So verändert China gerade die Weltordnung

Neues Konzept soll multipolares System absichern. Doch es gibt Widerstände. Warum all dies Teil der Neuordnung der Welt ist.

In den letzten Jahren hat die Volksrepublik China drei globale Initiativen ins Leben gerufen: die Global Development Initiative (GDI), die Global Civilization Initiative (GCI) und die Global Security Initiative (GSI). Diese sollen einen Rahmen für praktische Schritte hin zu einer multipolaren Welt bilden. Zudem sollen sie diesen Prozess politisch und kulturell untermauern.

Besonders wichtig für den Aufbau einer multipolaren Welt ist die Global Security Initiative und eine Sicherheitsstrategie, die hilft, die Reibungsverluste bei der anstehenden Umwälzung der globalen Machtverhältnisse hin zu einer multilateralen Welt möglichst gering zu halten und vor allem auf diesem Weg weitere Kriege zu verhindern.

Unipolare und multipolare Weltordnung

Die gegenwärtige Weltordnung ist eine US-dominierte, unipolare Weltordnung, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden ist. Tatsächlich entsprach die US-Dominanz den nach 1945 bestehenden realen Machtverhältnissen, der ökonomischen Stärke und kulturellen Anziehungskraft des American Way of Life, vor allem in der westlichen Welt, aber auch in den Ländern des Globalen Südens.

Die Vereinigten Staaten haben jedoch in den letzten Dekaden nichts unversucht gelassen, um aus ihrer faktischen globalen Dominanz heraus ein System zu entwickeln, in dem sie andere Staaten, unter anderem in Europa, aber auch Kanada, Australien, Japan, Südkorea, ökonomisch, bald aber auch sicherheitspolitisch von sich abhängig machten.

Diese einseitige Abhängigkeit erfolgte durch die Schaffung der US-dominierten multilateralen Finanzinstitutionen wie die Weltbank, der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Welthandelsorganisation (WTO).

Zementiert wurde die ökonomische US-Dominanz durch die Aufwertung der eigenen nationalen Währung, des US-Dollars, zur Weltwährung, die seit 1973 nicht mehr durch Gold, sondern durch den internationalen Ölhandel1 gedeckt ist.

Durch die Gründung des Nordatlantikpakts (Nato), vor allem in der Epoche der Blockkonfrontation, haben die USA es verstanden, ihre ökonomische, politische und kulturelle Dominanz auch militärisch abzusichern.

Die historisch so entstandene unipolare Weltordnung beruht längst nicht mehr allein auf den natürlichen Gegebenheiten der USA, wie die territoriale Größe, gut ausgebildete große Bevölkerung, unermesslicher Reichtum an natürlichen Ressourcen, militärische Stärke, kulturelle Anziehungskraft etc., sondern auf Gewalt und Willkür, auf der Verletzung der UN-Charta und auf zahlreichen Kriegen, um systematisch ihre Hegemonie zu festigen und auszubauen.

Die USA haben mit Hilfe ihrer hegemonialen Hebel ohne Wenn und Aber imperialistische Beziehungen zum Rest der Welt, insbesondere des Globalen Südens, aufgebaut. Eine solche Weltordnung ist, wie wir seit mehreren Jahrzehnten erleben, instabil. In dieser Weltordnung regiert nicht das für alle gleichermaßen geltende Recht, sondern das Recht der Stärkeren. Der von vielen Staaten und Völkern beklagte Doppelstandard ist offensichtlich.

Es fehlt weltweit das Vertrauen in die internationalen Institutionen, um die weiter zunehmenden globalen Herausforderungen, wie Armut, Klimawandel und diverse Diskriminierungen, gemeinsam und friedlich zu bewältigen.

Dem gegenüber hat sich ein Prozess der globalen Machtverschiebungen, vor allem durch den Aufstieg der Volksrepublik China von einem Entwicklungsland zu einer entwickelten Volkswirtschaft in Gang gesetzt. Dieses Land ist dank der rasanten ökonomischen Entwicklung und der großen Bevölkerungszahl im Begriff, die größte Wirtschaftsmacht der Welt zu werden.

Damit liegt es auch in der Natur der neuen Veränderungen, dass die US-dominierte unipolare Weltordnung ins Wanken gerät, und die USA und die von ihnen abhängigen westlichen Staaten anfangen müssen, den neuen Realitäten Rechnung zu tragen.

Die künftige Weltordnung wird ohnehin eine multipolare Weltordnung sein. In dieser neuen Weltordnung stehen sich aller Wahrscheinlichkeit nach allein auf Grund ihrer ökonomischen Stärke drei mächtige Zentren, die USA, die Europäische Union und die VR China, gegenüber.

Anstelle des US-Dollars als einziger Weltwährung, und damit eines bedeutsamen Monopols der USA, treten drei Weltwährungen, nämlich der US-Dollar, der Euro und die chinesische Währung Renminbi.

Diese drei Weltwährungen tragen dem Anteil dieser drei ökonomischen Zentren am Welthandel Rechnung. Anstelle der monopolistisch geregelten globalen Finanzstrukturen, die gegenwärtig die USA in die Lage versetzen, alle Staaten, die aus der US-Dominanz ausscheren wollen, durch Wirtschaftssanktionen zu disziplinieren oder gar zu ruinieren, entstehen global demokratisch kontrollierte Finanzinstitutionen.

Für diese Entwicklung sorgt die Konkurrenz der drei Weltwährungen. Eine multipolare Weltordnung dürfte die Voraussetzungen für einen Weltfrieden, wie er in der Charta der Vereinten Nationen festgelegt ist, substanziell verbessern.

Die USA und ihre westlichen Bündnispartner stehen in der gegenwärtig herrschenden unipolaren Weltordnung grundsätzlich vor zwei entgegengesetzten Alternativen: entweder auf die veränderten Verhältnisse hin zu einer multipolaren Weltordnung mit Rationalität und Vernunft zu reagieren und sich friedlich darauf einzulassen und im Ergebnis eine sich entwickelnde multipolare Weltordnung und ihre auf den Abbau der auf Dominanz basierenden Regeln zu akzeptieren, oder mit allen Mitteln gegen die multipolare Weltordnung einen konfrontativen Weg zu gehen und neue globale Konflikte, Kriege oder gar einen neuen Weltkrieg zu riskieren.

Die offensichtlich feindlichen Reaktionen der USA und ihrer Verbündeten, darunter Deutschland, gegenüber der VR China als der entscheidenden Triebkraft dieser Entwicklung zeigen jedoch, dass sie sich offenbar für die konfrontative Alternative entschieden haben.

Die Signale für diese egoistisch wie gefährliche Entscheidung können daran festgemacht werden, dass China als der neue Feind definiert und ein Teil der US-militärischen Armada in den Pazifischen Ozean verlegt wird.

Hinzu kommt, dass die bis vor einigen Jahren wenig beachtete Taiwan-Frage zu einem globalen Konfliktthema hochstilisiert und als Vorwand für Sanktionen oder kriegerische Handlungen gegen China instrumentalisiert wird.

Noch gefährlicher ist der Versuch, die hochentwickelten Wirtschaftsbeziehungen zur VR China unter dem abstrusen Vorwand der Abhängigkeitsreduzierung zu kappen. Alle diese schwer zu leugnenden und vor unseren Augen ablaufenden Ereignisse belegen, dass die USA leider die Entwicklung der Welt in Richtung auf eine multipolare Weltordnung torpedieren wollen, um die aus der Hegemonialposition erwachsenden immensen Vorteile nicht aus der Hand geben zu müssen.

Chinas globale Sicherheitsinitiative (GSI) erscheint dem entgegen als eine vernünftige Strategie, die helfen dürfte, die weltgesellschaftlichen politischen und sozialen Kosten des Wandels hin zu einer multipolaren Weltordnung auf ein Minimum zu reduzieren.

Der inhaltliche Kern von Chinas GSI bildet das Prinzip der unteilbaren Sicherheit. Demnach komme es "anstelle der Kalten-Kriegs-Mentalität, dem Vormachtstreben, der Blockkonfrontation darauf an, der Vision einer gemeinsamen, umfassenden, kooperativen und nachhaltigen Sicherheit verpflichtet zu sein und gemeinsam für die Erhaltung des Weltfriedens wirken zu wollen, sowie sich zu den Prinzipien der UN-Charta zu bekennen".2

So gesehen legt die VR China großen Wert auf das Bekenntnis zu den historischen Errungenschaften der Weltgemeinschaft, während der Westen in bruchloser Anlehnung an die Hegemonialpolitik der Vereinigten Staaten seit mehreren Jahren dem Konzept der regelbasierten Weltordnung das Wort reden, das offensichtlich dazu dient, an der Charta der UN vorbei den internationalen Regeln je nach eigenem Gutdünken einen ihren Interessen gemäßen Inhalt zu verpassen.

In Anlehnung an Chinas GSI dürfte jedoch niemand die eigene Sicherheit über die Sicherheit der anderen stellen, die Differenzen und Konflikte müssten vielmehr friedlich im Dialog ausgeräumt werden.

Auf der Basis ihrer GSI entwickelte die VR China u.a. den Zehn-Punkte-Friedensplan zur Beendigung des Ukrainekrieges. Trotzdem ignorieren westliche Medien und die akademische Welt weitgehend die GSI, die in Anlehnung an die Grundprinzipien des Konzepts der Gemeinsamen Sicherheit formuliert worden ist und die für einen nachhaltigen Weltfrieden in einer multilateralen Weltordnung unverzichtbar ist.

Chinas GSI müsste nach regionalen Besonderheiten dezentral heruntergebrochen und als eine global zusammenhängende Strategie von regional-kooperativen Sicherheitsarchitekturen weiter entwickelt werden. Mit anderen Worten würden dezentral strukturierte ökonomische Kooperationen, so wie wir sie in der Gestalt der Europäischen Union kennen, in Verbindung mit dem Konzept der gemeinsamen Sicherheit die sicherheitspolitische Grundlage einer multipolaren Welt und eines nachhaltigen Weltfriedens darstellen.

Gemeinsame Sicherheit als Hebel nuklearer Abrüstung

Überdies ist das Konzept der gemeinsamen Sicherheit, was bisher grundsätzlich übersehen wurde, in Wirklichkeit auch ein Konzept der militärischen, insbesondere der nuklearen Abrüstung. Um diese Auffassung zu untermauern, würde beispielsweise in Europa eine Politik der gemeinsamen Sicherheit – unter der Annahme, dass ein Frieden nur mit und nicht gegen Russland möglich ist – voraussetzen, dass die Russische Föderation – neben den USA – als die größte Nuklearmacht der Welt, ihre grundsätzliche Bereitschaft erklärt, eine Abrüstung ihrer nuklearen Kapazität in Aussicht zu stellen, um sie im Rahmen einer globalen nuklearen Abrüstung dann auch tatsächlich zu verschrotten.

Denn ohne eine solche Perspektive würden sich die übrigen Staaten Europas kaum auf eine gemeinsame Sicherheit mit Russland einlassen und das ganz zu Recht. Die Perspektive einer gemeinsamen Sicherheit sämtlicher Staaten Europas, einschließlich Russlands, stellt keine Utopie dar, sie war bis zum Jugoslawien-Krieg 1999 innerhalb der EU eine sehr ernsthaft verfolgte Strategie und bis zum russischen Überfall auf die Ukraine weiterhin eine populäre Idee.

Der Ukraine-Krieg wird aber irgendwann ein Ende finden, und Russland wird, jedoch völlig unabhängig von dort jeweils herrschender Regierung, ein bedeutender Nachbar der EU-Staaten bleiben. Eine nachhaltige Sicherheit für die EU und nicht zuletzt auch für Russland kann durch keine bessere Lösung hergestellt werden als durch das Konzept gemeinsamer Sicherheit, bzw. durch die Realisierung der sozialdemokratischen Entspannungspolitik und des von Michail Gorbatschow ins Spiel gebrachte gemeinsamen europäischen Hauses.

Russland würde sich mit seiner grundsätzlichen Bereitschaft zur nuklearen Abrüstung im Rahmen einer Politik der gemeinsamen Sicherheit jedoch in keiner Weise entwaffnen, wie man entgegnen könnte, sondern eher einen Prozess der globalen Delegitimierung der nuklearen Waffensysteme in Gang setzen, an dessen Ende die Abschaffung von nuklearen Waffen in allen Nuklearstaaten stehen könnte.

Ähnliche nukleare Abrüstungsprozesse wären nicht nur in Europa, sondern auch in Asien, letztlich auch in Nordamerika, nicht nur denkbar, sondern auf Grund der in Gang gekommener Delegitimierung von Nuklearwaffen beinahe zwingend.3

Immerhin ist die Idee der Verbannung von Atomwaffen in der UN-Charta verankert. Sie ist auch ein Projekt, nach dem sich die Menschheit zu Recht sehnt. So gesehen kann der im Jahr 2017 mit 122 Stimmen in der UN-Vollversammlung angenommene Atomwaffenverbotsvertrag erst durch die Politik der gemeinsamen Sicherheit mit Leben gefüllt werden.

Dezentral regionale Kooperation und gemeinsame Sicherheit

Die Inspiration für das Konzept einer dezentral strukturierten globalen Sicherheitsarchitektur entstand im Zuge der intensiven Beschäftigung mit dem Konzept der gemeinsamen Kooperation und Sicherheit im Mittleren und Nahen Osten (KSZMNO).4

Bei genauerer Betrachtung ließen sich analog zu einer regionalen Kooperation in Europa insgesamt folgende neun Regionen in der Welt ausfindig machen, in denen sich das Konzept der gemeinsamen Sicherheit auf Grund regionaler Besonderheiten und Erfordernisse verwirklichen ließe5:

1. Die Europäische Union, die zunächst als eine ökonomische Gemeinschaft von Staaten mit ganz unterschiedlicher Geschichte und in der Vergangenheit einander feindlich gegenüberstehenden, ja sogar miteinander Krieg führenden Staaten, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden ist. Durch Gemeinsamkeiten wie der kapitalistischen Wirtschaft und der christlichen Kultur konnte die ökonomische Integration in vertikaler wie in horizontaler Richtung so weit intensiviert und ausgebaut werden, dass die EU inzwischen über eine gemeinsame Währung verfügt und im Begriff ist, weitere staatliche Strukturen wie eine gemeinsame Armee aufzubauen.

Die Sicherheit der EU wird gegenwärtig durch die Nato gewährt, die als eine US-dominierte militärische Allianz dem Geist der gemeinsamen Sicherheit diametral entgegengesetzt ist. Dennoch beweist die EU, dass eine regionale Kooperation ein Zukunftsmodell für alle Regionen der Welt werden kann. Schon jetzt strahlt sie gerade deshalb auf viele Staaten des Globalen Südens sehr positiv aus.

2. Gemeinschaft der nordamerikanischen Staaten, die sich aus den Vereinigten Staaten und Kanada zusammensetzen könnte. Hier kann sowohl gemeinsame Sicherheit wie die Weiterentwicklung der ohnehin schon jetzt bestehenden ökonomischen Kooperation Ziel der Gemeinschaft sein. Aufgrund geopolitischer Beschaffenheit würde Nordamerika in einer nuklearfreien Welt ohnehin durch keinen anderen Staat militärisch bedroht werden können.

Aber gemeinsame Sicherheit schließt selbstverständlich zahlreiche andere Bedrohungen, wie beispielsweise die durch Klimawandel verursachten Bedrohungen und andere Naturkatastrophen oder durch grenzüberschreitenden Drogenhandel und Kriminalität usw. ein.

3. Gemeinsame Sicherheit und ökonomische Kooperation der südamerikanischen Staaten, die sämtliche Staaten in Südamerika einschließlich aller Inselstaaten umfasst. Gemeinsame kolonialistische Geschichte und die aus der Kolonialzeit vererbte gemeinsame Sprache und christliche Kultur dürfte die Kooperation im Interesse aller Mitgliedsstaaten beflügeln. Gleichzeitig ließen sich die sehr hohen Militärausgaben der einzelnen Staaten für die Beseitigung des Hungers und den Aufbau des Sozialstaats umgeleitet werden.

4. Gemeinsame Sicherheit und ökonomische Kooperation in Südasien, die sich aus der VR China, Indien, Vietnam, Nord- und Südkorea und kleineren Staaten der Region zusammensetzt. Eine Wiedervereinigung zwischen Nord- und Südkorea wäre im Rahmen einer gemeinsamen Sicherheit in der Region dann eine Selbstverständlichkeit. Die geopolitische Konstellation bietet diese Zusammensetzung geradezu an. Dennoch könnte sich in diesem Falle wegen der Größe der Bevölkerung in China und Indien als zweckmäßiger erweisen, zwei Staatengruppen mit dem Ziel gemeinsamer Sicherheit und ökonomischer Kooperation zu bilden.

5. Gemeinsame Sicherheit und ökonomische Kooperation in Westasien, die sich aus sämtlichen Staaten des Mittleren und Nahen Ostens und zentralasiatischen Staaten zusammensetzen könnten. Eine solche regionale Kooperation wäre gewissermaßen sogar ideal, weil sich hier Staatengruppen zusammensetzen würden, die wie die Staaten am Persischen Golf über umfangreiche Ressourcen vor allem fossiler Energie verfügen, aber unter akuter Wasserknappheit leiden, während Staaten wie in Zentralasien, die überwiegend rohstoffarm sind, jedoch über erheblich größere Wasserreserven verfügen. Desgleichen gilt für den Sachverhalt, Zugang zu den Weltmeeren, von dem alle Mitgliedsstaaten profitieren könnten.

Auch hier dürften die kulturellen Gemeinsamkeiten durch den Islam, der in der Region Westasien nahezu überall praktiziert wird, positiv wirken. Von herausragender Bedeutung ist die friedenspolitische Perspektive für die Konflikte zwischen Israel und Palästina sowie in Kurdistan. Gemeinsame Sicherheit in Mittleren und Nahen Osten dürfte die Beendigung der israelischen Besatzung und des Apartheid-Regimes in Palästina und Frieden mit allen arabisch-islamischen Staaten in der Region erleichtern.

Dasselbe gilt auch für den Kurdistan Konflikt, da im Rahmen einer gemeinsamen Sicherheit die vier Staaten mit kurdischen Siedlungsgebieten, nämlich Türkei, Syrien, Iran und Irak, sich leichter darauf einigen könnten, der kurdischen Bevölkerung aller dieser Staaten, die ersehnte Selbstverwaltung zu gewähren, ohne dass deshalb eine territoriale Separierung notwendig wäre.

6. Gemeinschaft der nordasiatischen Staaten, die sich aus der Russischen Föderation, der Ukraine, Kasachstan, und der Mongolei zusammensetzen sollte. Gemeinsame Sicherheit zwischen Russland und der Ukraine ist ohnehin die einzig friedenspolitische Antwort auf den gegenwärtigen Krieg zwischen diesen beiden Staaten. Leider wurde es m.E. nach dem Zusammenbruch der Sowjet-Union versäumt, den Staatenverband durch den Aufbau von gemeinsamer Sicherheit und ökonomischer Kooperationsstruktur zu ersetzen.

Nicht die Nato würde der Ukraine dauerhaft die nötige Sicherheit verleihen, sondern – auf Grund zahlreicher Gemeinsamkeiten kultureller, ökonomisch komplementärer und geopolitischer Natur – die ökonomische Kooperation mit einem Russland, das zudem im Rahmen der gemeinsamen Sicherheitsarchitektur auch nuklear abrüsten müsste.

7. Gemeinsame ökonomische und sicherheitspolitische Gemeinschaft die aus Australien, Neuseeland, Japan, Indonesien sowie kleineren Staaten zusammengesetzten Staaten entsteht.

8. Gemeinschaft der nordafrikanischen Staaten, die sich mit dem Ziel ökonomischer und sicherheitspolitischer Kooperation zusammenschließen und komplementäre Vorteile der Kooperation für die ökonomische Entwicklung, die Bewältigung des Hungers, der Armut und der Folgen des Klimawandels zum gegenseitigen Vorteil nutzen würden.

Hier träfen Staaten mit teilweise ganz unterschiedlicher kultureller Tradition, der islamischen und der christlich geprägten Ausrichtung, aufeinander und versuchten, neben den ökonomischen Vorteilen der Kooperation auch die Vorteile, die sich aus der Vielfalt der Kulturen ergeben, zu nutzen und durch Prinzipien der gemeinsamen Sicherheit ihre Streitigkeiten und Konflikte zu bewältigen sowie sich gegen mögliche Bedrohungen durch den Klimawandel, Wasserknappheit und Pandemie besser zu wappnen.

9. Gemeinsame ökonomische und sicherheitspolitische Kooperation der afrikanischen Staaten südlich der Sahara. In diesem Teil des afrikanischen Kontinents könnten gemeinsame Erfahrungen aus der Kolonialgeschichte, für die kulturellen Gemeinsamkeiten eine solide Basis darstellen, die Vorteile, die sich aus Rohstoffreichtum in dieser Region ergeben, kooperativ zu nutzen und interne Konflikte und Bedrohungen gemeinsam zu überwinden.


Die oben skizzierte Perspektive mag utopisch erscheinen, sie ist es eigentlich auch. Sie ist allerdings eine reale Utopie und vorstellbar, wenn eine faktenbasierte Fantasie zur Wirkung kommt. Es gilt hier auf jeden Fall der Grundsatz, dass Utopien von heute Realitäten von morgen sein können. Bis eine gemeinsame Sicherheit und ökonomische Kooperation in neun oder mehr Regionen der Welt tatsächlich entsteht, dürften allerdings nach menschlichem Ermessen ganz sicher Jahrzehnte vergehen.

Es gibt jedenfalls keinen Zweifel daran, dass dezentral regionale Kooperationen und Sicherheitsstrukturen besser geeignet sind, die gegenwärtigen globalen Herausforderungen wie Armut, Folgen des Klimawandels und andere ökologische Bedrohungen zu meistern und für eine multilaterale Welt eine solidere Grundlage zu schaffen.

Diese Perspektive ist nicht nur vorstellbar, sondern sogar ganz realistisch. Dann wäre auch die Zeit reif dafür, die Vereinten Nationen zu reformieren, beispielsweise den Sicherheitsrat in seiner gegenwärtig monopolistischen Struktur mit dem exklusiven Veto-Recht der fünf Nuklearmächte zu überwinden.

Sämtliche globalen Konflikte, für deren Entschärfung und Regulierung der Sicherheitsrat bei der Gründung der Vereinten Nationen konstruiert wurde, würden ohnehin dezentral und im Rahmen der regionalen gemeinsamen Sicherheitskonzepte verhandelt, so dass der Sicherheitsrat dadurch grundsätzlich auch überflüssig würde.

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