Spanien gießt in Katalonien weiter kräftig Öl ins Feuer
Seite 3: Ausweitung der Repression
Klar müsste Felipe sein, dass Rajoy schon für das bisherige Vorgehen keinen Rückhalt im Parlament hat. Die Mehrheit verweigerte seinem Kurs die Unterstützung, die Legitimität der Repression ist damit noch fraglicher. Rajoy und König überhören auch weiter alle Dialogforderungen und weiten die Repression aus. So wird weiter gegen 14 hohe katalanische Beamte wegen "Aufruhr" am Nationalen Gerichtshof ermittelt. Nachdem die Richterin Carmen Lamela auch gegen 40.000 Teilnehmer einer friedlichen Demonstration ermittelt, wurden nun auch der Chef der katalanischen Polizei Mossos d'Esquadra und die Präsidenten der beiden großen zivilgesellschaftlichen Organisationen unter diesem Vorwurf vorgeladen.
Am Freitag soll auch der Mossos-Chef Josep Lluis Trapero, der sich nach den Anschlägen in Katalonien mit Effizienz einen Namen gemacht hatte, der Präsident der Katalanischen Nationalversammlung (ANC) Jordi Sànchez und Jordi Cuixart, Präsident der Kulturorganisation Òmnium Cultural, vor Gericht in Madrid erscheinen. ANC und Òmnium standen lange mit ihren starken Frauen Carme Forcadell und Muriel Casals hinter den riesigen Demonstrationen für die Unabhängigkeit.
Während Forcadell inzwischen Parlamentspräsidentin und spanische Staatsfeindin Nummer 1 ist, starb Casals inzwischen bei einem Unfall. Forcadell hat, wie sie im Telepolis-Interview erklärte, nicht im Sinn, wegen Aufruhr für 15 Jahre in spanischen Kerkern zu schmoren, sondern sie sieht sich bald in einem unabhängigen freien Staat. Was den Ablauf des Referendums anging, sollte sie Recht behalten, gespannt darf man nun sein, ob ihre Vorhersagen auch eintreffen, dass ein unabhängiges Katalonien anerkannt und in der EU bleiben wird.
Provozierte Unruhen am Wochenende?
Die Anklagen werden immer absurder, schließlich sorgen Trapero und die anderen dafür, dass bisher aus Katalonien nicht mit Gegengewalt auf die brutale Repression reagiert wird. In Spanien schäumen einige aber vor Wut, dass es ohne die Mossos nicht gelang, das Referendum zu verhindern, da die das Prinzip der Verhältnismäßigkeit wahrten und nur dort Wahllokale schlossen, wo kein Einsatz von Gewalt nötig war.
Dass Guardia Civil und Nationalpolizei Hotels in Calella und Pineda del Mar verlassen mussten, sorgt für neue Wutschübe bei der spanischen Rechten. Die Vizeministerpräsidentin Soraya Sáenz de Santamaría sprach vom "mafiösen Auftreten", weil Menschen die von der Verfassung garantierten Rechte wie Versammlungsrecht, Demonstrationsrecht und das Recht auf freie Meinungsäußerung ausüben. Im Hintergrund stehen die Vorgänge in Calella, wo die Mobilisierung gegen die "Besatzungskräfte" begannen, nachdem die Guardia Civils in Zivilkleidung aus dem Hotel stürmten und mit verbotenen Totschlägern auf friedliche Demonstranten einprügelten. Das ist durch diverse Videos belegt, wobei sie sich nicht einmal von der Regionalpolizei abhalten ließen. Seither, besonders am Generalstreiktag am Dienstag, ziehen die Menschen überall zu Kasernen, Hotels und Schiffen, in denen Paramilitärs und Polizei untergebracht sind und fordern ihren Abzug.
Zuspitzen will Rajoys Volkspartei auch am Wochenende. Demonstrierten schon am vergangenen Wochenende in Barcelona - großzügig geschätzt - 5000 rechtsradikale Falangisten und schrien immer wieder, dass "Katalonien Spanien bleibt", darf nun davon ausgegangen werden, dass aus ganz Spanien Busse in Richtung Katalonien starten. Das macht die PP immer wieder und nahm zum Beispiel Gesetze der sozialistischen Zapatero-Regierung aufs Korn, wie der Versuch im Baskenland einen Friedensprozess einzuleiten, die Homoehe einzuführen oder die Opfer des Franquismus anzuerkennen. Stets wurden Menschen von der PP angekarrt, die dafür keinen Pfennig zahlen mussten. Für solche Vorgänge verfügt die Partei, das ist ja inzwischen gut bekannt, über ihre Schwarzgeldkonten, die über Schmiergelder gut gefüllt waren.
Inzwischen gibt es eine Aktion, um internationalen Druck auf die EU-Kommission aufzubauen, damit sie Druck auf Rajoy macht und ihn zum Rücktritt zwingt. Zahllose Menschen haben schon den Aufruf unterschrieben, auch viele aufrechte Demokraten aus Spanien. "Whatever our views on the referendum in Catalonia and its legality, we all agree on one thing: the violent repression we witnessed on Sunday is repugnant, and the brutal police deployment ordered by Mariano Rajoy's government proves his inability as a leader of a democratic country. We ask you to urge Rajoy to resign immediately. The chaos and disproportionate police intervention in Catalonia on Sunday crossed a red line for democracy that cannot be tolerated."