Russisches Gas ade: EU sieht keine Versorgungsengpässe

Wie steht es um die Gasspeicher? Die Meinungen gehen auseinander. Bild: KWON JUNHO/Unsplash

Transit durch Ukraine ist beendet. Die EU-Kommission gibt dennoch Entwarnung. Doch die Angaben zum Gasvorrat sind widersprüchlich.

Mit dem Jahreswechsel ist auch der Transit von russischem Gas durch die Ukraine nach Europa beendet worden – einseitig, von Kiew. Doch die Europäische Union zeigt sich entspannt. Man sei gut vorbereitet, so die EU-Kommission in einer außerordentlichen Sitzung der Gas-Koordinierungsgruppe.

Dank effizienter Vorbereitung und Koordination in der Region und darüber hinaus gebe es keine Bedenken hinsichtlich der Versorgungssicherheit, heißt es in einer Pressemitteilung der Kommission.

Laut Angaben der Kommission konnte das bisher über die Ukraine gelieferte russische Gas durch alternative Routen über Deutschland und Italien sowie durch Entnahmen aus Speichern ersetzt werden.

Die europäische Gasinfrastruktur sei flexibel genug, um Gas nicht-russischen Ursprungs aufzunehmen und entspreche damit den Zielen des REPowerEU-Plans, so die Kommission. Zudem sei sie seit 2022 durch erhebliche neue LNG-Importkapazitäten verstärkt worden, so die EU-Kommission in ihrer öffentlichen Kommunikation.

Derzeit liegt der Füllstand der EU-Gasspeicher nach Angaben aus Brüssel bei 72 Prozent und damit leicht über dem Durchschnitt von 69 Prozent zu dieser Jahreszeit. Die Angaben zum Verbrauch der EU-Gasspeicher sind derzeit allerdings durchaus widersprüchlich.

Die Kommission gibt an, regelmäßig Überwachungen und Gespräche mit den Mitgliedstaaten und Marktteilnehmern durchzuführen, um die Versorgungssicherheit der am stärksten betroffenen Mitgliedstaaten zu gewährleisten und Spekulationen zu vermeiden, heißt es weiter.

Ende eines Kapitels in der Gasversorgung

Das Auslaufen des Gastransitvertrags zwischen Russland und der Ukraine markiert das Ende einer Ära in der europäischen Gasversorgung. Über Jahrzehnte war die Ukraine das wichtigste Transitland für russisches Gas nach Europa. Doch mit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine änderte sich die Lage dramatisch. Die EU hat beschlossen, ihre Abhängigkeit von russischen Energieimporten so schnell wie möglich zu beenden.

Bereits 2022 ging der Import von russischem Gas deutlich zurück. Während die EU 2019 noch fossile Brennstoffe im Wert von 90 Milliarden Euro aus Russland importierte, waren es 2023 nur noch sieben Milliarden Euro, heißt es aus der EU-Kommission. Möglich wurde dies durch eine Reihe von Maßnahmen wie die Diversifizierung der Gaslieferanten, den Ausbau erneuerbarer Energien und eine Senkung des Gasverbrauchs.

So beschloss der Rat nach eigenen Angaben im August 2022 eine Verordnung zur koordinierten Senkung der Gasnachfrage um 15 Prozent für den Winter 2022/23. Zwischen August 2022 und Dezember 2023 konnte die EU ihren Gasverbrauch um über 100 Milliarden Kubikmeter im Vergleich zum Fünfjahresdurchschnitt senken. Dies entspricht einem Rückgang um 18 Prozent.

Energiesicherheit hat Priorität

Angesichts anhaltender Risiken und Herausforderungen auf dem Energiemarkt verlängerte der Rat im März 2023 die koordinierten Maßnahmen zur Senkung der Gasnachfrage um weitere zwölf Monate. Damit sollen Versorgungsengpässe im Winter 2023/24 vermieden und der dauerhafte Rückgang der russischen Gaslieferungen vollständig kompensiert werden.

Die Energiesicherheit habe für die EU oberste Priorität, heißt es aus Brüssel. Neben kurzfristigen Maßnahmen zur Bewältigung der aktuellen Krise setzt die Union demnach langfristig auf den Ausbau erneuerbarer Energien und eine Steigerung der Energieeffizienz. Bis 2030 soll der Anteil erneuerbarer Energien am Energiemix auf mindestens 32 Prozent steigen. Zugleich soll der Energieverbrauch um 32,5 Prozent gesenkt werden.

Um die Versorgungssicherheit weiter zu verbessern, arbeitet die EU auch an einer Reform des Gasmarktes. Im Mai 2024 einigten sich das Europäische Parlament und der Rat auf eine Verordnung über die Binnenmärkte für erneuerbares Gas, Erdgas und Wasserstoff. Darin sind unter anderem Regeln für den Zugang zu den Gasnetzen, die Speicherung von Gas und die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten im Krisenfall festgelegt.