Russische Uranmunition, Wärmepumpen und essbare Heuschrecken

Drei Fragen aus dem Forum. Eine Telepolis-Kolumne.

Auf den Artikel "Steht der Einsatz von Uran-Munition in der Ukraine bevor?" von Klaus-Dieter Kolenda antwortet ein User:

GICHD bestätigt Einsatz von Uranmunition durch russische Armee.

Und er zitiert dazu aus einer Pressemitteilung der ärztlichen Friedensorganisation IPPNW:

Die IPPNW verurteilt zudem den Einsatz von Uranmunition durch die russische Armee, den das Genfer Internationale Zentrum für humanitäre Minenräumung in einem Fall bestätigt hat.

Diese Pressemitteilung wurde inzwischen geändert, statt des oben zitierten Satzes heißt es darin nun:1

Experten gehen davon aus, dass auch die russische Armee über panzerbrechende Munition verfügt. Die IPPNW fordert alle Staaten auf, auf den Einsatz solcher Munition zu verzichten. (…)

Die erste Version der Pressemitteilung bezog sich laut Auskunft der IPPNW auf eine Information, die diese von der International Coalition to Ban Uranium Weapons (ICBUW) erhalten hatte.

Die ICBUW wiederum verwendete eine Studie des Genfer Internationale Zentrum für humanitäre Minenräumung GICHD, in der Sprengstoffe aufgelistet werden, deren Einsätze in der Ukraine bestätigt wurden.

Gefunden wurde demnach das DU-Projektil BM-32. DU steht für "depleted uranium", also abgereichertes Uran. Nach Angaben von Klaus-Dieter Kolenda handelt es sich bei dem Projektil BM-32 "um ein Geschoss sowjetischer Bauart aus den 1980er Jahren, das ebenso aus Munitionsbeständen der Ukraine stammen könnte".

Tatsächlich liefern weder die genannte Studie noch die ICBUW Angaben zum Ort und Häufigkeit des Einsatzes.

Die Änderung der Pressemitteilung erfolgte auf eine Korrespondenz zwischen Klaus-Dieter Kolenda und der IPPNW, wie der Autor Telepolis mitteilte. Er hatte darum gebeten, die Beweislage dafür, dass das genannte Projektil wirklich von Russland eingesetzt wurde, noch einmal zu überprüfen. Hierfür konnten aber keine eindeutigen Belege gefunden werden.

Das bedeutet aber nicht, dass der Einsatz von DU-Munition durch die russische Armee für die Zukunft ausgeschlossen werden kann, über entsprechende Munitionsbestände verfügt sie jedenfalls.

Im offiziellen Bericht der ICBUW mit dem Titel "Uranwaffen-Stand 2022" heißt es:

Auch wenn es noch keine zuverlässigen Berichte gibt, befürchtet der ICBUW angesichts der DU-fähigen Panzer, die bei der russischen Invasion verwendet werden, den Einsatz von DU in der Ukraine.

Weiter heißt es in einem aktuellen Artikel von Oberst a. D. Jürgen Hübschen mit dem Titel "Wie stoppt die Eskalationsspirale?" im Overton Magazin:

Der russische Präsident Putin bezeichnete die von Großbritannien angekündigte Lieferung von uranhaltiger Munition als rote Linie und drohte gleichzeitig damit, in einem solchen Fall diese Art von Munition ebenfalls einzusetzen.

Wenn tatsächlich uranhaltige Munition verschossen wird, besteht also das Risiko, dass diese in Folge auf beiden Seiten zum breiten Einsatz käme, mit allen von Klaus-Dieter Kolenda ausführlich beschriebenen Risiken für Zivilbevölkerung, Soldaten und Umwelt.

Was bringt das Gebäudeenergiegesetz?

Zum Thema Wärmepumpen wird derzeit nicht nur im Forum von Telepolis rege diskutiert.

In vielen Medien wurde hier Falsches suggeriert, Ängste vor einem sofortigen Verbot von Gasheizungen wurden geschürt. An dieser Stelle haben wir bereits dargestellt, welche Regelungen im Entwurf eines Gebäudeenergiegesetzes vorgesehen sind.

Es muss aber betont werden, dass es sich um einen Entwurf handelt, und daher nicht jede Detailfrage mit abschließender Sicherheit beantwortet werden kann, auch könnte das Gesetz nach wie vor an der FDP scheitern.

Der Einbau einer Wärmepumpe soll laut derzeitigem Stand nicht in jedem Fall vorgeschrieben werden.

"Die vorgesehene Regelung ist technologieoffen. In bestehenden Gebäuden können auch weiterhin Gasheizungen eingebaut werden, wenn sie mit 65 Prozent grünen Gasen oder in Kombination mit einer Wärmepumpe betrieben werden. Es gibt also mehrere Möglichkeiten mit verschiedenen Technologien die Vorgabe für das Heizen mit erneuerbaren Energien zu erfüllen",

heißt es beim Bundeswirtschaftsministerium.

Viele Fragen, die hier im Forum aufgeworfen wurden, sind technisch sehr spezifisch, beziehen sich auf individuelle Erfahrungen oder auf ein ganz bestimmtes Gebäude. Das sind in der Regel Fragen, die durch professionelle Energieberatungsunternehmen oder Installationsbetriebe beantwortet werden müssen.

Dennoch sei hier auf einen Praxistest von Wärmepumpen in Bestandsgebäuden verwiesen, den das Fraunhofer ISE von 2014 bis 2019 durchgeführt hat. Die getesteten Wärmepumpen führten zu Reduktionen des CO2-Ausstoßes um 27 bis 52 Prozent (Außenluft-Wärmepumpen) bzw. 45 bis 61 Prozent (Erdwärmepumpen).

Und durch den weiteren Zubau von Windkraft und Photovoltaik werden sich die CO2-Kennwerte für den Strom weiter verbessern, so dass die CO2-Emissionen weiter sinken werden. Infolgedessen sind selbst bei einem pessimistischen Ökostromausbauszenario mittelfristig Einsparungen von mehr als 50 Prozent zu erwarten.

Fraunhofer ISE

Dass die Kapazitäten zur Erzeugung erneuerbaren Stroms weiter ausgebaut werden müssen, um die Sektoren Gebäude, Verkehr und Industrie zu elektrifizieren, ist seit langen Jahren kein Geheimnis. Der Thinktank Agora Energiewende beziffert den Bedarf von erneuerbarem Strom für das Jahr 2035 auf 845 Terawattstunden.

Deswegen ist zwar der im Forum genannte Einwand, dass die Wärmepumpen wenig klimaschonend sind, wenn sie mit Kohlestrom betrieben werden, richtig. Das heißt aber im Umkehrschluss nicht, dass die Elektrifizierung des Wärmesektors keinen Sinn macht, sondern dass die Umrüstung von Gebäuden, Ausbau von erneuerbaren Energien und der Stromnetze parallel erfolgen müssen. Zumal ja nicht alle Häuser von heute auf morgen mit Wärmepumpen ausgerüstet wären.

Dass die Gebäudeheizung für die Treibhausgasemissionen eine untergeordnete Rolle spielt, wie an mancher Stelle im Forum bemerkt, ist nicht richtig. Die Treibhausgasemissionen im Gebäudebereich lagen laut vorläufigen Angaben des Umweltbundesamts (UBA) im Jahr 2022 bei 112 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Damit lagen sie knapp fünf Millionen Tonnen über der Zielvorgabe von 107,4 Millionen Tonnen.

Bis 2030 müssen die Gebäudemissionen nach den Vorgaben des Klimaschutzgesetzes auf 66 Millionen Tonnen sinken. Das ist eine beachtliche Menge, pro Jahr müssten damit über 6 Millionen Tonnen eingespart werden. Im vergangenen Jahr ist dies fast gelungen, allerdings in erster Linie aufgrund der milden Witterung und der gestiegenen Energiepreise, wie das UBA mitteilte.

Die Einsparpotenziale durch niedrigere Raumtemperaturen dürften in diesem Winter allerdings schon gehoben worden sein. Für weitere Emissionsreduktionen sind daher energetische Sanierungen wie auch Umstellungen der Heiztechnik erforderlich.

Kann man Heuschreckenplagen aufessen?

Susanne Aigner schrieb über "Würmer, Grillen, Heuschrecken – bald auch bei uns auf dem Tisch?".

"Könnte man so eine Heuschreckenplage kulinarisch verwerten und gleichzeitig die Zahl der Fresserchen dezimieren? Oder funktioniert das nicht?", möchte ein:e Leser:in daraufhin wissen.

Das ist zwar ein schöner Gedanke, aber zumindest in der EU – wo glücklicherweise auch noch keine Heuschreckenplagen herrschen – rechtlich nicht möglich. Wie schon Susanne Aigner schreibt:

Sechs Arten dürfen für den menschlichen Verzehr gezüchtet werden, und die dürfen nur von zertifizieren Farmen stammen und nur schockgefroren geliefert werden.

Die Zucht für das eigene kleine Restaurant sei hingegen nicht erlaubt. Genauso wenig dürfen Insekten aus der freien Wildbahn eingefangen und zu Lebensmitteln verarbeitet werden. Heuschrecken und andere müssen in einer geschlossenen Umgebung gezüchtet und mit zertifiziertem Futtermittel versorgt werden.

Für die menschliche Ernährung wird durchaus die Wanderheuschrecke (Locust migratoria) gezüchtet, die auch in Heuschreckenschwärmen in Afrika ganze Felder leer frisst.

Mit der Frage, ob sich so eine Heuschreckenplage einfach einfangen und aufessen lässt, hat sich seinerzeit der MDR beschäftigt. Das sei nicht ratsam, so der befragte Wissenschaftler Iain Couzin. Denn ob die Insekten genießbar oder gar giftig seien, hänge davon ab, was diese vorher gefressen hätten. Was sich im Falle einer Heuschreckenplage aber nicht kontrollieren lasse.

In eine ähnliche Richtung geht ein weiterer Forenkommentar, in dem befürchtet wird, Larven des Getreideschimmelkäfers (die ebenfalls kürzlich für den Verzehr zugelassen wurden) würden einfach untergemischt,

"(d)amit man eben bei der Lagerung und Hygiene wieder Geld sparen kann: ist doch egal, wenn da jetzt Viecher drin sind, es ist doch von Brüssel erlaubt worden! Wie lange wird es wohl dauern, bis es kein Mehl mehr "ohne" gibt? Oder normales, käferfreies Mehl auf einmal ein Premiumprodukt wird, was sehr viel teurer ist als die billigere Option?"

Was für die Heuschrecken gilt, gilt auch für die Larven des Getreideschimmelkäfers. Auch sie dürfen nur aus zugelassenen Zuchtbetrieben kommen, nicht jeder darf jetzt einfach Mehl mit einem unbestimmten Anteil von Larven anbieten, die sich zufällig eingefunden haben.

Die Insektenprodukte, die bislang im Handel sind, dürften auch bislang zu teuer sein, um damit ein vergleichsweise billiges Produkt wie Mehl zu strecken. Getreideschimmelkäferlarven, im Handel unter dem appetitlicheren Namen "Buffalowürmer" zu haben, gibt es beispielsweise zu acht Euro für 100 Gramm gemahlene Insekten.

Preislich gesehen würde es sich da eher lohnen, das Insektenmehl mit gemahlenem Getreide zu strecken.