Scharfschützenmorde in Kiew
Die Spur führt zum Rechten Sektor
Der kanadisch-ukrainische Politikwissenschaftler Ivan Katchanovski von der Universität Ottawa hat das Kiewer Blutbad des 20. Februar in Eigenregie untersucht. Akribisch wertete er monatelang Zeugenaussagen, Filmmaterial und Funkübertragungen aus, um den Massenmord im Zentrum der ukrainischen Hauptstadt zu rekonstruieren. Katchanovski belegt, dass auch Oppositionskräfte Scharfschützen einsetzten. Dabei nahmen die Maidan-Schützen nicht nur Polizisten, sondern auch die eigenen Leute und Journalisten unter Feuer. Die Spur führt zum Rechten Sektor.
Ein Telepolis-Interview mit Ivan Katchanovski: Aufklärung der Maidan-Morde: "Ich bin nicht sicher, wann ich wieder in die Ukraine reisen kann". Zum Jahrestag der Scharfschützenmorde in Kiew hat Ivan Katchanovski eine aktualisierte und ausgedehnte Analyse des Massakers veröffentlicht. Dazu siehe auch: Rückblick auf ein besonderes Jahr für den Kriegs- und Krisenjournalismus.
Kiew, 20. Februar 2014, gegen 10 Uhr: Reporter Gabriel Gatehouse und Kameramann Jack Garland stehen an der Ecke des Hotel Ukraina. Die beiden BBC-Leute filmen, wie Maidan-Kämpfer Verwundete von der vordersten Linie auf der Institutska-Straße in die Hotellobby zu den Sanitätern bringen. Für einen besseren Überblick laufen die zwei Korrespondenten zum Kinopalast auf der anderen Straßenseite. Dort sieht Gatehouse etwas: "Was ist das?", fragt er und meint damit ein offenes Fenster des nun seitlich gelegenen Hotels Ukraina.1
Im selben Moment schießt jemand aus eben diesem Fenster auf die Journalisten. Sie flüchten hinter Säulen, wo bereits Maidankämpfer auf das Fenster deuten. "Das Fünfte von links, das Zweite von oben", zählt Gatehouse die Fensterreihen durch. In einem Bericht für die BBC sagte er später "Ich habe den Schützen gesehen. Er trug den grünen Helm der Protestierenden."
Diese Episode des blutigen Eskalationshöhepunkts ist Teil der umfassenden Auswertung öffentlich zugänglicher Belege durch den Politikwissenschaftler Ivan Katchanovski von der Universität Ottawa. Er analysierte damalige Live-Übertragungen ukrainischer TV-Sender, aufgefangene Funkgespräche der Sicherheitskräfte, frei zugängliche Videos von den Ereignissen und Augenzeugenberichte.2 Gewalttätige Konflikte in der Ukraine sind ein Forschungsgebiet des Universitätslehrers. Seine Ermittlungen begann er aber auch, weil zuständige Institutionen sich schon vorher auf ein Ergebnis festgelegt hatten.
Der Westen fragte nicht nach
"Die Regierungen und Medien im Westen haben sofort akzeptiert, dass das Scharfschützenmassaker von Regierungskräften und auf direkten Befehl Janukowitschs ausgeführt wurde", sagt Katchanovski gegenüber Telepolis. Für die Thesen der damaligen Opposition gebe es jedoch keine schlüssigen Beweise. Dass Janukowitsch einen Massenmord befohlen haben soll, sei aus politikwissenschaftlicher Perspektive irrational, erläutert der Akademiker. "Janukowitsch und seine Verbündeten verloren dadurch all ihre Macht, große Teile ihres Reichtums und mussten aus der Ukraine fliehen."
Das "Maidan-Massaker" war der entscheidende Moment für den gewalttätigen Machtwechsel, ist sich der Politikwissenschaftler sicher. Der Sturz Janukowitschs habe dann auch zur Verschärfung des Konfliktes zwischen Russland und dem Westen und letztlich zum Bürgerkrieg im Donbass geführt. Deshalb sei eine genauere Auseinandersetzung mit den Ereignissen des 20. Februar in Kiew dringend nötig.
Mehr als sieben Monate lang wertete Katchanovski deshalb das gesammelte Material aus und kommt zu einem brisanten Ergebnis: Militante Maidankräfte waren massiv als Täter an den Morden vom 20. Februar in Kiew beteiligt. Sie initiierten das Blutbad mit Schüssen auf die Polizei und legten später auf die eigenen Leute an. Von mindestens zwölf Gebäuden in Hand der Maidanbewegung sei gefeuert worden.3 Die neue Regierung habe die anschließenden Untersuchungen verfälscht und halte wichtige Beweise bis heute zurück, sagt der Forscher.
Todesschützen vom Maidan zwingen Berkut zum Rückzug
In Deutschland so gut wie unbekannt: Der 20. Februar im Kiewer Stadtzentrum begann mit einem panikartigen Rückzug der Sonderpolizei Berkut, die zwei Tage zuvor noch große Teile der besetzten Innenstadt zurückerobert hatte. Die Spezialeinheit räumte das Feld, weil sie in den frühen Morgenstunden bereits 21 verletzte und drei tote Beamte durch Schusswunden zu beklagen hatte, rekonstruiert Katchanovski.4
Die Schüsse auf Berkut kamen aus dem Musik-Konservatorium, dem Hauptpostamt und weiteren Maidangebäuden, bestätigten unabhängig voneinander Videos, Augenzeugen und der Funkverkehr der Sicherheitskräfte. All diese Gebäude waren in Hand der Oppositionskräfte, schreibt der Universitätslehrer in seiner Analyse.5 Schon in den beiden Tagen zuvor soll von dort auf Polizisten geschossen worden sein.6
Gegen 9 Uhr leiteten die Berkut-Kommandeure den Rückzug ein. Bei einem kurzen Gegenangriffi bewaffneter Spezialeinheiten am Oktoberpalast (neben dem Hotel Ukraina), um eingeschlossene Polizisten aus dem Gebäude zu befreien, wurden auch Beamte dieser Spezialeinheiten beschossen. Insgesamt starben vom 18. bis zum 20. Februar 17 Polizisten in Kiew durch Schüsse, 196 weitere wurden durch Kugeln verwundet.
Schüsse vom Maidan auf Journalistenzimmer
Die Maidanschützen nahmen laut Katchanovski morgens und vormittags auch Journalisten im Hotel Ukraina ins Visier. Neben den BBC-Korrespondenten Gatehouse und Garland, die vom Hotel aus beschossen wurden, gerieten Reporter von Associated Press (USA), ABC-News (USA), TVP (Polen), Russia Today und der Australian Broadcasting Corporation in ihren Zimmern unter Feuer. Auch ein Hotelzimmer von ARD-Mitarbeitern wurde beschossen. Herkunftsort der Schüsse seien vom Maidan kontrollierte Gebäude gewesen - den Schussbahnen nach, erneut vor allem das Konservatorium und das Postamt, in dem der Rechte Sektor sein Hauptquartier aufgeschlagen hatte.
In westlichen Medien wurde der Beschuss der eigenen Journalisten zwar kurz registriert, rief jedoch keine nachhaltigen Fragen etwa nach Zweck und Schussrichtung hervor.7
Massenmord auf der Institutska
Das Hotel Ukraina war ab etwa 9 Uhr unter Kontrolle des Maidan, schreibt Ivan Katchanovski.8 Die Sonderpolizei Berkut und die Spezialeinheiten hatten sich (nach ihrem Gegenangriff) die Institutska-Straße aufwärts in Richtung der Präsidialadministration zurückgezogen. Die Maidan-Kämpfer rückten unmittelbar nach und wurden nun selbst zu Dutzenden Opfer von Scharfschützen ("Sniper").9
Fast zwei Stunden dauerte der Massenmord. Mehr als 30 Maidan-Kämpfer wurden an diesem Tag auf der Institutska erschossen. 49 Maidanaktivisten starben am 20. Februar insgesamt durch Schusswaffen. Das Blutbad hatten ukrainische Medien und die damalige Opposition sofort als Beweise für die Ruchlosigkeit Viktor Janukowitschs präsentiert. Und tatsächlich hatten Spezialeinheiten beim Rückzug und von einer Barrikade aus mit Kalaschnikows geschossen, was Videos und Einschusslöcher in Bäumen und Laternenmasten beweisen.
Aus "unerwarteten Richtungen" erschossen
Die meisten der auf der Institutska vorrückenden Maidankämpfer seien jedoch aus "unerwarteten Richtungen" erschossen worden, schreibt Katchanovski in seiner Analyse. Bereits ein Beitrag des ARD-Magazins Monitor vom April legte starke Indizien für einen Beschuss aus dem Hotel Ukraina im Rücken (also westlich) der Maidankämpfer vor. Katchanovskis Material bestätigt diesen Verdacht.
Zudem hat er jedoch Belege für zahlreiche weitere Todesschüsse aus nördlicher und südlicher Richtung entdeckt - alle aus Gebäuden, die seinen Recherchen nach von Maidankräften kontrolliert wurden. Die Scharfschützen von Polizei, Innenministerium und Inlandsgeheimdienst saßen hingegen auf den Regierungsgebäuden10 in östlicher und südöstlicher Richtung von der Todeszone auf der Institutska.
Von einem Dutzend Häuser feuerten die Todesschützen
Von mindestens zwölf Gebäuden aus sollen die Maidanschützen geschossen haben. Bei Katchanovski besonders im Fokus stehen der Oktoberpalast und der mit ihm verbundene Kinopalast, die genauso wie das Hotel Ukraina seit dem Berkut-Rückzug unter Maidankontrolle standen.11 Es gibt zahlreiche Zeugenaussagen über mindestens drei Schützen auf dem Oktoberpalast, erläutert Katchanovski. Auch auf Fotos und Videos sind sie zu sehen.12 Maidan-Selbstverteidiger fanden später mehr als 80 Patronenhülsen auf dem Dach.13
Auch zahlreiche Einschusslöcher in den Bäumen der Todeszone deuten auf den Oktoberpalast, den Kinopalast und zwei Gebäude in der Museumgasse als Schützenstandort hin.
Zeitgleich zeigen Videos bewaffnete Spezialeinheiten, die im hinteren Bereich der Institutska bei Regierungsgebäuden und der Nationalbank postiert sind.14 Auch sie stehen hinter Bäumen und Mauern in Deckung, weil sie dort beschossen wurden. Später erscheinen Regierungs-Scharfschützen, die offene Fenster des Hotel Ukraina anvisieren. Laut Katchanovski versuchten sie "Sniper" im Hotel zu lokalisieren.15
Unbewaffnete Helfer werden zu Zielen
Spätestens um 11:20 Uhr gab es keine Schüsse mehr auf der Institutska. Auf dem Maidan hingegen ging das Töten weiter. Auffällig, dass es hier nun keine Kämpfer, sondern mehrheitlich harmlose Helfer und auch völlig Unbeteiligte traf.
In westlichen Medien hatte besonders der Fall der angeschossenen Sanitäterin Olesja Schukowska Aufsehen erregt, da sie unmittelbar, nachdem sie um 11:43 Uhr am Hals getroffen wurde, die Nachricht twitterte: "Ich sterbe." Die Medizinstudentin hatte Glück und überlebte, obgleich sie in sozialen Netzwerken bereits für tot erklärt worden war. Auch deutsche Medien stürzten sich auf die Geschichte - aber wer da eigentlich warum geschossen hatte, war ihnen nicht wichtig.
Der Eintrittswunde und Augenzeugen nach zu urteilen, kam auch der Schuss auf Schukowska vom Dach des Hauptpostamts am Maidan, schreibt Ivan Katchanovski. Das Gebäude war Sitz des Rechten Sektors. Ein Mann, der bei der Sanitäterin stand, wurde ebenfalls aus dieser Richtung erschossen. Bereits zwischen 10 und 11 töteten die Todesschützen den Bühnenbildner Andrij Movchan, als er auf dem Maidan Essen verteilte.
Gegen 16 Uhr schoss ein Scharfschütze dem völlig unbeteiligten Volodymyr Melnitschuk in den Kopf, als dieser gerade telefonierend neben seiner Frau vor dem Oktoberpalast stand. Der Schuss kam erneut aus dem Hotel Ukraina.16
Die Todesschützen sind Maidankräfte
Während des ganzen Tages warnten Aktivisten, Kämpfer, Redner auf der Bühne und andere Augenzeugen vor Heckenschützen aus verschiedenen Maidangebäuden.17 Die "Selbstverteidiger" starteten nach eigener Auskunft mehrere Hausdurchsuchungen. Doch obwohl die Positionen der Schützen bekannt waren und Maidankämpfer vollen Zugang zu den Gebäuden hatten, gelang es ihnen während des stundenlangen Massakers nicht, die Schützen zu lokalisieren. In diesem bemerkenswerten Versagen sieht Ivan Katchanovski einen wichtigen Hinweis darauf, dass die Täter selbst aus dem Maidanspektrum kommen.18
Zudem zeige der Vergleich von Kugeln, Eintrittswunden und Art der Verletzungen, dass Polizisten und Maidankämpfer von denselben Schützen getötet wurden. Dutzende Aktivisten wiesen Schusswunden von hinten, von der Seite und von oben auf. 17 von ihnen seien laut Parlamentarischer Kommission mit großen Schrotkugeln19 für die Jagd getötet worden. Aus dem Hotel Ukraina sei zudem mit einem sowjetischen Karabiner geschossen worden. Eine veraltete Waffe, die gar nicht zur Polizeiausstattung gehöre, die aber sehr wohl als private Jagdwaffe im Umlauf sei.
Hinzu kommt, dass ausgerechnet die Anführer des Maidan nicht beschossen wurden. Alexander Turtschinow, wenige Tage später Übergangspräsident, Swoboda-Führer Oleg Tjagnibok oder Oleg Ljaschko, radikaler Gegner Janukowitschs, hielten während der Scharfschützenmorde ungestört anklagende Reden auf der Maidanbühne.
Die Fäden laufen beim Rechten Sektor zusammen
Für Katchanovski legen die Beweise nahe, dass "rechtsradikale Maidanelemente" das Massaker organisiert haben: Gefeuert wurde während des Tages konstant aus dem alten und neuen Hauptquartier20 des Rechten Sektors (Gewerkschaftshaus und Hauptpost) sowie aus dem Quartier einer Spezialkampftruppe mit Kriegserfahrung (Musik-Konservatorium), die kurz zuvor unter Beteiligung des Rechten Sektors aufgestellt wurde.21
Besonders auffällig sei, dass der Rechte Sektor beim Scharfschützenmassaker nicht zu sehen war, betont Katchanovski. Die Truppe die sonst bei jeder Auseinandersetzung mit der Polizei an vorderster Front stand, war nun stundenlang untergetaucht.22 Dies sein ein starker indirekter Beweis - frei nach Sherlock Holmes "der Hund, der nicht bellte", schreibt der Politikwissenschaftler.
Rechtsradikale waren bewaffnet
Dass die militanten Rechtsradikalen Schusswaffen hatten, steht fest.23 Am Abend des 21. Februar drohte der Führer des Rechten Sektors, Dmitro Jarosch, mit einem bewaffneten Angriff auf die Präsidialadministration und Regierungsgebäude, wenn Janukowitsch nicht zurücktrete.
Zwei Nächte zuvor sahen Augenzeugen vom Maidan, dass organisierte und mit Gewehren bewaffnete Kampfgruppen aus der Westukraine ankamen und ins Konservatorium zogen, schreibt Katchanovski. Im Westteil des Landes waren gerade zahlreiche Jagdgeschäfte, Polizeistationen und Waffenlager anderer Sicherheitskräfte geplündert worden. Unter anderem seien dabei 59 Sturmgewehre (AKMS) und zwei Scharfschützengewehre (SWD) in den Besitz der Plünderer übergegangen.
Generalstaatsanwalt: Keine Hinweise auf Schützen vom Maidan
"Die Generalstaatsanwaltschaft und andere Regierungsstellen haben die Ermittlungen zum Massaker absichtlich verfälscht", betont Katchanovski gegenüber Telepolis. Die schleppenden und schlampigen Untersuchungen legten nahe, dass die Regierung die Täter deckt, weil diese zum Maidan gehören.
Bei einer Pressekonferenz am 19. November verkündete die Staatsanwaltschaft, dass sie nach ausgiebigen Untersuchungen keine Hinweise auf "Sniper" im Hotel Ukraina oder irgendeinem anderen Maidangebäude entdeckt hätte. Die Sonderpolizei Berkut habe fast alle Protestierenden mit Kalaschnikows und Jagdmunition getötet. Nun seien viele dieser Schützen in Russland untergetaucht, behaupten die neuen ukrainischen Machthaber.
Außer den Videos des kurzen Gegenangriffs einer Spezialeinheit kurz nach 9 Uhr am Oktoberpalast habe Generalstaatsanwalt Vitali Jarema jedoch keine Beweise für eine Täterschaft der Spezialeinheiten vorgelegt, kritisiert Katchanovski. Es sei nicht auszuschließen, dass auch die Polizei Maidankämpfer erschossen habe.24 Doch die Ergebnisse der ballistischen und medizinischen Untersuchungen des Massakers wurden bis heute nicht veröffentlicht. Zudem verschwanden entscheidende Beweise, wie Projektile und Waffen unter den neuen Machthabern. Die Schüsse auf Polizisten wurden gar nicht erst untersucht, schreibt der kanadische Politikwissenschaftler.
Massenmord erzwingt Machtwechsel
Die blutigen Ereignisse dieses Tages erscheinen irrational, der Tod von gut 50 Menschen völlig sinnlos. Doch aus einer rein instrumentellen Perspektive hatte das Massaker durchaus eine Funktion, meint Katchanovski: Es erzwang den Machtwechsel.
Der Massenmord führte der Welt vor Augen, zu welcher Unmenschlichkeit das damalige "Regime" angeblich in der Lage war. Janukowitsch verlor auch in seiner eigenen Partei jeglichen Rückhalt, die Polizei musste sich zurückziehen und Maidanführer übernahmen die Macht.
"Maximales Chaos"
"Erst die Sniper-Attacken vom 20. Februar brachten das alte Regime zum Einsturz", sagt auch der Schweizer Historiker und Friedensforscher Daniele Ganser gegenüber Telepolis. Er forscht seit vielen Jahren zum Thema inszenierter Terrorismus. Grundsätzlich passe ein Vorgehen, wie es Katchanovski für die Ukraine beschreibt, durchaus zur Taktik der verdeckten Kriegführung:
Durch den Terror wird aktiv Angst und Spannung produziert. Danach wird die Aktion im Sinne einer Operation unter falscher Flagge, dem politischen Gegner angehängt. Dadurch wird dieser diskreditiert. Danach werden die Spuren verwischt.
Die Akteure aller Konfliktparteien zu beschießen, schafft maximales Chaos und Verwirrung, erläutert der Wissenschaftler vom Swiss Institute for Peace and Energy Research (SIPER) in Basel. Mit dem Taksim-Massaker 1977 in der Türkei gebe es sogar ein historisches Vorbild. Katchanovski legt mit seiner Arbeit die "Lupe auf die richtige Stelle", sagt Ganser.
Genau wie das Blutbad von 1977 sind jedoch auch die Scharfschützenmorde von Kiew bislang unaufgeklärt. Die Beweise legen zwar nahe, dass dem Rechten Sektor eine Schlüsselrolle zufalle. Doch die Identität der Mörder und vor allem ihrer Hintermänner bleibt weiter unklar, kritisiert Ivan Katchanovski. Er fordert neue Ermittlungen und kritisiert westliche Regierungen. Von dort habe es bislang kaum Reaktionen gegeben.
"Jetzt muss geklärt werden, wer die Sniper waren", fordert auch Daniele Ganser. "Sonst können wir den Regierungssturz in der Ukraine 2014 nie verstehen."