Showdown an der Bernsteinküste: Wenn Politik die Energieversorgung bestimmt
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Während sich die baltischen Staaten politisch gewollt vom russischen Gas und Stromnetz verabschieden, suchen die Russen nach Wegen, Kaliningrad auch weiterhin stabil zu versorgen
In Kaliningrad steht Russlands erste Flüssigerdgas-Importanlage kurz vor ihrer Indienststellung. Das meldete der Brancheninformationsdienst S&P Global Platts Ende November 2018 unter Berufung auf Schiffsbewegungsdaten und Händler aus Asien. Doch es ist nur eine Facette des Umbruchs, der gerade die Energieversorgungslandschaft des Baltikums verändert.
Die Oblast Kaliningrad, die als Exklave mit einer Bevölkerung von rund einer Million Menschen zwischen Polen und Litauen liegt und auf dem Landweg vom russischen Kernland abgeschnitten ist, erhält ihre Erdgaslieferungen bisher über die Transit-Gaspipeline Minsk - Vilnius - Kaunas - Kaliningrad (MVKK). Die erste Pipeline war 1985 in Dienst gestellt worden, 2009 folgte ein zweiter Strang, der die jährliche Kapazität der Trasse auf 2,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas ausweitete. 2016 wurde ein Abzweig nach Tschernjachowsk in Betrieb genommen, 2017 folgten weitere Abzweige nach Sowetsk und Gussew.
Die MVKK-Gaspipeline ist zeitweise fast ausgelastet, doch statt ihre Kapazität zu erhöhen, hat sich Gazprom für ein Import-, Lager- und Regasifizierungs-Terminal für Flüssigerdgas (LNG) im Kaliningrader Gebiet entschieden.
Die Regasifizierung des im LNG-Terminal angelieferten Flüssigerdgases wird nach den Plänen von Gazprom mit einer neuen, schwimmenden Lager- und Wiederverdampfungseinheit durchgeführt. Die bei Hyundai in Südkorea gebaute und in Panama registrierte, eisverstärkte MARSHAL VASILEVSKIY hatte Anfang November in Singapur LNG aufgenommen und bewegt sich gegenwärtig zum neuen Ostsee-Terminal. Die Reise des neuen Tankers der Gazprom-Flotte Gazflot wird von Analysten als ziemlich einzigartig eingeschätzt: sie kehrt den traditionellen LNG-Fluss zwischen dem atlantischen Raum und Asien um.
Das Terminal wird an die bestehende Gaspipeline in der Nähe der Erdgasspeicheranlage Kaliningradskoye angeschlossen. So können die örtlichen Verbraucher mit Gas versorgt werden - oder das Gas wird je nach Bedarfslage unterirdisch zwischengespeichert. Die Arbeiten zur Erweiterung der Kapazität der seit 2009 im Aufbau befindlichen Speicheranlage sind noch nicht abgeschlossen. Erst im Dezember 2017 waren zwei neue unterirdische Speicherräume in Betrieb genommen worden. Es ist geplant, die Anzahl der Reservoire bis 2025 auf 14 zu erhöhen. Dann soll die Anlage mit einem Gesamtgasvorrat von 800 Millionen Kubikmetern und täglich abrufbaren Lieferungen von 12 Millionen Kubikmetern auf ihre geplante Kapazität gebracht sein. Der Untergrundspeicher soll dann dazu beitragen, saisonale Schwankungen des Gasverbrauchs auszugleichen. Die Anlage ist Russlands erster unterirdischer Gasspeicher, der in Salzkavernen angelegt ist.
Bei Platts Analytics geht man davon aus, dass die FSRU im Januar 2019 ihren Betrieb in Kaliningrad aufnehmen wird. Laut Gazprom kann das Kaliningrader Gebiet dank des LNG-Import-Terminals mit bis zu 2,7 Milliarden Kubikmetern Gas pro Jahr zusätzlich versorgt werden, wodurch die Energiesicherheit der Region gestärkt wird. Die Russen in Kaliningrad wollen sich damit vor allem gegen Eventualitäten wappnen, die ihnen demnächst von ihren baltischen Nachbarn präsentiert werden könnten.
Eine stabile Energieversorgung ist für die Entwicklung der Region von entscheidender Bedeutung. So hat der russische Automobilhersteller Avtotor seinen Firmensitz in Kaliningrad. Im Unternehmen werden Fahrzeuge für eine Reihe anderer Hersteller montiert, zum Beispiel BMW, Kia oder Hyundai. Neben anderer Haushaltselektronik wird jedes dritte Fernsehgerät Russlands in der Stadt gefertigt. Kaliningrad ist zudem wichtig für die russische Fischereiflotte; Fischverarbeitung und Vertrieb vor Ort werden gegenwärtig ausgebaut.
Die Gasnachfrage in Kaliningrad steigt nun zusätzlich durch den Bau des Gas-und-Dampf-Kombikraftwerks Pregolskaya TPP mit einer Leistung von 456 MW, das im ersten Quartal 2019 vollständig in Betrieb sein soll.
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