USA erwägen nukleare Marschflugkörper auf U-Booten
Militärexperten sehen Nachteil gegenüber Russland und China. Doch eine neue Bewaffnung hätte Risiken. Warum die Washington Post einen anderen Weg vorschlägt.
In sicherheitspolitischen Kreisen der USA wird erwogen, atomar bestückte Marschflugkörper auf U-Booten zu stationieren. Dieser Schritt könnte auf eine zugespitzte Abschreckungsstrategie vor dem Hintergrund wachsender Spannungen mit China und Russland hindeuten. Darüber berichtet die US-amerikanische Marinefachzeitschrift USNI News.
Nuklear bewaffnete Marschflugkörper auf U-Booten
USNI News berichtet, dass die US-Regierung und die US-Marine die Möglichkeit erwägen, nuklear bewaffnete Marschflugkörper (SLCM-N) von modifizierten U-Booten der Virginia-Klasse aus einzusetzen.
Vizeadmiral Johnny Wolfe, Direktor des Strategischen Systemprogramms der US-Navy, sprach bei einer Anhörung im US-Senat in diesem Monat über die Komplexität und Unsicherheiten, die mit der Umrüstung von Angriffs-U-Booten der Virginia-Klasse für den Einsatz von SLCM-N verbunden sind. Wolfe betonte die vorläufige Natur der Kostenschätzungen und die Notwendigkeit von Flexibilität im Programm.
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Senator Mark Kelly von den regierenden Demokraten äußerte diesbezüglich Bedenken. Seiner Meinung nach würde eine solche Umrüstung mit den neuen Trägersystemen zu Lasten der Torpedokapazitäten und anderer strategischer Waffenprogramme gehen.
Nukleares Wettrüsten
Die USA befinden sich in einem nuklearen Wettrüsten, während China und Russland mit taktischen Waffen geringer Sprengkraft auftrumpfen. Die in Hongkong erscheinende Asia Times berichtete im Juni vergangenen Jahres, dass sich die seegestützten Nuklearwaffen der USA derzeit auf strategische ballistische Raketen (SLBM) beschränken, die von U-Booten abgefeuert werden.
China und Russland hingegen konzentrieren sich auf die Entwicklung taktischer Nuklearwaffen mit geringer Sprengkraft, die konventionelle militärische Operationen unterstützen sollen. Der Einsatz dieser Waffen wurde im Rahmen der russischen Strategie der "Eskalation zur Deeskalation" bereits mehrfach öffentlich diskutiert, auch im Ukraine-Krieg.
Die Betonung der Abschreckung auf strategischer Ebene könnte nach Ansicht US-amerikanischer Fachautoren zu einem Gefälle zwischen den USA und ihren engsten Rivalen geführt haben. Erst die Nachrüstung mit SLCM-N würde eine taktische nukleare Schlagkraft bieten, um die taktischen Nuklearwaffen Chinas und Russlands auszugleichen.
Möglicher Strategiewechsel
Angesichts wachsender Spannungen könnten die USA daher erwägen, ihre maritime Strategie zu ändern und taktische Nuklearwaffen mit geringer Sprengkraft als Abschreckung gegen die wachsenden militärischen Fähigkeiten Chinas einzusetzen.
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In der Fachzeitschrift Real Clear Defense hatte der Autor Joe Varner im Mai argumentiert, dass die USA taktische Nuklearwaffen zur Abschreckung Chinas und anderer potenzieller Aggressoren einsetzen sollten. Varner forderte, die USA müssten eine Strategie mit offensiv ausgerichteten taktischen Atomwaffen auf Kriegsschiffen umsetzen.
Kritik an geplanter Einsatzstrategie
Kritiker argumentieren, dass der von den USA vorgeschlagene Einsatz von SLCM-N mehr Schaden als Nutzen anrichten könnte und schlagen stattdessen vor, sich auf diplomatisches Engagement und strategische Stabilität zu konzentrieren.
Die Washington Post argumentiert in einem Artikel vom August 2023, dass die Platzierung von SLCM-Ns an Bord von US-U-Booten auf Kosten ihrer primären Mission gehen würde: der Feinderkennung.
Ferner wies die Washington Post auf die finanziellen Auswirkungen eines solchen Programms hin. Der Unterhalt der Cruise-Missiles und ihrer Sprengköpfe würde innerhalb eines Jahrzehnts rund zehn Milliarden US-Dollar kosten.
Das Blatt weist auch darauf hin, dass die USA bereits über drei taktische Nuklearwaffensysteme verfügen: die Schwerkraftbombe B61, den luftgestützten Marschflugkörper W80 und die SLBM Trident W76-2.
In einem Artikel für das Bulletin of Atomic Scientists vom Oktober 2023 argumentiert Andrew Facini, dass die Besessenheit der USA mit der Hardware und den militärischen Fähigkeiten, Chinas wachsendem Nukleararsenal entgegenzutreten, zu Instabilität und einem potenziellen Atomkrieg führen könnte.
Facini argumentiert, dass die USA stattdessen ein gegenseitiges Verständnis entwickeln und risikomindernde Maßnahmen mit China einführen sollten, um eine Eskalation zu vermeiden.