemacht hat. Auch mit Saudi-Arabien, der Türkei oder den Vereinigten Arabischen Emiraten."

Keine Ahnung.

Fatale Meinungsmacht

Im Stadion geht es derweil – auch an diesem Wochenende – unbedingt um Medienmacht. Wir befinden uns im Medienzeitalter: Der Rasen taugt als Rekrutierplatz für die neue Doktrin. Wie nebenbei schummelt sich der Krieg unter die Logos der Werbebande, ein partizipatives Understatement.

So zeigt man vereint Meinungsmacht.

Resümee zum Champions-League-Finale: Der politische Klimawandel ist im Stadion angekommen. Unschuldig war der Fußball nie, gerade lamentiert der BVB-Boss ihn ins moralische Aus. Und zeigt sein kaltes Herz.