Rüstungsgroßprojekte: Milliardenpoker des Verteidigungsministeriums
Seite 2: Blankoscheck für Rüstungsprojekte?
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In seinem Anschreiben zur Liste der finanziell nicht abgedeckten Großprojekte verweist das BMVg explizit darauf, sie sei die direkte Folge der in den Eckwerten anvisierten Mittelausstattung, mit denen die Vorhaben nicht mehr finanzierbar seien:
Die Finanzierungsprobleme ergeben sich insbesondere aus dem im Eckwertebeschluss vorgesehenen starken Rückgang der Haushaltsmittel nach dem Jahr 2022.
BMVg
Dennoch sollen die Vorhaben augenscheinlich dem Haushaltsausschuss vorgelegt werden, der dann vor der Wahl steht, sie abzulehnen oder eine Finanzierung ggf. auch außerhalb des BMVg-Etats zuzusichern. Der militärnahe Blog Augengeradeaus schreibt dazu:
Das Verteidigungsministerium will dem Haushaltsausschuss des Bundestages zahlreiche Rüstungsprojekte zur Billigung vorlegen, auch wenn deren Finanzierung noch offen ist. […] Anfang des Jahres hatte das Verteidigungsministerium den Abgeordneten von Verteidigungs- und Haushaltsausschuss bereits eine lange Liste mit den geplanten Vorhaben übergeben […]. Ein wenig überraschend scheint, dass das Verteidigungsministerium damit auch die bislang als gesichert geltenden multinationalen Projekte infrage stellt - und auch im Haushalt offensichtlich sichere Vorhaben doch nicht so sicher sind.
Augen geradeaus
Bei den "bislang als gesichert geltenden multinationalen Projekte" handelt es sich, wie gesagt, vor allem um die deutsch-französischen Projekte FCAS und MGCS, die nun vom Verteidigungsministerium ebenfalls infrage gestellt werden.
Die BMVg-Strategie ist dabei insofern recht clever, weil auch die Eckwerte des Bundeshaushaltes nicht nur die Bedeutung dieser Großprojekte betonen, sondern sie gehen sogar so weit, eine Art finanzielle Garantieerklärung für sie vorzuschlagen
Es besteht Einvernehmen innerhalb der Bundesregierung, dass bestimmte Großvorhaben zum Schließen von Fähigkeitslücken gemäß dem Fähigkeitsprofil der Bundeswehr und damit zur Wahrnehmung bereits eingegangener internationaler Verpflichtungen finanziert werden und dem Verteidigungshaushalt ermöglicht wird, die insoweit verabredeten Fähigkeitsziele zu erreichen. Dies gilt insbesondere für Vorhaben im Rahmen der deutsch-französischen und deutsch-norwegischen Rüstungskooperationen […].
Eckwerte des Regierungsentwurfs des Bundeshaushalts 2022
Indem das Verteidigungsministerium nun aber unter anderem keine Finanzgarantie mehr für die deutsch-französischen Rüstungskooperationsprojekte übernimmt, spielt es den Ball den Abgeordneten und dem Finanzministerium zu, die hierdurch massiv unter Zugzwang gesetzt werden: Entweder sie entscheiden sich dafür, den Erpressungsversuchen nicht auf den Leim zu gehen und die Vorhaben zu strecken oder gar einzustampfen.
Damit würden sie sich dann aber den Schwarzen Peter für das mögliche Scheitern der Prestigeprojekte einhandeln. Denn spätestens Ende Juni müssen zum Beispiel die Gelder für das FCAS freigegeben werden, ansonsten droht eine deutliche Verschiebung, was das ohnehin gespannte Verhältnis zum Kooperationspartner Frankreich endgültig überdehnen könnte. Deshalb ist es gut möglich, dass diesen Projekten ein Blankoscheck ausgestellt wird, schließlich ist vor allem das FCAS, in den Worten der Stiftung Wissenschaft und Politik, "too big to fail".
Sollte den ungedeckten Rüstungsprojekten aber zugestimmt werden, würde dies den Spielraum der nächsten Bundesregierung wohl extrem einengen, was wohl auch das Ziel der Übung sein dürfte: Entweder müsste sie die diesbezüglichen Gelder durch ein weiter jährlich stark steigendes Militärbudget oder durch eine Verlagerung auf andere Haushaltstöpfe garantieren - in beiden Fällen würde das Verteidigungsministerium damit einen milliardenschweren Coup landen.