Science March: Spät, aber wichtig

Seite 3: Nicht nur an Trump denken

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Trump und seine Administration bieten genügend Gründe zum Protest; es gibt aber auch genügend Gründe, kritisch im eigenen Bereich zu sein: Für Kritik ist aber oft kein Platz, schlicht weil Forschende erfolgreich sein müssen und es sich dabei nicht leisten können, sich mit der Scientific Community (sprich: den möglichen Peer Reviewern) anzulegen.

Wer es bereits auf eine gute Stelle geschafft hat, beherrscht offensichtlich die Spielregeln und ist vielleicht auch schon so angepasst, dass von ihm oder ihr kein Impuls für eine Veränderung mehr zu erwarten ist. Der große Rest, wie das oben genannte Heer an Postdocs, muss im Interesse der eigenen Karriere schlicht gute Miene zum bösen Spiel machen.

Forschung als Tätigkeit ist Suche nach neuen Erkenntnissen. Diese entstehen aus einer stets durch Irrtum und Selbsttäuschung gefährdeten Verbindung von Systematik und Eingebung. Ehrlichkeit gegenüber sich selbst und gegenüber anderen ist eine Grundbedingung dafür, dass neue Erkenntnisse - als vorläufig gesicherte Ausgangsbasis für weitere Fragen - überhaupt zustande kommen können. "Ein Naturwissenschaftler wird durch seine Arbeit dazu erzogen, an allem, was er tut und herausbringt, zu zweifeln, … besonders an dem, was seinem Herzen nahe liegt."

Aus der DFG Denkschrift zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis

Denken wir also beim nächsten March for Science daran, dass wir die Strukturen für eine gute Wissenschaft überhaupt erst wieder herstellen müssen. Dass wir auch zurzeit (noch) so viel gute Wissenschaft haben, liegt vor allem am Idealismus vieler Forschender. Das System selbst belohnt aber nicht unbedingt die Idealisten, sondern eher die Opportunisten.

"Make Earth Great Again." Und denkt daran, dass die Größe der Wissenschaft auch vom Einhalten ihrer Ideale abhängt. Bild: S. Schleim

Wo sollte es aber denn sonst überhaupt noch Raum für Ideale geben, wenn nicht in der Wissenschaft, wo man so gerne Begriffe wie Fakten, Objektivität, Erkenntnis und Wahrheit in den Mund nimmt?

Stephan Schleim ist Assoziierter Professor an der Universität Groningen (Niederlande) und Mitglied der Gewerkschaft für die Wissenschaft VAWO, die auch beim March for Science präsent war. Dieser Artikel erscheint ebenfalls im Blog Menschen-Bilder des Autors.