Schillernde Klima-Versprechen und unverschämte Vergleiche

Zug der Baureihe "Velaro", dem Prunkstück des jüngsten Export-Erfolgs von Siemens. Archiv-Bild (2010): Stephan Preißler/CC BY-SA 3.0

Energie und Klima – kompakt: G7 lässt Klimaschutzseifenblasen steigen, während der Bundeskanzler entgleist und sich bei Klimaschützern an die Nazizeit erinnert fühlt

Die G7-Energie- und Klimaministerinnen und -minister haben sich Ende der Woche mal wieder vollmundige Versprechen abgegeben. Auf einem Treffen in Berlin – Deutschland hat in diesem Jahr die Präsidentschaft der Gruppe der größeren westlichen Industriestaaten inne – haben sie am Freitag ein Kommuniqué mit diversen Absichtserklärungen zum Klimaschutz verabschiedet. Der Gruppe gehören neben Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien, Japan, Kanada und die USA an.

Bis 2035 soll der Stromsektor "überwiegend" dekarbonisiert sein, das heißt, keine Treibhausgasemissionen mehr produzieren. Auch sollen die Methanemissionen bis 2030 um 34 und bis 2040 um 44 Prozent reduziert werden.

Das wäre in der Tat ein wichtiger Schritt, denn Methan ist zwar im Vergleich zum Kohlendioxid (CO2) ein kurzlebiges Gas, von dem rund die Hälfte bereits 14 Jahre nach der Emission abgebaut ist, aber ein einzelnes Methan-Molekül ist um ein Vielfaches wirksamer als ein CO2-Molekül. Daher könnte eine rasche Reduktion der Methanemissionen die Klimaveränderungen etwas abbremsen.

Methan wird unter anderem bei der Brandrodung, aus Reisfeldern und aus Rindermägen freigesetzt. Vor allem entweicht es aber bei der Förderung und beim Transport von Erdgas. Zum Beispiel werden Gaspipelines oft einfach in die Atmosphäre entleert, wenn an ihnen Reparaturen vorgenommen werden müssen. Flüssiggastanker müssen regelmäßig Gas ablassen, weil dieses sich in den Spezialbehältern unweigerlich erwärmt und damit den Druck gefährlich ansteigen lässt.

Seit Mitte des ersten Jahrzehnts steigt die Methankonzentration in der Atmosphäre wieder an, nach dem sie zuvor rund zehn Jahre stabil war. Die Methanemissionen wachsen also wieder und ihr erneuter Anstieg fällt mit dem Beginn des Frackinggasbooms in den USA zusammen.

Habeck für und gegen Klimaschutz

Das sind alles keine Neuigkeiten und der direkte Zusammenhang mit dem Fracking in den USA ist durch Satellitenmessungen seit einer ganzen Reihe von Jahren nachgewiesen. Trotzdem hat der gleiche Minister, Robert Habeck, der am Freitag seine Hand für das Abschlusskommuniqué gehoben hat, noch vor wenigen Wochen ein LNG-Beschleunigungsgesetz formulieren lassen, das den raschen Bau von mehr als einem halben Dutzend Flüssiggasterminals an den Küsten erlauben soll. Wie vor einer Woche an dieser Stelle bereits gemeldet, werden diese vor allem Frackinggas aus den USA anlanden.

Aber wie dichten die G7-Minister so schön in ihrer Erklärung: "(…) das Auslaufen der anhaltenden globalen Investitionen im Sektor der fossilen Energieträger ist unverzichtbar, um die Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius nicht unmöglich zu machen."

Auch schön der Satz: "Wir betonen, dass Subventionen für fossile Kraftstoffe inkonsistent mit den Zielen der Pariser Übereinkunft sind." Papier ist sehr geduldig, müssen sich Habeck und seine grünen Staatssekretäre gedacht haben, die als Gastgeber den Text größtenteils erarbeitet haben dürften.

Verabschiedet wurde er fünf Tage, bevor am heutigen Mittwoch der sogenannte Tankrabatt in Kraft trat, die vorübergehende Absenkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe, der der Öffentlichkeit als Unterstützung für Pendler verkauft wird.

Tatsächlich ist es aber wohl eher ein Bonus für Vielverbraucher mit großen Autos. Pendler mit niedrigen Einkommen hätten jedenfalls auf anderem Wege entlastet werden können, ohne zugleich Anreize für größeren Verbrauch zu schaffen.

Zu wenig Regen

Derweil war der Mai deutschlandweit mal wieder viel zu trocken, heißt es in einer Bilanz des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Daran haben auch heftige Gewitter und Starkregenereignisse wenig geändert.

Mit 50 Liter im landesweiten Durchschnitt erreichte der Niederschlag nur 70 Prozent des langjährigen Mittelwertes für Mai. Besonders betroffen war einmal mehr der Osten Deutschlands, den die vom Süden und Westen heranziehenden Niederschläge besonders selten erreichten.

Entsprechend verbirgt sich hinter dem durchschnittlichen Niederschlagsdefizit von 30 Prozent eine extrem ungleiche Verteilung. Während im Windschatten der Mittelgebirge regional nur zehn Liter pro Quadratmeter fielen, waren es im äußersten Süden Bayerns vereinzelt bis zu 180 Liter Niederschlag pro Quadratmeter.

Mit 14,4 Grad Celsius im landesweiten Durchschnitt war es im vergangenen Monat auch viel zu warm, selbst gemessen am Durchschnitt der letzten drei Jahrzehnte (1991 bis 2020), der um 1,3 Grad Celsius übertroffen wurde. Im Vergleich zur international üblichen Referenzperiode 1961 bis 1990 war es sogar um 2,3 Grad Celsius zu warm.

Ähnliches gilt für das ganze Frühjahr, also die Monate März bis Mai. Hier bilanziert der DWD eine landesweite Durchschnittstemperatur von neun Grad Celsius, was 1,3 Grad Celsius über dem Durchschnitt der Jahre 1961 bis 1990 liegt. Zugleich war das vergangene Frühjahr eines der sonnenscheinreichsten seit Beginn der 1950er-Jahre.

So weit reichen die entsprechenden flächendeckenden Aufzeichnungen des DWD zurück. Temperaturdaten werden hingegen bereits seit etwa 1880 in ausreichender Dichte und Qualität gemessen und dokumentiert, um Aussagen über den landesweiten Durchschnitt zu erlauben.

Ansonsten war nicht nur der Mai, sondern das ganze Frühjahr viel zu trocken. Der DWD zählt das neunte zu trockene Frühjahr in Folge. Im landesweiten Durchschnitt wurden nur 73 Prozent des Klimasolls erreicht. Am trockensten waren die Uckermark im Nordosten Brandenburgs, der Oderbruch und das Thüringer Becken. Dort fielen in den zurückliegenden Monaten teils weniger als 40 Liter pro Quadratmeter.

Absurde Urteile

Der Klimawandel macht also eher Überstunden als Pause. Doch hierzulande scheint es immer noch nicht in allen Amts- und Richterstuben angekommen zu sein. Oder wie sonst ist der obsessive Drang zu erklären, junge Umweltschützer zu diskreditieren, zu kriminalisieren und mit absurden Strafen zu überziehen?

Münchner Richter haben etwa kürzlich mehrere junge Aktivisten zu 30 Tagessätzen à 60 Euro beziehungsweise 20 Euro und im Falle einer Minderjährigen zu drei Beratungsgesprächen verurteilt. Ihr Vergehen: Sie sollen im vergangenen Jahr auf einem Protestcamp gegen die Internationale Automobilausstellung Plakate mit einem Bild von Abdullah Öcalan, dem Gründer der kurdischen Arbeiterpartei PKK, aufgehängt haben.

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz teilte dieser Tage reichlich gegen Klimaschützer aus.