Sehr schlechte Nachricht: Studie zeigt, wie hoch das Meer steigen könnte
Nordwesten Grönlands war vor 400.000 Jahren eisfrei. Damals war es so warm, wie heute. Erschreckend ist, welche Landesteile deswegen unter Wasser standen. Was kommt auf uns zu?
Schlechte Nachrichten aus dem Eis. Sehr schlechte. Ein internationales Team aus europäischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern hat herausgefunden, dass der Nordwesten Grönlands vor rund 400.000 Jahren eisfrei war. Zu einer Zeit, als die globalen Temperaturen etwa den heutigen entsprochen haben.
Eine Mitte der Woche im Fachblatt Science veröffentlichte Studie ergab, dass die heute unter mehr als einem Kilometer Eis begrabene Region um den ehemaligen US-Stützpunkt Camp Century während der Holstein-Warmzeit, in den Paläowissenschaften meist präziser nach gut datierten marinen Sedimenten MIS 11 genannt, mindestens 16.000 Jahre lang eine Tundra-Landschaft hatte.
Das haben alte Bodenproben ergeben, die schon in den 1950er-Jahren im Auftrag des US-Militärs genommen wurden, aber bis vor Kurzem unbeachtet blieben. Der australische Sender ABC hat hier die Geschichte des Stützpunktes und die Odyssee der damals erstellten Bodenproben beschrieben.
MIS 11 hat etwa 30.000 Jahre von 426.000 bis 396.000 Jahre vor der heutigen Zeit gedauert. Die globale Durchschnittstemperatur lag seinerzeit rund ein bis 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau, zitiert der Sender einen der Autoren. Aktuell ist der Planet etwas mehr als 1,1 Grad Celsius wärmer als zur Zeit der ersten Dampfmaschinen.
Die Frage ist, was die Nachricht für die Zukunft des grönländischen Eisschild und den Meeresspiegel bedeutet. „Zum Höhepunkt des Meeresanstiegs waren weite Teile von Jütland, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern überflutet“, heißt es im Spektrum-Lexikon der Geowissenschaften über die Holstein-Warmzeit.
Klar ist, dass die Eismassen erheblich zusammengeschrumpft sein müssen, wenn selbst so hoch im Norden kein Eis lag. Insgesamt bindet das grönländische Eis heute Wasser, das den Meeresspiegel um sieben Meter steigen lassen würde. Die Autorinnen und Autoren haben berechnet, dass der Eisverlust mindestens 1,5 Meter zum Anstieg der Meere beigetragen haben muss. Es könnten aber auch bis zu fünf Meter gewesen sein.
Vermutlich wird das Abschmelzen des grönländischen Eises vor rund 400.000 Jahren aber ein vergleichsweise langsamer Prozess gewesen sein. Vor einigen Jahren kam eine andere Untersuchung zu dem Ergebnis, dass Grönland durch die Erwärmung während des MIS 11 nur 40 Zentimeter pro Jahrtausend zum Anstieg der Meere beitrug. Nur die lange Dauer der Warm- oder Zwischeneiszeit hat offenbar vor 400.000 Jahren zum weitgehenden Abtauen geführt.
Eine ganz andere Frage ist, was bei weiter steigenden Temperaturen passiert. Derzeit bewegt sich die Menschheit eher in Richtung einer um drei Grad wärmeren Welt. Dass das Abtauen dann schneller werden wird, kann man an fünf Fingern abzählen. Und natürlich ist Grönland nicht das einzige Problem. Der Meeresspiegel steigt auch durch die Erwärmung des Wassers und durch die Eisverluste in der Antarktis, deren westlicher Teil deutlich instabiler als Grönland ist.