Russland bei Waffenverkäufen auf der Verliererseite
Vor allem die USA, aber auch Frankreich und Israel profitierten von Konflikten und Spannungen im Nahen Osten
Es wurden schon einmal mehr Waffen verkauft. Im Kalten Krieg brummte das Waffengeschäft, Anfang der 1980er Jahre wurden über 45 Milliarden nach der verwendeten Volumenberechnung umgesetzt. Im Zuge der Entspannung und mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion fielen die Exporte auf den internationalen Waffenmarkt um 2002 auf ein Tief von 20 Milliarden, um dann mit dem Krieg gegen den Irak und dem Globalen Krieg gegen den Terror kontinuierlich weiter auf nun etwa 30 Milliarden zu steigen. Nach dem Waffentransferbericht des Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) übertraf der Umfang der Waffenexporte in der Zeitspanne 2014-2018 den von 2009-2013 um 7,8 Prozent und den von 2004-2008 um 23 Prozent.
Konflikte und Kriege sind stets gute Zeiten für Rüstungskonzerne und waffenexportierende Länder. Es gibt ein einfaches Interesse daran, Konflikte militärisch aufzuladen und Parteien zu unterstützen oder als Land selbst mit dabei zu sein. Phasen des Wettrüstens in Regionen sind für Waffenexporte ebenso willkommen wie langanhaltende bewaffnete Konflikte wie in Afghanistan oder im Nahen Osten. Die Bush-Regierung hatte den Krieg gegen den Terror nicht nur globalisiert, was Konfliktzonen und Absatzmärkte erweiterte, sondern ihn auch zu einem langen Krieg erklärt. Das wird gerne wie im Fall von Deutschland, dem viertgrößten Waffenexporteur, als Übernahme von Verantwortung bezeichnet. Aber was wäre eines der größten waffenexportierendes Länder, wenn es nur Waffen verkauft, aber diese nicht auch selbst einsetzt und die Rüstungsbeschaffung nutzt, um die Konzerne mit Aufträgen zu versorgen und Innovationen zu finanzieren?
Militärische Logik hat Vorrang
Nur mit einem flüchtigen Blick fällt auf, dass die vier größten waffenexportierenden Ländern - die USA, Russland, Frankreich und Deutschland -, die 75 Prozent des Volumens abdecken, den Großteil ihrer Produkte in den Nahen Osten verkaufen und dort auch militärisch Teil des Konflikts sind. Nimmt man Großbritannien als sechstgrößte waffenexportierende Nation hinzu, wird der Zusammenhang zwischen Verkaufserfolg und Konflikt noch deutlicher. Ausnahme ist noch China, das aber auch bereits seit 2017 einen Stützpunkt in Dschibuti eingerichtet hat und bereits in über 50 Länder Waffen exportiert.
Auffällig ist seit Afghanistan, dass zunehmend Konflikte primär militärisch angegangen werden. Nach der Ideologie sollen Militäreinsätze die Länder stabilisieren, was wiederum anhand von Afghanistan, wo seit 18 Jahren die USA oder auch Deutschland am Hindukusch verteidigt werden, als unhaltbares Argument erweist. Stets überwiegen die militärischen Kosten die für den Wiederaufbau um ein Vielfaches. Das ist auch erneut so in Mali. Auf der anderen Seite werden failed states wie Somalia, Libyen oder Jemen geschaffen.
Wenn Staaten wie Deutschland nicht in erster Linie wegen des erbarmungslosen Kriegs der saudischen Koalition gegen die Huthis im Jemen und der Duldung von islamistischen Gruppen wie al-Qaida oder wegen zahlloser anderer Menschenrechtsverletzungen, sondern wegen des Mordes am saudi-arabischen Journalisten Khashoggi die Rüstungslieferungen an Saudi-Arabien einstellen oder schärfer kontrollieren wollen, gibt es Kritik anderer Länder, die sich auf keinen Fall weitere Geschäfte entgehen lassen wollen.
So haben Frankreich und Großbritannien sehr gereizt darauf reagiert, als die Bundesregierung auf Druck der SPD im November 2018 die Exporte nach Saudi-Arabien stoppte (Waffenexporte nach Saudi-Arabien: Die Rüstungsindustrie droht). Zwar gibt es einen "Gemeinsamen Standpunkt" der EU für Rüstungsexporte, aber die Beschränkungen werden des Geschäfts willen gerne übersehen. Ein Staat, der ausschert, gefährdet jedoch den Verkauf gemeinsam finanzierter Waffensysteme, auch wenn es trotzdem für deutsche Rüstungskonzerne Möglichkeiten gibt, die Kontrolle zu umgehen.
Saudi-Arabien ist mit einem Anteil von 12 Prozent größter Waffenimporteur. Asien ist die Region, in die am meisten Waffen (40 Prozent) verkauft werden. Indien liegt hier an erster Stelle und knapp hinter Saudi-Arabien, gefolgt von Australien, China, Südkorea und Vietnam, auch Pakistan, Japan oder Indonesien häufen Rüstung an. Ansonsten fließen die Waffenströme in den Nahen Osten mit einem Anteil von 35 Prozent. Nach Saudi-Arabien kauft Ägypten weiter schwer ein, aber auch Algerien, wo es gerade zu Unruhen kommen könnte, die Vereinigten Arabischen Emirate, Irak, Katar etc. Im Nahen Osten und Nordafrika ist die Konfliktregion verdichtet, zudem haben sich dort die Waffenimporte am stärksten zwischen 2009-2013 und 2014-2018 vergrößert, nämlich mit 87 Prozent fast verdoppelt. In Süd- und Nordamerika, in Afrika und in Europa gingen die Waffenexporte hingegen zurück.
Wer profitiert am stärksten?
Am meisten profitieren von den Kriegen, Konflikten und Spannungen im Nahen Osten die USA, Frankreich und Großbritannien. Das sind auch die Staaten, die neben Israel, das größte Wachstum bei den Exporten erzielten. 52 Prozent der russischen Exporte gehen in den Nahen Osten, in Großbritannien sind es sogar 59 Prozent. Auch Frankreich verkauft einen Großteil der Waffen im Nahen Osten. Hat, wer Milliarden an Konflikten verdient, wirklich Interesse an friedlichen Lösungen?
Sieht man auf die größten Zuwächse beim Exportvolumen, dann liegen Israel, die USA, Frankreich und Spanien ganz vorne. Auch die deutschen und niederländischen Waffenexporte sind 2014-2018 gewachsen. Ausnahme ist Russland, wo die Verkäufe um 17 Prozent einbrachen, vor allem wegen zurückgehender Einkäufe von Indien und Venezuela (das praktisch kein Geld mehr hat), während die auch hinter der Beteiligung am Syrien-Konflikt stehende Strategie, die neuen russischen Waffen im Einsatz vorzuführen und neben Ägypten weitere Absatzmärkte in der Region zu finden, noch nicht aufgegangen ist.
Die USA hingegen haben nach SIPRI ihre Position als weltgrößter Waffenexporteur ausgebaut und sind darin Russland weit überlegen. Lagen die Exporte 2009-2013 nur 12 Prozent höher als die russischen, so haben der globale Krieg gegen den Terror, die Eskalation des Konflikts USA/Nato-Russland und der große Rüstungsetat den Abstand zwischen den amerikanischen und den russischen Exporten auf 75 Prozent anwachsen lassen. Gerade wird die Türkei von den USA massiv unter Druck gesetzt, nicht das russische Luftabwehrsystem S-400 zu kaufen.
Das ist auch geopolitisch wichtig, weil man Länder durch große Waffensysteme wie Luftabwehrsysteme, Lenkraketen, Kampfflugzeuge oder Kriegsschiffe militärisch und technisch abhängig macht. Ein Blick auf die Karte macht auch deutlich, dass die Welt noch immer zweigeteilt ist.
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