Schlaue Mädchen, böse Mädchen

Umfragen in England: Jungen haben Benimm gelernt, Mädchen die besseren Noten

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Laut Umfragen in England sollen sich Jungen jetzt besser benehmen als vor zwanzig Jahren; Mädchen sollen dagegen die Unarten der früheren Jungs-Generation übernommen haben, aber generell in der Schule immer besser abschneiden.

854 Schüler an der englischen Südküste im Alter zwischen 14 und 15 Jahren hat Professor Colin Pritchard von der Bournemouth University nach ihrer Einstellung zu Gewalt, Diebstahl, Schuleschwänzen, Sex und Drogen befragt, ihre Antworten mit denen von 824 Schülern aus einer ähnlichen Studie von 1985 verglichen und ist auf eine „good news“ gestoßen.

Anders als erwartet würden die Jugendlichen generell jetzt weniger „problematisches Verhalten“ indizieren als die befragte Gruppe von 1985; diejenigen mit problematischen Verhaltensweisen in Bezug auf Gewalt, Drogen, Alkohol und Sex seien deutlich in der Minderheit.

Als problematisch gilt, was den letzten Punkt betrifft, wohl vor allem das Einstiegsalter, erwähnt wird ein nicht ungewöhnliches Phänomen, nämlich dass mehr Mädchen (31%) als Jungen (17%) im Alter von 15 Jahren bereits ihre erste Erfahrungen - „FSI (first sexual intercourse)“ - gemacht haben. Aus solchen Daten wird dann geschlossen, dass Mädchen größere sexuelle Aktivität an den Tag legen als die gleichaltrigen Jungs.

Mehr Koma-Trinkerinnen

Generell zeigen die Daten der neuen Untersuchung, dass die männlichen Jugendlichen der heutigen Generation wahrscheinlich „Bad Boy“-Verhaltensweisen abgelegt hätten. Nach ihren Angaben stehlen Jungen „weniger wahrscheinlich“, schwänzen weniger wahrscheinlich die Schule, vandalisieren, rauchen und greifen weniger wahrscheinlich zu Drogen als die Generation ihrer Väter. Verantwortlich für diesen positiven Trend ist nach Pritchards Ansicht der bessere Unterricht und das verbindlichere Klima an den Schulen, die mehr Engagement verlangen.

Die englischen Jungen haben sich demnach positiv verändert, die Mädchen aber, so die schlechte Nachricht von Pritchard, zum Schlechteren. Sie würden mehr zu Prügeleien neigen als die frühere Generation. Während der „Fighting“-Prozentsatz der Jungen im Jahr 1985 von 42% auf 19 Prozent im Jahr 2006 gefallen ist, steigerte sich derjenige der Mädchen von 11 auf 16 Prozent. Mädchen hätten jetzt, was unerlaubtes Fernbleiben von der Schule und Stehlen betrifft, ähnliche Werte wie Jungen.

Und, so das spektakulärste Ergebnis der Pritchard-Umfrage, die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mädchen bis zum Koma trinkt („binge drinking“) und raucht, sei jetzt deutlich höher (23 %) als bei den Jungen (11%).

Doch manche Formulierungen lassen es erahnen: Die Untersuchung hat eine nicht unbedeutende Unschärfe: Sie wurde mittels anonymer Fragebögen durchgeführt, weswegen, wie die englische Zeitung Times listig dazu anmerkt, „uns die Studie nichts sagt über die Wahrscheinlichkeit, ob Jungen oder Mädchen anonyme Fragen ehrlicher beantworten.“

Ob da Imagepflege der medienschlauen Jugendlichen im Spiel ist, die es den Boys angeraten sein lässt, sich eher als brav darzustellen, wohingegen es für die Mädchen ganz reizvoll sein kann, sich als „bad girl“ darzustellen?

Bessere Noten für die Mädchen

Mit etwas handfesteren, wenn auch umstrittenen Fakten, argumentiert eine andere Untersuchung an 1500 englischen, staatlichen wie unabhängigen Schulen: Noten. Demnach schneiden Mädchen durchwegs „weit besser“ ab als gleichaltrige Jungen. Mit einer bis zu 11,5 Prozent größeren Wahrscheinlichkeit würden Mädchen “A-level“ oder „B-level“-Ergebnisse erhalten als Jungen – und diese Kluft, so der Alarm von der Insel, werde in den letzten Jahren immer größer.

Eindeutige, schlüssige Erklärungen für diese Kluft zwischen den Geschlechtern („gender gap“) wurden nicht gefunden. Eine der wenigen Schulen, das Kent College in Canterbury, bei denen männliche Schüler besser abschnitten, führt dies darauf zurück an, dass man dort die Lehrmethoden geändert habe: Man gehe mehr auf die einzelnen Schüler ein, auf deren persönliche Lernmethoden und –ziele. Was die Frage suggeriert: Brauchen Jungen heute mehr Zuwendung?