Soldaten wie Du und Ich

Seite 3: Von der Leyens Dschungelcamp

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Die Reaktionen fielen natürlich je nach grundsätzlicher Haltung zur Bundeswehr unterschiedlich aus. Aus konservativer Sicht kritisierte der "Bendler-Blogger" Sascha Stoltenow, ein Reserveoffizier, die Serie: "Für mich ist das zu viel Abenteuerspielplatz und zu wenig ernsthafte Auseinandersetzung mit den ernsten Seiten des soldatischen Dienens. Die Bilder, die wir in den ersten Folgen der Serie sehen, erinnern daher auch eher an eine Militärklamotte als an den Einstieg in eine professionelle Karriere."

Stoltenow kritisierte namentlich Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) als verantwortungslos. "Wir sehen dabei zu, wie die Bundeswehr zwölf junge Männer und Frauen in die Medienarena treibt und sie ungeschützt dem Urteil des Publikums aussetzt." Die Darsteller und Darstellerinnen seien nichts weiter als "mediales Kanonenfutter in von der Leyens Dschungelcamp", fürchtete er.

Gänzlich anders, aber auch ablehnend, reagierte das Satiremagazin Titanic, das mit einer eigenen Serie auf YouTube reagierte. Als angeblicher "offizieller Medienpartner der Bundeswehr" posteten die Satiriker eigene Videos, um zu erklären, wie "aus jungen Menschen ein echter Oberst Klein, der fürs Vaterland spektakulär Tanklastzüge wegbombt", wird. Oberst Georg Klein hatte 2009 in Afghanistan die Bombardierung zweier Tanklastzüge befohlen, bei der viele Zivilisten getötet wurden. Ermittlungen gegen Klein wurden zwar eingestellt, dennoch zahlte die Bundesregierung den Hinterbliebenen Entschädigung.

Umstrittene Rekrutierungspraxis

Die Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegdienstgegnerInnen wiederum nahm die "Rekruten" zum Anlass, auf die umstrittene Praxis der Bundeswehr, Unter-18-Jährige aufzunehmen, aufmerksam zu machen: "Die neue Werbeserie der Bundeswehr täuscht über die realen Zustände in der Armee hinweg - kritische Themen werden nicht angesprochen und schon die Konzeption der Serie ist vollkommen einseitig", so die DFG-VK: "So müsste mindestens ein Rekrut aus der Serie 17 Jahre alt sein - so wie auch in der Realität zehn Prozent der Rekruten, die an der Waffe ausgebildet werden, noch minderjährig sind." Das wolle die Bundeswehr lieber nicht thematisieren, kritisierte die DFG-VK.

Kinderrechtsexperten weisen seit Jahren darauf hin, dass die Bundeswehr Minderjährige anwirbt. Sie verweisen auf das Zusatzprotokoll zur Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen von 2002. Demnach dürfen Kinder unter 18 Jahren nicht zwangsweise zum Militärdienst eingezogen werden. Die Bundesregierung bestreitet jedoch, gegen Völkerrecht zu verstoßen. Erst kürzlich hat deshalb das Deutsche Bündnis Kindersoldaten eine Unterschriftenaktion gegen die Rekrutierung Minderjähriger gestartet. Die deutsche Praxis unterlaufe den Kampf gegen Kindersoldaten etwa in Afrika, argumentiert das Bündnis, dem Organisationen wie Kindernothilfe, terre des hommes und UNICEF Deutschland angehören.

Beifall von Böhmermann

Immerhin, einen neuen Fan haben die Rekruten auch Tage nach dem Serienstart noch gewonnen. Anfang der Woche outete sich der Satiriker Jan Böhmermann als "Riesenfan". Doch das war wohl nicht so ernst gemeint, hatte der Medienprofi doch einen guten Rat für die Rekruten-Macher: "Bisschen wenig Action leider. Krieg wäre cool für die Dramaturgie. Sonst weiter so!"

Doch das wird wohl nichts werden. Schließlich zeigt die Serie eben nur drei Monate aus der Grundausbildung. Der Krieg ist damit automatisch ausgeblendet. Praktisch für die PR-Leute, die das Produkt Bundeswehr verkaufen müssen.