Shutdown, Reduzierung der Sozialkontakte und Einhalten der sozialen Distanz

Seite 3: III. Soziale Distanzierung

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Man solle beim Sex auf Küsse verzichten, ebenso grundsätzlich auf die Nähe zwischen beiden Gesichtern und eine Maske tragen. So lautet die dringende Warnung der Obersten Gesundheitsbeamtin Kanadas. Diese Worte zeugen von einer gewissen Weltfremdheit und laden zu einer Satire ein.

Aber unabhängig davon ist allgemein der dringende Rat zur sozialen Distanzierung, so evident er aus virologischer Sicht zweifelsohne ist, bewusst auf menschliche Nähe und Berührungen zu verzichten, eine Negierung einer ganz zentralen Seite der menschlichen Natur. Des Weiteren verweist der "Berufsverband Deutscher Psychologen und Psychologinnen" beim "social distancing" auf ein grundlegendes Problem:

Obwohl es das Bedürfnis vieler Menschen ist, in Krisen zusammenzurücken, sollen wir uns nun in "social distancing" begeben. Alle werden lernen müssen, mit dieser neuen und befremdlichen Situation umzugehen und sie zu verarbeiten.

BDP

Es kann kaum verwundern, dass das dringende Gebot des "social distancing" (dass Menschen sich also entgegen ihres Empfindens vom Mitmenschen räumlich "distanzieren") die empfundene Einsamkeit deutlich erhöht. Eine Studie, die sich auf ältere Menschen fokussierte, kommt zu dem Ergebnis: "Empfehlungen zum social distancing, um die Übertragung des SARS-CoV2-19-Virus zu reduzieren, erhöhen das Risiko der sozialen Isolation und Einsamkeit, die mit negativen Folgen wie Angst, Depression, kognitiver Verfall und Mortalität verbunden sind."

Mit der Distanzierung geht automatisch auch der Verlust an Berührungen einher. Die besondere positive Bedeutung von Berührungen für die Gesundheit des Menschen wurde bereits in Teil I dieses Artikels dargelegt. Schon vor Ausbruch der Krise haben verschiedene Wissenschaftler eine besorgniserregende Abwesenheit und Geringschätzung von Berührungen in der Gesellschaft diagnostiziert, von einer "berührungslose Gesellschaft" (Elisabeth von Thadden) gesprochen und festgestellt, dass "wir in einer Kultur leben, die von Berührungsängsten geprägt ist". (Dacher Keltner)

Bemerkenswert auch, dass mindestens jeder Dritte den Wunsch äußert, selbst häufiger berührt zu werden, und etwa die Hälfte der Deutschen bei Umfragen der Meinung ist, dass sich die Menschen viel zu wenig umarmen. Wohlgemerkt: Dies war vor Ausbruch der Krise. Berücksichtigt man diese Fakten und die fundamentale, geradezu existentielle Bedeutung von Berührungen und Nähe, dann sollten die gravierenden Auswirkungen der rigorosen Reduzierung deutlich werden. Martin Grunwald bringt es entsprechend auf den Punkt: "Ein natürlicher Bestandteil der Gruppenkommunikation war und ist die Körperinteraktion. Weniger akademisch formuliert: gegenseitige Körperberührungen - unabhängig von sexuellen Intentionen - gehören zu unserem artgerechten Umgang miteinander."

Der gebotene Verzicht auf Berührungen verursacht gravierende negative Konsequenzen für Gesundheit und Wohlbefinden. Der Mensch ist keine Maschine und ein Grundverständnis über die Natur des Menschen ist hilfreich. Gerade bei der Abschätzung und Abwägung der Maßnahmen. Nach Wissensstand des Autors gibt es derzeit keine Studien, die die Folgen der Berührungslosigkeit einzuschätzen versucht. Es wäre dringend geboten.

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