Staatseinnahmen brechen ein: Finanzminister Christian Lindner fordert Verzicht
Knapp 150 Milliarden Euro weniger im Staatssäckel, schätzen Experten. Regierung kann sich bislang nicht auf Haushalt einigen. Das sind die Ursachen und Folgen.
Bund, Länder und Kommunen werden im kommenden Jahr voraussichtlich fast eine Billion Euro einnehmen. Aber diese stattliche Summe wird wohl nicht ausreichen, alle staatlichen Ausgaben zu decken. Allein im Bundeshaushalt klafft eine Lücke von rund 20 Milliarden Euro, erklärte Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Donnerstag.
Diese Lücke müsse durch Verzicht erwirtschaftet werden, sagte Lindner am Rande des Treffens der G7-Finanzminister im japanischen Niigata. "Wir können nur das Geld ausgeben, das die Menschen und Betriebe in diesem Land erwirtschaften."
Anlass für dieser Erklärung sind die neuen Zahlen des Arbeitskreises Steuerschätzungen. Die Experten gehen davon aus, dass die Einnahmen von Bund, Ländern und Kommunen in den kommenden fünf Jahren um rund 148,7 Milliarden Euro niedriger ausfallen wird.
Allein für 2024 rechnen die Steuerschätzer mit 30,8 Milliarden Euro weniger – für den gesamten Staat. Die Einnahmen werden sich voraussichtlich "nur noch" auf rund 962 Milliarden Euro belaufen, heißt es dazu im Handelsblatt.
Ein großer Teil der geringeren Einnahmen gehe auf Steuerentlastungen zurück, welche die Bundesregierung im vergangenen Jahr beschlossen habe. Die Steuerschätzer hatten dies im letzten Jahr noch nicht berücksichtigt, heißt es in dem Bericht weiter, aber die Haushaltsexperten des Finanzministeriums hätten dies bei der internen Planen sehr wohl berücksichtigt. Für diese Mindereinnahmen gebe es deshalb eine Vorsorge im Bundeshaushalt.
Vor diesem Hintergrund könne sogar mit einem leichten Plus gerechnet werden:
Da gleichzeitig die Konjunktur etwas besser läuft und die Einnahmen steigen lässt, bringt die Steuerschätzung für den Bundeshaushalt 2024 sogar ein Mini-Plus von 2,8 Milliarden Euro.
Handelsblatt
Einen Haushalt konnte Lindner ob dieser neuen Schätzung noch nicht vorlegen, was zu heftigen Reaktionen der Opposition führte. "Die bereits über Monate andauernde Uneinigkeit und Lethargie in der Haushaltspolitik ist ein Trauerspiel und sollte schnellstmöglich überwunden werden", betonte etwa der CDU-Politiker Christian Haase laut Deutscher Presse-Agentur (dpa). Den "Utopisten" bei Sozialdemokraten und Grünen müsse endlich Einhalt geboten werden.
Lindner führte dagegen in erster Linie technische Probleme an, weshalb der neue Haushaltsplan nicht vorgelegt werden konnte. Die Zeit zwischen Steuerschätzung und Kabinettstermin sei so kurz, dass handwerklich überhaupt kein Entwurf erstellt werden könne, sagte er laut dpa.
Inhaltlich ist die Regierungskoalition aber auch noch weit entfernt von einer Einigung. Der linke Flügel der SPD fordert laut Handelsblatt in einem neuen Papier, die Steuern für Gutverdiener und Vermögende zu erhöhen. Aber Steuererhöhungen lehnen die Liberalen ab.
Teile der SPD wollen demnach die Staatsausgaben senken, indem "überflüssige, unwirksame und umweltschädliche Subventionen" abgebaut werden.
Gleichzeitig werden aber von SPD und Grünen Forderungen laut, welche die Staatsausgaben wieder erhöhen würden. Die Pläne für den Industriestrompreis würden die Bundesregierung etwa 30 Milliarden Euro kosten. Der Austausch der Heizungen würde wohl mit weiteren knapp zehn Milliarden Euro zu Buche schlagen.
Höhere Zinsen für den Schuldendienst müssen inzwischen ebenfalls berücksichtigt werden. Und Länder und Kommunen wollen auch nicht mit den Kosten der Flüchtlingspolitik alleingelassen werden.
Deshalb ruft der Steuerzahlerbund die Bundesregierung auf, zu einer stabilitätsorientierten Finanzpolitik zurückzukehren. "Deutschland ist bei Steuern und Sozialabgaben weltweit im Spitzenfeld", sagte der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ).
"Bürger und Betriebe stehen allein bei den Steuerzahlungen vor einem Abgabenrekord von 1.000 Milliarden Euro", so Holznagel. Mit diesem Geld müsse wieder eine an Stabilität orientierte Finanzpolitik gelingen, ohne dass man sich kreativer Schuldenfonds bediene.
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