Staatsschulden sind eine Frage nach dem Demokratieverständnis

Seite 3: Prioritätensetzung

Das zugehörige Stichwort heißt Prioritätensetzung, und da gleicht ein Staat eben doch der schwäbischen Hausfrau. "Man" kann sich nicht einfach alles leisten, was "man" sich gerne leisten möchte.

Doch um diese Verhandlungen drücken sich Politiker naturgemäß gerne, weil sie mit jeder Kürzung den Protest der Anspruchsteller deutlich mehr fürchten müssen als bei Beibehaltung der Ausgaben Protest von eben nicht näher benannten Anspruchsgegnern.

Niemand hätte etwas gegen Schulden, die sich amortisieren. Doch dubioserweise ist das wenigstens im Saldo nie der Fall: Die Ausgaben wachsen trotz aller Effizienzsteigerungen und angeblichen Vereinfachungen.

Trotz Digitalisierung wachsen die Verwaltungen. Trotz Automatisierung und Produktionssteigerung wird unterm Strich alles teurer. Das kleinste neue Feuerwehrgerätehaus auf dem Dorf mit Stellplatz für ein einziges Fahrzeug kostet heute mehr als ein kompletter alter Bauernhof mit Ackerland.

Heute mehr ausgeben, dafür in der Zukunft weniger (und darüber die Schulden tilgen), das würde keinen Glaubenskrieg verursachen (Schulden schlimm oder notwendig?). Doch die Politik verteilt Geld, das sie nicht hat, von Menschen, die sie nicht fragt (und die es vielleicht - noch - gar nicht gibt), an Menschen, die möglicherweise nicht einmal danach verlangt und dafür eine Gegenleistung angeboten haben.

Die Diskussion, ob die erst 2009 eingeführte Schuldenbremse noch zeitgemäß ist (was der damals verantwortliche Finanzminister Peer Steinbrück heute verneint), übergeht die entscheidenden Fragen, eben die danach, wer da was von wem wofür wie warum möchte.

Schon in der Ursprungsfassung des Grundgesetzes hieß es:

Im Wege des Kredites dürfen Geldmittel nur bei außerordentlichem Bedarf und in der Regel nur für Ausgaben zu werbenden Zwecken und nur auf Grund eines Bundesgesetzes beschafft werden. Art. 115 Grundgesetz, 23. Mai 1949

Die Vorgabe, dass sich die Politik nicht nach Belieben Geld beschaffen kann, ist also alles andere als neu. Und sie ist auch nicht unzeitgemäß geworden. Denn demokratisch kann nicht gerechtfertigt werden, künftige Bürger vor unabänderliche Tatsachen zu stellen, nur weil es heute der bequemste Weg ist.

Eine Möglichkeit, die so gut wie nie diskutiert wird, die sich aber geradezu in den meisten Fällen aus den VW7-Fragen ergeben würde, ist die Verhandlung von gesellschaftlichen Teilgruppen miteinander. Wer etwas von anderen will, muss sich mit diesen auseinandersetzen.

Wer gute Argumente und Angebote hat, wird damit Erfolg haben. Der entscheidende Punkt wird dabei stets das "Wie" sein. Einfacher ist es natürlich, dies auszusparen und wahlweise Schulden zu machen (also auch das "Von Wem" nicht zu beantworten) oder Steuern von allen zu erheben und alles so zu vermengen, dass niemand mehr sagen kann, wer davon was von wem wofür erhält.