Schüttel-Party mit Hasen

Rayman Raving Rabbids spielt die Möglichkeiten der Wii aus

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Für Party-Spiele ist die Wii eine denkbar dankbare Plattform. Noch bevor Nintendo den Minispiel-Klassiker WarioWare im Januar auf den Markt bringt, schickt Ubi Soft sein Maskottchen Rayman in das (für ihn) neue Genre.

Rayman et circenses

Vor fünf Jahren, als GameCube, PS2 und XBox sich Next Generation nennen durften, hatten es die Publisher und Entwickler einfacher als bei der heutigen NextGen: Sie entwickelten Spiele für alle drei Systeme, Anpassungen reduzierten sich vor allem auf Grafik, Sound und Internet-Verbindung. Die Schere zwischen dem Multimediawunder PS3 und dem Steuerungskonzept der Wii (vgl. Weiterer Kampf der Spielkonsolen?) erschweren die plattformübergreifende Spieleentwicklung. Gerade die Wii lebt von speziell zugeschnittenen Titeln (Schütteln und Rütteln vor dem Bildschirm). Mit grafisch abgespeckten Portierungen, die mühsam versuchen herkömmliche Gamepad-Steuerung auf die Wii Remote zu übersetzen, verkommt sie zum hübscheren GameCube.

Ubi Soft gehört nun zu den wenigen Publishern, die ein Third-Party-Spiel zum Start ins Rennen schicken, das speziell für die Wii entwickelt wurde, auch wenn es bereits für andere Plattformen angekündigt ist. Rayman Raving Rabbids hat mit den älteren Rayman-Spielen (vgl. Erfrischend skurriler Held) lediglich die Hauptfigur und den skurrilen Humor gemein. Statt auf Jump'n'Run setzt Ubi Soft mit seiner bekanntesten Figur auf Minispiele à la WarioWare. Der europäische Videospielheld, der 1995 sein Debüt auf der Playstation feierte, folgt damit der Tradition japanischer Veteranen wie Nintendos Mario und Segas Sonic, die ihre eigenen Party-Spiele haben.

RRR besteht aus den zwei Spielvarianten Abenteuer- und Punktemodus. Im Abenteuer wird Rayman von den wütenden Rabbids – einer Wortverschmelzung von rabid und rabbit, die in der deutschen Fassung als Hasen durchgehen - entführt und muss in einer Arena diverse Herausforderungen bestehen. Durch vier Türen gelangt er zu verschiedenen Mini Games. Hat der Held mindestens drei Herausforderungen bestanden, öffnet sich ein Tor, hinter dem ein längeres Szenario wartet. Bewältigt Rayman auch diese Prüfung, beendet er den Tag und kommt zurück in seine Zelle, bis sich der Spieler der nächsten Runde widmet. Von Tag zu Tag werden die Minispiele freilich anspruchsvoller. Gleichzeitig steigert sich die Begeisterung der anfangs lethargisch zuschauenden Rabbids und als Gimmick der Komfort der Gefängniszelle.

Im Punktemodus entfällt der dünne Hauch von Story, sodass sich der Spieler mit den vorhandenen Rekorden und vor allem - und hierin liegt wie bei allen Party-Spielen der eigentliche Reiz - mit anderen Spielern messen darf. Offen stehen im Punktemodus nur jene Spiele, die schon im Abenteuermodus bewältigt wurden.

Die Minispiele nutzen kreativ die unterschiedlichen Möglichkeiten der Wii. So gilt es Linien auf dem Bildschirm nach zu zeichnen, die Controller einmal schnell, ein anderes Mal im Rhythmus auf und ab zu bewegen oder die Wii Remote zu kippen, um damit eine Kugel durch ein Labyrinth zu bewegen. Die Steuerung ist leicht eingängig und spricht damit besonders die Wii-Zielgruppe der Nicht-Gamer an, die bei typischen modernen Konsolentiteln bereits vom Handling des Gamepads mit seinen vielen Knöpfen und Funktionen abgeschreckt werden.

Abgedreht: Kuhweitwurf

Die Minispiele präsentieren sich in der Rayman-typischen Skurrilität: Der Videospielheld muss tollwütige Hasen mit Möhrensaft zurückdrängen, Würmer aus Hasenzähnen ziehen und eine Kuh nach Art eines Hammerwerfers schleudern. Sicherlich nicht jedermanns Geschmack, aber eben das, was den Europäer Rayman von den bekanntesten japanischen und amerikanischen Figuren unterscheidet. Besonderes Engagement haben die Spiele-Designer in die urkomische Mimik der Hasen investiert.

Der Rahmen des Außergewöhnlichen verschleiert, dass einige Minispiele einander spielerisch stark ähneln. Dieselben Bewegungsabläufe führen auf dem Bildschirm lediglich zu unterschiedlichen Resultaten. Schnelle Bewegung der Remote und des Nunchuk setzt Rayman in einem Spiel als Lauf- in einem anderen als Melkbewegung um. "Ältere" Spieler mögen sich dabei an das Joystick-Rütteln der Summer-, Winter- und weiteren Games in den achtziger Jahren erinnern. Wiederholung ist der Preis der Einfachheit und nach dem Aussortieren der Dubletten bleiben von den gut 70 Spielen immer noch zwei bis drei Dutzend abwechslungsreiche Spiele.

Geneigtes Gehirn

Dass die Mini Games unterschiedlich motivieren, liegt in der Natur der Partyspiele. Die bloßen Rüttelspielchen sind oft nicht nur inhaltlich, sondern auch vom Schwierigkeitsgrad zu simpel. Andere Spiele schaffen die Balance zwischen einfacher Steuerung und dennoch angemessener Herausforderung. Leicht zu lernen, aber anspruchsvoll zu meistern sind, beispielsweise die drei Mini Games, in denen der Spieler mit Kippbewegungen der Wii Remote einen (Gehirn)Irrgarten auf dem Bildschirm neigt, durch das eine Kugel an Löchern vorbei ins Ziel rollen muss: Eine Videospielumsetzung der Holzlabyrinthe, die besonders in den Siebzigern die Kinderzimmer bevölkerten.

Zu den Highlights gehören die Hasenjagdspiele, eine Comic-Variante von Segas House of the Dead. Der Spieler wehrt sich in Egoperspektive gegen Hasenhorden, die mit Spaten, explodierenden Paketen und vor allem Klostampfern bewaffnet auf ihn zustürmen. Die eigene Waffe: ebenfalls Klostampfer. Das virtuelle Alter Ego bewegt sich automatisch, sodass der Spieler sich auf das Zielen mit der Wii Remote als Ersatz für die Light Gun des Spielhallenklassikers konzentriert.

Hasenjagd in der Gruft

Rayman Raving Rabbids ist - passend zur Philosophie der Wii - kein Titel für Hardcore-Gamer, sondern ein Party-Spiel, das auch aus Freunden mit geringer Videospiel-Affinität Mitspieler macht. Der Abenteuermodus ist mehr notwendige Pflicht zum Freischalten der Minispiele. Seine Stärken zeigt RRR im Mehrspieler-Modus, dem leider der passende Rahmen wie beispielsweise ein Wettbewerb mit mehreren zufällig gewählten Spielen fehlt. Derzeit muss sich Rayman auf der Wii nur mit Segas Super Monkey Ball Banana Blitz messen. Im Vergleich zu den japanischen Affen sind Raymans Minispiele weniger abwechslungsreich, punkten aber hinsichtlich der einfacheren Steuerung. Im Januar wird sich zeigen, wie Nintendo selbst mit WarioWare Smooth Moves das Partyspiel-Genre auf der Wii umsetzt.