So können wir die Städte der Ukraine vor dem Krieg bewahren

Seite 3: In vergangenen Kriegen wurden so viele Städte gerettet

In den Kriegen der Nachkriegszeit, vom Koreakrieg über den Vietnamkrieg bis zu den Kriegen gegen Jugoslawien, Afghanistan, Irak, Libyen und Syrien spielten "unverteidigte Städte" als effektiver Schutz vor Zerstörung und Vernichtung faktisch keine Rolle.

Das humanitäre Völkerrecht der Haager und Genfer Konventionen ging in den Kampfhandlungen regelmäßig unter. Die zahlreichen Kriegsverbrechen wurden nur im Jugoslawienkrieg und dort vorwiegend nur gegen Serben, Kroaten, Kosovo-Albaner und Bosnier verfolgt. Die Seite der Angreifer, der Nato, blieb ungeschoren. Es war schließlich ihr Gericht.

Das Konzept der "unverteidigten Orte" ist aus dem humanitären Völkerrecht nicht getilgt worden. Es ist vergessen worden. Was spricht dagegen, es jetzt wieder hervorzuholen? Die Vereinbarung eines Waffenstillstandes ist ungewiss und mag noch lange auf sich warten lassen.

Die Opfer und das Leiden, Flucht oder Tod sind das Einzige, was die Menschen in den belagerten Städten mit Sicherheit erreichen werden. Sie haben faktisch nur die Wahl zwischen einer russischen Besatzung in einer halbwegs noch intakten oder weitgehend zerstörten Stadt.

In der Kriegslogik mag die Übergabe der "offenen Stadt" als Feigheit vor dem Feind gelten, in der Friedenslogik ist es die Klugheit vor einem Gegner, mit dem man sich in einer verträglichen Form auch nach dem Krieg arrangieren muss – um der Menschen willen.

Norman Paech ist Jurist und lehrte als Professor für Politikwissenschaft und für Öffentliches Recht an der Universität Hamburg. Er gehörte von 2005 bis 2009 dem 16. Deutschen Bundestag an, unter andertem als außenpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke