Stahl bis Elektronik: Wie die Haushaltskrise Deutschlands Industrie bedroht
Die Haushaltskrise in Deutschland bedroht Industrie, von Stahl bis Elektronik. Für Unternehmen wird Investitionssicherheit im Ausland zur Option.
Das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat Deutschland vor eine enorme Herausforderung gestellt. Eine Haushaltskrise, die nicht nur ein Loch von 60 Milliarden Euro in die Ausgabenpläne der Regierung für 2024 gerissen hat, sondern auch industrielle Großprojekte gefährdet, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind.
Von der Krise betroffen sind unter anderem die ehrgeizigen Pläne von ArcelorMittal, dem zweitgrößten Stahlhersteller der Welt. Sein Vorhaben, 2,5 Milliarden Euro in die Dekarbonisierung seiner deutschen Stahlwerke zu investieren, liegt nun auf Eis. Der geplante Umbau sollte von staatlicher Unterstützung begleitet werden, doch diese ist angesichts der aktuellen Lage ungewiss.
Reiner Blaschek, Chef der deutschen ArcelorMittal-Sparte, äußerte sich laut Reuters enttäuscht und besorgt über die anhaltende Finanzierungsunsicherheit. Die Unfähigkeit der Regierung, einen schnellen Ausweg aus der Haushaltskrise zu finden, sei grob fahrlässig. Dies stelle nicht nur die Zukunft von Großprojekten infrage, sondern gefährde auch die Position Deutschlands als erstklassiger Industriestandort.
Die Sorge der Industrievertreter
Auch der deutsche ArcelorMittal-Konkurrent SHS Stahl-Holding-Saar hat noch keine endgültige Zusage für eine Förderung in Höhe von 3,5 Milliarden Euro, um den CO₂-Ausstoß seiner Hochöfen drastisch zu reduzieren.
Stefan Rauber, Vorstandsvorsitzender der SHS Stahl-Holding-Saar, betonte gegenüber Reuters die Dringlichkeit einer Entscheidung. Die Zeit drängt, denn das Programm muss bis Ende des Jahres umgesetzt werden. "Was wir hier sehen, ist verheerend für den Wirtschaftsstandort Deutschland weltweit. Und je länger es dauert, desto schlimmer wird es werden", sagte er.
Aber nicht nur die Stahlindustrie ist betroffen. Aus einem Papier des Wirtschaftsministeriums, aus dem Reuters zitiert, geht hervor, dass auch andere wichtige Branchen betroffen sind.
Der Mikroelektronik und der Batteriezellenproduktion, die auf finanzielle Unterstützung angewiesen sind, stehen ungewisse Zeiten bevor. In beiden Branchen könnten nun staatliche Gelder in Höhe von rund 24 Milliarden Euro fehlen.
Fraglich sind jetzt auch die Mittel, die über sogenannte Klimaschutzvereinbarungen eingeplant waren. Sie sollten der Industrie helfen, sich gegen Schwankungen des Strompreises abzusichern. Ihr Volumen wurde laut Reuters auf knapp 68 Milliarden Euro geschätzt.
Die Bedenken in der Wirtschaft
Das Bundesverfassungsgericht hatte entschieden, dass nicht verbrauchte Mittel aus der Coronapandemie nicht für andere Zwecke umgewidmet werden dürfen. Diese Entscheidung hat nicht nur die Bundesregierung in eine Haushaltskrise gestürzt, sondern auch Investoren verunsichert.
Die Bedenken von Industrie und Investoren spiegeln die weitverbreitete Sorge wider, dass Deutschland seine Finanzierungszusagen für wichtige Expansionsprojekte nicht einhalten kann. Dies betrifft nicht nur ArcelorMittal, sondern auch Unternehmen wie Intel, TSMC und Infineon.
Die Haushaltsprobleme verschärfen die bereits bestehenden Schwierigkeiten, Investitionen ins Land zu holen und den Verlust von Industriestandorten an das Ausland zu verhindern. Deutschland konkurriert mit den USA und Asien um Investitionen in Zukunftstechnologien und Arbeitsplätze.
Die Rolle des U.S. Inflation Reduction Act (IRA)
Die USA haben mit dem Inflation Reduction Act (IRA) einen klaren Vorteil: einen klaren Rechtsrahmen für Investitionen. Dieser ist für aufstrebende Industrien wie die Wasserstoffwirtschaft von zentraler Bedeutung. Und es besteht die Gefahr, dass notwendige Investitionen nicht in Deutschland, sondern in den USA getätigt werden.
Bernhard Osburg, Vorstandsvorsitzender von ThyssenKrupp Steel Europe, sagte gegenüber Reuters: "Wenn der Eindruck entsteht, … dass es unsicher ist, diesen Weg mit deutschen Unternehmen zu gehen, … dann werden sich die Anlagenbauer nach dem IRA und anderen Projekten in den USA umsehen, weil es dort einfach Investitionssicherheit gibt".
Die Langzeitfolgen der Haushaltskrise
Die unmittelbaren Auswirkungen der Haushaltskrise auf die Projekte sind beunruhigend, aber die größte Sorge ist, dass Deutschlands langfristiger industrieller Wandel auf dem Spiel steht.
Sollten die Pläne zur Senkung der Strompreise für die Industrie scheitern, könnte dies die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen wie BASF und anderen energieintensiven Unternehmen gefährden.
Die Unsicherheit in der deutschen Wirtschaft wächst und die Lösung dieser Krise wird entscheidend sein, um die Position Deutschlands als Industriestandort zu sichern. Es bleibt abzuwarten, wie die Regierung mit der Haushaltskrise umgehen wird und welche Auswirkungen dies auf die Industrie haben wird.
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