Schillernde Klima-Versprechen und unverschämte Vergleiche
Seite 2: Der Kanzler entgleist
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Auf dem Katholikentag in Stuttgart machte er sich zunächst mal wieder Sorgen um die Arbeiter im Braunkohletagebau (20.000 mit angeschlossenen Kraftwerken), vergaß aber irgendwie die etlichen Zehntausend Arbeitsplätze zu erwähnen, die in den letzten zehn Jahren teils mit Beteiligung der Sozialdemokratie zunächst in Solarindustrie und -handwerk und dann in der Windindustrie vernichtet wurden.
Auf erboste Zwischenrufe aus dem Publikum und den Versuch einer Person, die Bühne zu entern, reagierte er sodann, indem er die im Saal anwesenden Aktivistinnen und Aktivisten vom "Aufstand der letzten Generation" mit Nazis verglich. Seine Sprecherin hat dies später laut Tagesschau als absurd abgestritten, doch in dem verlinkten Mitschnitt ist klar folgendes zu hören:
Diese schwarz gekleideten Inszenierungen bei verschiedenen Veranstaltungen von immer den gleichen Leuten erinnern mich an eine Zeit, die lange zurückliegt.
Bundeskanzler Olaf Scholz
Bei engagierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie in der Fridays-for-Future-Bewegung haben Scholz Äußerungen für helle Empörung gesorgt. In einem inzwischen von über 50.000 Personen unterzeichneten offenem Brief heißt es:
Wir, die Unterzeichnenden, sind entgeistert. Wir fordern keine Rechtfertigung. Eine solche Gleichsetzung ist nicht zu rechtfertigen. Wir fordern eine Klarstellung. Eine Klarstellung, dass Sie sich nach wie vor dem Pariser Klimaziel verpflichtet sehen und wir fordern und brauchen einen Plan, wie Sie dies einhalten werden.
Offener Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz
Kann es vielleicht sein, dass der Bundeskanzler den Ernst der Lage noch immer nicht verstanden hat? Oder handelt es sich um ein Nichtverstehen-Wollen, die Voraussetzung für seine Karriere gewesen ist?
Immerhin begleitet uns die Debatte um Klimawandel und Klimakrise bereits seit fast 40 Jahren, und die ersten Berichte der Bundestags-Enquetekommission "Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre" wurden bereits 1987 veröffentlicht, also zu einer Zeit, als ein lockenköpfiger Olaf Scholz noch stellvertretender Bundesvorsitzender der Jungsozialisten war.
Was möglich wäre
Zum Abschluss dieser wie immer leider unvollständigen Wochenschau – unter anderem hätte hier noch gewürdigt werden müssen, dass die Grünen in Nordrhein-Westfalen drauf und dran sind, für eine Regierungsbeteiligung der Zerstörung Lützeraths zuzustimmen – noch ein Blick über die Landesgrenzen und zurück:
Wir haben bereits berichtet, dass Siemens in großem Umfang Bahntechnologie an Ägypten liefern wird.
Für 8,1 Milliarden Euro bekommt das nordafrikanische Land 41 Hochgeschwindigkeitszüge, 94 Regionalzüge und 41 Güterlokomotiven. Außerdem im Preis enthalten: Modernste Bahninfrastruktur-Technik, acht Betriebs- und Güterbahnhöfe sowie ein Wartungsvertrag über 15 Jahre.
Das ist für die Verkehrspolitik der rasch wachsenden Nation erfreulich und sicherlich auch für die deutsche Exportindustrie. Dass deutsche Bahntechnologie jenseits der EU Abnehmer findet, ist heutigentags keine Selbstverständlichkeit mehr.
In Afrika werden die meisten neuen Eisenbahnlinien von chinesischen oder auch türkischen Unternehmen gebaut, und während hierzulande viel Gehirnschmalz und Wahlkampf-Heißluft für die Entwicklung autonomer Autos und Flugtaxis verschwendet wird, verkehren in Santiago de Chile längst fahrerlose Metrozüge made in China.
Interessant ist aber, nebenbei bemerkt, was für 8,1 Milliarden Euro alles möglich ist, einer Summe, die ziemlich genau jenen neun Milliarden Euro entspricht, die im Frühjahr 2020 der Lufthansa hinterhergeworfen wurde, um das Unternehmen und vor allem den Aktienkurs seiner Eigner zu stützen.
Da fragt man sich schon, weshalb eines der reichsten Länder der Erde ein so ausgedünntes, technisch veraltetes, unpünktliches und schlecht aufeinander abgestimmtes Eisenbahnnetz hat und weshalb überall auf dem Land die Bahnhöfe verkommen. Wie wäre es mit einem kleinen Sondervermögen zur Sanierung der Deutschen Bahn statt eines 100-Milliarden-Euro-Pakets zur Aufrüstung für den nächsten Weltkrieg.