Startschuss US-Wahlkampf 2016
Seite 2: Die möglichen republikanischen Kandidaten
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Der evangelische Tea-Party-Kandidat
Bei den Republikanern hat sich Ted Cruz, Neu-Senator aus Texas, an die letzte noch zur Disposition stehende GOP-Wählerbasis gewanzt, als er für seine offizielle Ankündigung die Liberty University wählte, laut eigener Aussage die größte christliche Hochschule weltweit. Sein Versuch, sich die Unterstützung der religiösen GOP-Basis vor allen anderen zu sichern, ging am Ostern-Wochenende in die nächste Runde, als er sein erstes Werbevideo präsentierte: "Blessing" (Dt: Segnung).
Cruz gilt als intelligenter Debattant. Er war der Anführer, der in Tea-Party eigener trotziger Kompromisslosigkeit im Budget-Streit 2013 die Regierung lahmlegte. Seit seiner Ankündigung haben sich seine Umfragewerte mehr als verdoppelt, aber liegen im RCP-Durchschnitt noch sieben Punkte hinter den beiden beiden führenden Jeb Bush und Scott Walker. Ob er bei weiter steigenden Werten den Zuspruch der GOP-Basis erhält, bleibt abzuwarten.
Acht Jahre ein Demokrat im Weißen Haus, acht Jahre Barack Obama, und dazu mit Hillary Clinton eine aussichtsreiche Kandidatin für das Weiße Haus hat die GOP nach den vergangenen ideologischen Grabenkämpfen vereint und "durstig" gemacht: Sie wollen endlich einen wirklich gemeinsamen Fahnenträger finden, sagt Matt Schlapp, Vorsitzender der American Conservative Union (ACU), die mit der jährlichen Conservative Political Action Conference (CPAC) den groben Stimmungsbarometer der GOP-Kandidaten organisiert. Grob, weil auf der diesjährigen Veranstaltung Rand Paul, Senator aus Kentucky in erster Amtszeit, die Probeabstimmung gewann (25,7 %), im dritten Jahr hintereinander, und von 20 archivierten CPAC-Abstimmungen überhaupt nur drei Kandidaten danach auch zum GOP-Kandidaten für den Posten des Präsidenten der Vereinigen Staaten (POTUS) ernannt wurde (Reagan, George W. Bush, Romney).
Der libertäre Außenseiterkandidat
Rand Paul hat ähnlich wie sein Vater Ron Paul einen großen jugendlichen Fanclub (die Hälfte der 3000 Teilnehmer des CPAC waren unter 25 Jahre jung), die sich dem Libertarismus zuordnet und mehr individuelle Freiheit und weniger Einmischung der Regierung fordern. Sie mögen, dass er die Geldpolitik der Federal Reserve kritisiert.
Das Risiko eines Unruhestifters gegen den Status quo ist freilich von der breiten Masse als kauzig und damit schnell als nicht wählbar abgestempelt zu werden. Paul hält sich im RCP-Durchschnitt mit 8,7 Prozent noch auf den mittleren Plätzen der Republikaner. Er ist laut Crowdpac der konservativste Vertreter aller republikanischen Anwärter.
Der neokonservative Tea Party-Kandidat
Auf Platz zwei der CPAC wurde Scott Walker gewählt. Dessen Chancen stehen deutlich besser. Gegenwärtig liefert sich der Gouverneur aus Wisconsin in Umfragewerten ein Kopf-an-Kopf Rennen mit Jeb Bush, der ähnlich wie Clinton bei den Demokraten als Favorit gilt.
Walker ist Sohn eines Pfarrers und hat sich einen Namen gemacht, dessen Auslegung eine Frage der politischen Perspektive ist: im negativen als höriger Laufjunge für die neokonservativen Interessen der Koch-Brüder, den Tea-Party-Geldgebern; im positiven als loyaler Soldat für die konservativen Werte der Koch-Brüder, für die er die Gewerkschaften in seinen Bundesstaat entmachtete in Fragen der Tarifverhandlungen für öffentlich Bedienstete ("Lahme Ente" Obama und ein katastrophales Tea-Party-Experiment). Walker liegt laut RCP-Daten unter potentiellen GOP-Kandidaten mit 16.2 Punkten nur 0.8 Punkte hinter Jeb Bush, der das Feld anführt (Umfrage Zeitraum: 26.2. bis 31.3.2015).
Walker darf sich der Unterstützung des Tea-Party-Flügels der Republikaner sicher sein. Sollte er als GOP-Kandidat für 2016 an den Start gehen, wird er den Anti-Union Kampf auf nationale Ebene tragen und könnte damit den seit Jahrzehnten siechenden US-Arbeitergewerkschaften neues Leben einhauchen - es wäre für das GOP-Establishment die Frage, die es zu beantworten gilt: Wie viele von der bisherigen Wählerbasis von weißen, männlichen Arbeitern würde man im Zuge einer Walker-Kür an die Demokraten verlieren, auf dessen Seite eine Clinton oder vielleicht ein Jim Webb warten? Walkers Vorteil gegenüber seinen Konkurrenten: Der Kampf um seine Wiederwahl 2012 ließ Konservative im ganzen Land wach werden und Walker kann bereits jetzt auf ein breites Spender-Netzwerk zurückgreifen. Es gibt nur einen, der auf diesem Feld noch besser unterwegs ist: Jeb Bush, das Pendant zu Hilary Clinton was politischen Filz angeht.
Der Kandidat des Establishments
Jeb Bush ist der Kandidat des GOP-Establishments, und so kam er beim CPAC mit 8,3 Prozent nur auf Platz fünf, hinter Ted Cruz und dem Neurochirurgen Ben Carson. Gegen Jeb spricht sein Name: Können die USA einen dritten Bush verdauen? Weil der ehemalige Gouverneur von Florida von Amnestie und Führerscheine für illegale Einwanderer spricht, gilt er unter Konservativen außerdem als zu moderat. Sein Common-Core-Programm, das bundesweit einheitliche Standards in den Fächern Englisch und Mathe fordert, stößt ebenso auf Kritik. Bush ist zwar noch nicht eingeknickt, aber versucht seitdem die Wogen zu glätten, in dem er Common Core als Minimum-Niveau einfärbt und sagt, dass die einzelnen Bundesstaaten doch eigentlich viel höhere Ansprüche stellen sollten.
Schlachtet er seinen jahrelangen Kampf um lebenserhaltene Maßnahmen im Terri Schiavo-Fall gekonnt aus, könnte ihm das unter Konservativen etwas Wohlwollen einbringen. Bush gilt als nicht besonders guter Redner und führt damit die Familientradition fort. Für ihn spricht seine lange politische Erfahrung als Gouverneur und dass er fließend Spanisch spricht, seine Frau ist Latina, seine Wählerschaft war es und wird es wieder sein: 2012 verloren die Republikaner den "Hispanic-Vote" mit 44 Prozentpunkten Unterschied an die Demokraten. Die Partei benötigt dringend einen Kandidaten, der diese Entwicklung aufhält. Hier steht Bush in direkter Konkurrenz mit Marco Rubio.
Der Kandidat für die Latino-Basis
Marco Rubio, Kind kubanischer Einwanderer und Senator aus Florida, plant für den 13. April ein politisches Event, auf dem er voraussichtlich bekannt geben wird, dass er sich um das Amt des US-Präsidenten bemühen will. Anfang des Jahres kam rechtzeitig sein neues Buch in die Buchläden "American Dreams - Restoring Economic Opportunity for Everyone" über Chancengleichheit und Würde.
Rubios Fokus liegt auf der Einwanderungspolitik und er hat aus der Vergangenheit gelernt. Als einer der parteiübergreifenden "Gang of Eight", die 2013 einen umfassenden Gesetzentwurf für eine Einwanderungsreform vorlegten, der Illegalen einen Weg zur Staatsbürgerschaft ebnen sollte, zog er den Zorn der konservativen Basis der GOP auf sich. Auf der CPAC ließ er verlauten, er habe aus dieser Episode gelernt: Es sei wichtig, dass die Menschen wissen, das illegale Einwanderung auch weiterhin überwacht und reguliert werde.
Neben der wachsenden wirtschaftlichen Ungleichheit im Lande wird die Außenpolitik eines der großen Themen der Wahl 2016 sein. Rubio hat hier klare Vorteile gegenüber der Konkurrenz. Er ist Mitglied im Ausschuss des Senats der Vereinigten Staaten zur Außenpolitik und kann über die iranische Atompolitik genauso kompetent debattieren wie über Russland, China und Europa. Für ihn wird entscheidend sein, wie erfolgreich er sich von seinem Ziehvater Jeb Bush absetzen kann.
Wer wird sonst noch gehandelt?
Der Neurochirurg im Ruhestand Ben Carson, zu Weltruhm gelangt durch erfolgreiche Trennungen von Siamesischen Zwillingen, will sich Anfang Mai entscheiden. Er hat sich ins politische Rampenlicht gerückt durch massive Kritik an Obamas Krankenversicherung "Obamacare" und ultrakonservativen Aussagen, wonach Schwulsein eine freiwillige Entscheidung sei. Beim CPAC landete er auf Platz vier.
Von manchen Medien wird der Afroamerikaner aus einem Armenviertel Detroits als "umgekehrter Obama" gehandelt. Sobald Carsons Außenseiter-Kredit aufgebraucht ist, wird sein Stern sinken. Im RCP-Ranking hält er sich noch im Mittelfeld gleichauf mit Cruz, Paul und dem ehemaligen Gouverneur aus Arkansas und Pastor Mike Huckabee, der bereits 2008 um das Präsidentenamt kandidierte, aber gegen Parteikollegen John McCain verlor.
Chris Christie, Gouverneur aus New Nersey, ist im RCP-Ranking mit 6 Prozent nicht abgeschlagen, aber sein größeres Problem ist nicht der Bridgegate-Skandal, sondern Umfragewerte, wonach 57 Prozent der Republikaner ihn als Kandidaten in den Vorwahlen nicht unterstützen würden, berichtet die Washington Post auf Berufung einer Umfrage von NBC/Wall Street Journals Mitte März.
Außer 2012er Kandidaten wie der ehemalige Gouverneur aus Texas, Rick Perry, oder Rick Santorum, werden wohl auch die Republikaner einen weiblichen POTUS-Anwärter zu bieten haben: Carly Fiorina. Die ehemalige Geschäftsführerin von Hewlett-Packard war die erste Frau, die ein Fortune 20-Unternehmen führte. Ihre Chancen anzutreten, liegen laut eigener Aussage bei 90 Prozent. Sie wird sich ähnlich wie Mitt Romney 2012 als Expertin verkaufen, die angeblich weiß, wie die Privatwirtschaft wirklich funktioniert und in dem Managern eigenen Selbstverständnis also auch das Weiße Haus und ein Land führen kann. Für Romney hat diese Storyline zweimal nicht funktioniert, obgleich er politische Erfahrung zu bieten hatte, Fiorina dagegen lediglich eine verlorene Kampagne um einen Senatsposten 2010 in Kalifornien.