Spanien ist enttäuscht von den USA
Die spanische Regierung ist entsetzt, dass sich Washington nicht klar gegen die Teilverstaatlichung der argentinischen Repsol-Tochter YPF ausgesprochen hat
US-Außenministerin Clinton meinte sogar, Repsol müsse damit leben. Derweil denkt Spanien darüber nach, die Einfuhren von Bioethanol und Soja aus Argentinien einzustellen. Dabei könnte die Antwort, wenn Argentinien Spanien den Ölhahn abdreht, fatal für das Land sein. Nun geht sogar der IWF davon aus, dass Spanien die Defizitversprechen nicht halten wird, weil das Land in die Rezession gespart wird und frühestens 2018 wieder die Stabilitätsgrenze von 3% einhalten kann, fünf Jahre später als versprochen.
Spanien ist nun am Mittwoch zurückgerudert, nachdem sich die Regierung enttäuscht über das Verhalten der USA im Streit mit Argentinien gezeigt hatte. Präsidentin Christina Fernández de Kirchner hatte am Montag ein Gesetz ins Parlament eingebracht, um 51% der Aktien an der argentinischen YPF, die dem spanischen Mutterkonzern Repsol gehört, zu übernehmen (Spanien legt sich mit Argentinien wegen Ölmulti an). Weil dies den Konzern hart trifft, hatte Spanien, wo das Vorgehen als "illegal" und sogar als "Feindseligkeit" bezeichnet wird, eine klare Verurteilung des Vorgehens durch die USA erwartet,.
Bei ihrem Besuch in Brasilien hatte die Außenministerin Hillary Clinton aber nur gefordert, dass sich Argentinien für sein Vorgehen "rechtfertigen" müsse. Die US-Regierung machte deutlich, dass eine teilweise Verstaatlichung, womit Argentinien die Kontrolle über seine Ressourcen erhalten will, gerechtfertigt sein könne. Clinton erklärte, dass der Vorgang zu Recht "heiß diskutiert werden wird". Sie sagte aber auch, dass "Repsol mit dieser Variante leben" müsse.
Dazu hatte Außenminister José Manuel García-Margallo mit düsterer Miene diplomatisch versüßt erklärt: "Die Antwort von Hillary Clinton ist nicht so enthusiastisch ausgefallen, wie ich mir das gewünscht hätte." Er hatte zudem seine Hoffnung angefügt, dass die US-Regierung mit der Zeit hoffentlich einsehen werde, dass "Spanien ein privilegierter Partner" der USA sei. Da darin eine harsche Kritik versteckt war, die Spanien in der Frage eher schadet, ist wohl auch García-Margallo nun aufgegangen.
Deshalb sagte er am Mittwoch, er wolle persönlich bei Clinton vorzusprechen, um ihr die spanische "Verstimmung" über die "willkürliche Entscheidung der argentinischen Regierung" zu vermitteln. Er betonte: "Ich bin gegenüber Hillary Clinton nicht verstimmt." Er will nun die USA davon überzeugen, dass durch die Verstaatlichung nicht nur "spanische Interessen und die einer europäische Firma betroffen sind, sondern die Rechtssicherheit, was die gesamte internationale Gemeinschaft betrifft".
Doch Washington kann offenbar eher nachvollziehen, dass die nationale Selbstversorgung mit Öl und Gas in einem Land per Gesetz als "vorrangiges Ziel" definiert werden kann. Und es ist auch nicht unbekannt, dass sich Repsol geweigert hat, in die Ausbeutung großer Gas- und Ölfelder zu investieren, während in Argentinien die Produktion zurückgeht und das Land erstmals 2011 zum Netto-Energieimporteur wurde, weshalb viel Geld für Importe ausgegeben werden müsse, obwohl das Land über die nötigen Ressourcen verfügt.
EU-Kommission stellt sich hinter Spanien - ein bisschen
Spanien gefällt da die schon mehr die weniger differenzierte Haltung der EU-Kommission, die ebenfalls von einem illegalen Vorgang spricht. Gefordert wird eine angemessene Entschädigung, doch Argentinien weigert sich, der Forderung von acht Milliarden Euro nachzukommen. Die Summe liegt gleich mehrfach über dem Börsenwert der betroffenen Aktien und zudem verweist das Land darauf, dass YPF zudem Schulden in Milliardenhöhe habe. In den Verhandlungen müsste auch über die enormen Umweltschäden durch "kaputte Ölleitungen und Öltanks" gesprochen werden, weil darin auch nicht investiert worden sei, kündigte der argentinische Planungsminister Julio de Vido an.
Die EU-Kommission hatte als ersten diplomatischen Schritt ein für diese Woche geplantes Treffen mit Argentinien abgesagt. Auf spanischen Druck wurde das Thema auch für Mittwoch auf die Tagesordnung des Europaparlaments gehoben und am Freitag wird über eine entsprechende Resolution abgestimmt. Die Volksparteien argumentieren, man wolle einem "gefährlichen Präzedenzfall" begegnen, dabei hat Argentinien deutlich gemacht, dass man an keine Verstaatlichungswelle denke und sich nur gegen das Verhalten von Repsol wende. Die EU-Kommission hat aber ihrerseits ebenfalls die Grenzen des Handels schon klar gestellt. Es handele sich um eine bilaterale Angelegenheit und ohnehin habe Brüssel keine rechtlichen Möglichkeiten, um seinerseits juristisch gegen Argentinien vorzugehen. Es wird also wohl bei einer politischen Unterstützung von Entschädigungsforderungen bleiben.
In einem Wirtschaftsstreit wäre Spanien der Verlierer
Spanien hat bisher noch immer keine konkreten Strafmaßnahmen gegen Argentinien verkündet. Die Regierung denkt darüber nach, die Importe von Bioethanol und Soja aus dem Land zu stoppen. Sie räumte aber ein, dass sie dabei "behutsam" vorgehen müsse. Allseits sehen die Experten angesichts einer abstürzenden spanischen Wirtschaft die Gefahr, dass das Land in einem Wirtschaftskrieg der Verlierer sein dürfte.
So ging am Mittwoch die Börse in Madrid um 4% in die Knie, der stärkste Einbruch im laufenden Jahr, weil die Zweifel immer größer werden, dass Spanien vor dem Absturz bewahrt werden kann. Repsol verlor erneut gut 6% und die Holdinggesellschaft Sacyr Vallehermoso, ein Hauptaktionär von Repsol, sogar 10,4%. Schon am Vortag waren beide Papiere abgestürzt, doch die Börse notierte trotzdem noch im Plus. Am Mittwoch aber schlugen die dramatischen Zahlen vom angeschlagenen Bankensystem komplett durch, die von der Zentralbank veröffentlicht wurden. Erneut ist die Kreditausfallquote weiter auf nun gefährliche 8,16% gestiegen, weshalb die Zweifel an den angeschlagenen spanischen Kreditinstituten wachsen.
Zudem hat der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostiziert, dass Spanien die mit der EU vereinbarten Defizitziele in den kommenden Jahren weiterhin nicht erfüllen wird. Statt 2013 das Haushaltsdefizit wieder auf den im Stabilitätspakt vorgesehene Marke von drei Prozent zu senken, geht der IWF davon aus, dass dies erst 2018 gelingen kann. Ende 2013 soll es noch immer mit 5,7% sogar noch über dem Defizitziel liegen, das für 2012 ohnehin schon nach oben verschoben wurde. Auch der IWF geht davon aus, dass der eingeschlagene Sparweg überzogen ist und die Wirtschaft nur noch tiefer in die Rezession drückt, womit eine Reduzierung des Defizits erschwert werde.