SPD im Sink- oder Sturzflug ohne Fallschirm
Die verzweifelten Rochaden und Rettungsversuche der letzten Zeit fruchten nichts mehr, demnächst dürfte die SPD von der AfD überholt werden
Man hat den Eindruck, dass die SPD im freien Fall ist. Schon lange war sie für Wähler nicht mehr sonderlich attraktiv. Schon die Bundestagswahl hat gezeigt, dass der Niedergang kaum mehr aufzuhalten ist. Seit der Kehrtwende, nun doch wieder in eine Große Koalition einzutreten, und dem Verschleiß der führenden SPD-Politiker, die keine neuen Gesichter und keine radikale Neuorientierung zulassen, geht es weiter bergab - und es ist kein Fallschirm in Sicht.
Im neuesten DeutschlandTrend ist die SPD nun bereits auf 16 Prozent abgestürzt. Anfang Februar waren es noch 18 Prozent. Noch nicht mitgerissen wird offenbar die Union, die verzweifelt an Angela Merkel festhält, weil keine Alternative in Sicht ist. Offenbar hat der Machtwechsel in der CSU vom ähnlich wie Martin Schulz verschlissenen Horst Seehofer auf Markus Söder bundespolitisch nicht geschadet, aber auch nichts genützt. Die Union hält sich bei 33 Prozent. Noch, muss man wahrscheinlich sagen, denn der Absturz ist auch absehbar, wenn die Querelen und Nachfolgekämpfe in der CDU ausbrechen.
Gewinner ist wieder die AfD, die einen Punkt zulegen kann und mit 15 Prozent fast schon die SPD eingeholt hat. Geht es so weiter, wird die AfD zur zweitstärksten Partei. Allerdings beginnen die Grünen aufzuholen, die jetzt auf 13 Prozent kommen, während die Linke bei 11 Prozent stagniert. Jedoch noch besser als die FDP, die trotz Schwenk nach rechts nicht zulegen kann. Vermutlich hat Lindners Angst vor der Regierungsbeteiligung und einem Verlust von Identität die Menschen nicht überzeugt. Die FDP wird zur kleinsten Oppositionspartei mit 9 Prozent und verliert einen Punkt. Könnte gut sein, dass sie sich auch überlebt hat und eine wirkliche Wiederkehr nur ein Traumziel ist.
Letztlich wird dem einstigen Hoffnungshelden der SPD, Martin Schulz, auch vom DeutschlandTrend noch einmal die Arschkarte gezeigt. Schulz war schon zur Witzfigur geraten, seine Selbsternennung zum künftigen Außenminister war nur das letzte i-Tüpfelchen der Peinlichkeiten. Jetzt sagen 78 Prozent der Befragten, es sei richtig gewesen, dass er vom Parteivorsitz und vom möglichen Außenministerposten zurückgetreten ist. Das ist bitter.
Die Konfliktlösung der SPD, nach dem Rücktritt von Schulz Entschlossenheit zu zeigen, nicht in der Sache, sondern personell, hat sichtlich nicht überzeugt. Auch dass die SPD sich nach Ansicht einer Mehrheit der Befragten in den Koalitonsverhandlungen durchgesetzt hat, spricht nicht für sie. Andrea Nahles sollte eigentlich gleich den Parteivorsitz übernehmen. Das demonstrierte nur wieder das Geklüngel bei den Sozen. Schnell versuchte man auszubügeln und setzte Olaf Scholz kommissarisch ein. Nahles soll halt dann am Parteitag gewählt werden. Immerhin gibt es nun eine Konkurrentin und damit eine Scheinalternative.
Imagegewinn lässt sich mit solchen Schachzügen nicht machen. Dementsprechend ist der Zuspruch zu Nahles verhalten. 33 Prozent meinen, sie könne die Partei einen; bei den SPD-Anhängern sind es auch nur 48 Prozent. Aber das liegt nicht nur an Nahles, die längst schon keine Erneuerung mehr verspricht, sondern zur alten Führungsmannschaft gehört, vielmehr liegt das am desolaten Zustand der Partei, deren personelle Substanz ebenso verbraucht zu sein scheint wie ihre programmatische. Mutig und zukunftsweisend ist da nichts. Auch hier nehmen dann die Deutschen lieber das Original: Angela Merkel und die CDU.
Und das, obwohl eigentlich viele gerne einen Aufbruch hätten (wenn er nur nicht unangenehm für sie selber wird, müsste man hinzufügen). Zwar sagt eine Mehrheit, der Koalitionsvertrag sei eigentlich ganz vernünftig. Aber zwei Drittel sind überaus kritisch gegenüber den Parteipolitikern und meint, es gehe diesen mehr um Posten als um Inhalte.
Das dürfte im Übrigen ein Hauptproblem der SPD sein. Die Union leidet darunter nicht so sehr, da erwartet man nichts anderes. Und wenn 72 Prozent neue politische Ansätze vermissen, dann erscheint dies als Fundamentalkritik, die aber wenig bewirken wird, als obskure Parteien wie die AfD als Protest hochzuspülen. Nirgendwo sind neue politische Ansätze, schon gar nicht in den Parteien, zu bemerken. Wie mir scheint, auch nicht in der öffentlichen Debatte.