Roger Waters gegen Protestbündnis: Gewinn auf ganzer Linie

Roger Waters beim Arrow Rock Festival, 2006. Bild: Jethro, CC BY-SA 2.5

Die Konzerte dürfen stattfinden und ziehen Zehntausende an. Zur Protestveranstaltung gegen den Musiker kommen nur spärlich wenig. Es fehlt der richtige Dreh gegen die Drill-Tour?

Dem Protest gegen Pink-Floyd-Gründer Roger Waters fehlt die Musik. Die ist der Trumpf von Waters. Die Enttäuschung ist groß.

"Gerade mal 250 Menschen haben gestern auf dem Kölner Roncalliplatz gegen das Konzert von Roger Waters protestiert", schreibt Alex Feuerherdt, ein Journalist, der der Boykott-Israel-Bewegung (BDS) auf den Zahn fühlt ("alter Hass in neuem Gewand"). Waters unterstützt die BDS.

Beim Konzert gestern Abend Köln in der Lanxess Arena waren 11.000 der 14.000 Plätze gefüllt, wird berichtet. "Waters darf sich willkommen fühlen", so die Rheinische Post.

"Roger Waters hat gewonnen, auf ganzer Linie", stellte Feuerherdt schon vorab fest. Das Bündnis, das in Köln für die spärlich besuchte Protest-Kundgebung geworben hatte, reichte, wie er aufzählt, von der Linken bis zur CDU; Kirchen engagierten sich dafür, die Synagogengemeinde und zivilgesellschaftliche Organisationen waren dabei: "Die Redner*innen waren prominent, OB Reker sprach als Erste. Das Wetter war gut, die Uhrzeit günstig, der Platz liegt zentral."

Und dann seien doch nur "250 Aufrechte" gekommen.

Der Misserfolg steht in einer Reihe von missglückten Versuchen, einen politischen Dreh gegen Waters "This Is Not A Drill"-Tour zu finden. Es gab Versuche, Konzerte in mehreren deutschen Städten abzusagen (Pink Floyds Roger Waters: Darf dieser Mann noch spielen?). Sie scheiterten.

Der Absage des Frankfurter Konzerts, am 28. Mai, an einem Ort, der bei den Nazi-Vernichtungsaktionen gegen die jüdische Bevölkerung Deutschlands eine böse Rolle spielte, widersprach ein Gericht:

Anhaltspunkte für strafbare Handlungen - etwa das Verwenden von Propagandamaterial und Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen oder Volksverhetzung - seien nicht ersichtlich, heißt es dazu in einer Mitteilung des Verwaltungsgerichts Frankfurt vom Montag (24. April 2023).

Deutsche Welle

Zwar räumte das Gericht ein, dass der Musiker in seinem Showprogramm "offenkundig eine an die nationalsozialistische Herrschaft angelehnten Symbolik" verwende, auch könne(!) dies vor dem Hintergrund des Veranstaltungsortes "als besonders geschmacklos zu bewerten sein".

Aber das Gericht erklärte sich für eine solche Bewertung nicht zuständig. Sie entziehe sich der rechtlichen Prüfung.

Die politische Prüfung der Show von Roger Waters bleibt den Fans. Er spielt Pink-Floyd-Klassiker, die Menge freut's und der Sänger streut die politischen Ansagen dazwischen, die man von ihm kennt oder erwartet. Der Frontman der "hervorragenden Band" (SZ über das erste Deutschlandkonzert in Hamburg) gefällt sich in der Rolle, so die Augenzeugenberichte der Rezensenten.

Die Musik sei aber gut, schreiben die Kritiker, so etwa in der oben genannten Rheinische Post zum Kölner Konzert und davor in der SZ zu seinem Konzert in Hamburg. Dort wird das Konzert als "Boomer-Hochamt mit grauen Zöpfen, Rock-'n'-Roll-Traumschwaden und den T-Shirts von früher" beschrieben. Journalisten vom Fernsehen und Radio hätten sich reichlich schwergetan, "die monatelange, tonnenschwere diffizile Debatte hier irgendwo wiederzufinden".

Waters kann auf die Pink-Floyd-Musik setzen, sie ist die Voraussetzung dafür, dass seine einfach gestrickten politischen Texte überhaupt gehört werden und Reichweite bekommen. Das weiß er wahrscheinlich auch.

Vor dem Pop-Publikum verdreht er das oben genannte Gerichtsurteil in die Aussage, wonach das Gericht in Frankfurt festgestellt habe, dass er "kein Antisemit" sei. Was sich so im Urteil nicht wiederfindet.

Die Ansage, die er den Fans vor seinem Konzert macht, ist rotzig-trotzig: "Wenn Sie einer von denen sind, die Pink Floyd lieben, aber Rogers politische Ansichten nicht ertragen, dann wäre es jetzt das Beste, wenn sie sich nach draußen an die Bar verpissen."

Bei den Preisen wird keiner nach draußen gehen. Karten, die derzeit für die Pink-Floyd-Bubble-Konzerte angeboten werden, kosten laut Veranstalter zwischen knapp hundert und vierhundert Euro.