SETI und die Misere um die hauseigene Radiosternwarte

Seite 2: Vorübergehende Endzeitstimmung

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die Larmoyanz, die sich innerhalb der SETI-Community breit machte, spiegelt auf nachfühlsame Weise ein Nature-Artikel wider, der im Juli 2011 publizistischen Niederschlag fand und in dem Titel gipfelte: "SETI IS DEAD-Long live SETI". In dem Beitrag wird unter anderem der SETI-Forscher Dan Werthimer von der University of California, Berkeley (USA) zitiert, der seine damalige Gefühlslage mit wenigen Worten beschrieb: "Wenn es schließt, tut es für meine Kollegen vom SETI-Institut leid. Aber das wird uns hier in Berkeley nicht weiter berühren." Schließlich gebe es ja noch die Option, kleinere, weitaus billigere SETI-Suchläufe mit Radioteleskopen rund um den Globus zu initiieren.

Werthimer zufolge kann Plan B daher nur lauten, wieder zu den alten Wurzeln zurückzukehren und sich damit zu begnügen, Teleskopzeit zu kaufen. Um hierfür Geld einzusammeln, bedarf es keiner großen Funding-Aktionen mehr. "Das ist genau der Weg, den wir einschlagen sollten", sagt Werthimer. "Es ist naiv zu denken, dass wir wissen, was außerirdische Intelligenzen, wenn diese uns um eine Milliarde Jahre voraus sind, machen werden. Daher brauchen wir eine Wissenschaft der kleinen Schritte, die eine Menge Dinge ausprobiert." http://www.nature.com/news/2011/110727/pdf/475442a.pdf

Jills erfolgreicher Kampf

Gegen den aufkommenden Pessimismus stemmte sich die weltweit bekannteste SETI-Wissenschaftlerin, Jill Tarter, mit Verve, deren Part Jodie Foster seinerzeit in dem vielbeachteten Kinofilm "Contact" spielte, der auf dem gleichnamigen Roman von Carl Sagan beruht. Die inzwischen offiziell im Ruhestand befindliche Grande Dame der amerikanischen SETI-Forschung war früher die Direktorin des SETI-Instituts in Kalifornien, bleibt aber ihrer großen Liebe treu. Vielleicht erklärt dies, warum es ihr gelang, dem vermeintlich toten Projekt wieder Leben einzuhauchen.

Heute ist SETIStars in das Funding-Projekt TeamSETI membership https://teamseti.org/ übergegangen. Bild: SETI

Schon seit vielen Jahren reist die heute 70-jährige Radioastronomin von Stadt zu Stadt, Land zu Land und Kontinent zu Kontinent, um den Menschen nicht nur ihre Arbeit und den Sinn von SETI nahezubringen, sondern zeitgleich auch Spendengelder einzutreiben. Im Sommer 2011 konnte sie mithilfe der ins Leben gerufenen Crowdfunding-Aktion SETIStars wichtige Spendengelder ans Land ziehen, woraufhin die Radiosternwarte am 5. Dezember 2011 ihre Arbeit wieder aufnehmen konnte.

Waldbrand mit Symbolkraft

Trotzdem ist die Situation heute noch schlimmer als zuvor. Selbst die Optimisten unter den SETI-Forschern glauben nicht mehr daran, dass die Anzahl der in Hat Creek ansässigen Teleskope steigen wird.

Dass das Projekt selbst unter einem schlechten Stern steht, hätte Anfang August dieses Jahres beinahe die in Nordkalifornien wütenden Feuersbrunst auf tragische Weise demonstriert. Es hätte nicht viel gefehlt und das ambitionierte Großprojekt wäre ein Opfer der Flammen geworden und wohl für immer in der Versenkung verschwunden. Doch es ging gerade noch einmal gut.

"Wir haben nur einige Stunden Beobachtungszeit verloren", erklärte der Radioastronom und Chefastronom des SETI-Instituts in Mountain View (Kalifornien) Seth Shostak vor wenigen Wochen einer CNN-Reporterin kurz nach dem verheerenden Waldbrand. "Davon auszugehen, das E.T. genau zu diesem Zeitpunkt die Hand nach uns gestreckt hat, wäre doch sehr bizarr."

Bild: SETI.

Keine Unabhängigkeit mehr

Bei alledem waren die SETI-Forscher in Bezug auf das ATA schon seit Beginn des operativen Betriebs nicht unabhängig. Um nämlich die jährlich anfallenden Betriebskosten von 2,5 Millionen Dollar (2 Millionen Euro) zu decken, durfte die U.S. Air Force gegen einen entsprechenden Obolus schon seit 2008 ein Drittel der Operationszeit für ihre Satelliten- und Weltraummüll-Beobachtungen nutzen. Ein weiteres Drittel ging auf das Konto der konventionellen Radioastronomen und das letzte blieb den SETI-Lauschaktionen vorbehalten.

Doch mit dem Relaunch der ATA-Phalanx im Dezember 2011 veränderten sich peu à peu der ganze Betrieb und der Ablauf, ja sogar die Teleskopzeiten und Zielobjekte. Hatten die SETI-Aktivisten früher die ATA-Anlage noch zusammen mit der University of California, Berkeley gemanagt und geleitet, so gaben sie im April 2012 die Kontrolle ganz ab. Seitdem zieht die SRI International die Fäden, eine wissenschaftliche in Menlo Park in Kalifornien ansässige Nonprofit-Organisation. Sie führt und leitet das Hat Creek Radio Observatory in Nordkalifornien, wozu eben auch das Allen Telescope Array gehört. Dort okkupiert die Organisation immer mehr Teleskopzeit und vermietet diese immer seltener an konventionelle Radioastronomen, aber immer häufiger an das Militär, wie Seth Shostak diesem Magazin bestätigt: "Die SRI International nutzt das Array für ihre Tests und beansprucht die Hälfte der gesamten Teleskopzeit, vornehmlich für die U.S. Air Force", sagt Shostak. "Im Gegenzug sorgen sie für die Wartung der Instrumente und Aufrechterhaltung des Betriebs."

Weltraummüll überall im Orbit. Bild: NASA.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.