Spanisches Knebelgesetz knebelt schon

Seite 3: Satirische Kritik an Lokalbehörden wird wegen mangelnden Respekts bestraft

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Das Vorgehen gegen Díaz ist auch deshalb auffällig, weil hier Satire im Internet auf der lokalen Ebene zensiert werden soll. Der 27-Jährige aus Güímar staunte nicht schlecht, als er Ende Juli sogar persönlich Besuch von seiner lokalen Polizei bekam. Ihm wurde eröffnet, dass ihm eine Geldstrafe von bis zu 600 Euro droht, weil er per Facebook die Bürgermeisterin und die Polizei der Kleinstadt im Norden Teneriffas auf die Schippe genommen hatte. Denn Diaz gehört der Gruppe "La Franja del Guaza" (Bereich der Spötter) an, die satirisch die Lokalpolitik kommentiert.

Er hatte unter anderem die Tatsache kommentiert, dass die Lokalpolizei größere Räume erhalten hat. "Die Polizei bekommt viel Raum, während der Sozialdienst in Drecklöcher verbannt wird", spielte er auf die Kürzungen der Bürgermeisterin Luisa Castro Dorta (PP) an. Die "Cracks" der Polizei, die er auch "Drückeberger" nannte, fühlen sich offenbar ziemlich auf den Schlips getreten, dass Díaz sie als eine Truppe beschreibt, die "Tauben" oder eingeschlossene "Menschen aus Toiletten" befreit. Doch die verfüge nun über größere Räume als die Guardia Civil. Vielleicht sollte man ihnen noch "Hängematten, ein Schwimmbad und Caipiriñas" gönnen, ätzte er.

Damit, so meinen Polizei und Bürgermeisterin, habe er es an Respekt gegenüber den Autoritäten vermissen lassen, weshalb er nun eine Strafe von bis zu 600 Euro bezahlen soll, weil das immerhin nur ein einfacher Gesetzesverstoß ist. Díaz hält es für "unglaublich", dass er mit seinen satirischen Kommentaren die "öffentliche Ordnung gestört oder die Sicherheit der Bürger gefährdet" haben soll. Der 27-Jährige will die Strafe nicht einfach bezahlen. Er kündigte an, dass er den Fall vor einem Gericht klären will. Und auch Hidalgo von "Wir sind keine Delikt" ist gespannt darauf, wie Richter derlei absurde Vorgänge bewerten.

Kritik kommt auch von den Vereinten Nationen

Beides sind jedenfalls gute Beispiele, weshalb das Knebelgesetz sogar in den Vereinten Nationen (UN) auf Kritik stößt. Der UN-Sonderberichterstatter für Grundrechte Maina Kiai hatte erklärt, dass die schwammigen Formulierungen Tür und Tor für eine "unverhältnismäßige" Anwendung, Einschränkungen der Meinungsfreiheit oder Kriminalisierung friedlicher Proteste öffnen würden (Meinungsfreiheit futsch und alles kann in Spanien nun Terrorismus sein). Spanien verstoße damit auch gegen internationale Vereinbarungen, ist nicht nur die Ansicht von Kiai. Die New York Times sprach in einem Kommentar sogar davon, dass "Spanien in die dunklen Tage des Franco-Regimes" zurückgeworfen werde, da ein solches Gesetz in einer Demokratie nichts zu suchen habe.