Steigende Inzidenzen: Mallorca rudert bei Öffnungsschritten zurück
Angeblich wollen die Balearen an Ostern gar keine deutschen Touristen und in Palma de Mallorca schiebt man den schwarzen Peter nun Merkel zu
Ist es eine tolle Idee, dass man aus Deutschland mit dem Flugzeug eng auf eng nach Mallorca fliegen darf, aber eine Fahrt an die Ostsee oder in den Schwarzwald weiterhin auch dann nicht möglich sein soll, wenn das in Eigenregie mit Selbstversorgung in der eigenen Ferienwohnung, Wohnwagen oder Wohnmobil geschieht? Die Zweifel daran wachsen. Zudem legt auch die Regionalregierung der spanischen Balearen den Rückwärtsgang angesichts steigender Infektionen ein.
Es ist nur gut eine Woche her, dass Restaurants und Bars ihre Innenräume wieder nutzen durften. Doch dieser Öffnungsschritt wird nun wegen der schlechten Entwicklung der Fallzahlen ab Freitag bis nach Ostern zurückgenommen.
Lag die 14-Tage-Inzidenz vor gut einer Woche, als der Ansturm auf Oster-Flugtickets begann, bei 41 pro 100.000 Einwohnern, ist sie nun wieder auf knapp 52 gestiegen. Damit spricht man in Spanien nicht mehr von einem niedrigen Risiko, sondern bereits von einem mittleren Risiko.
Die Sieben-Tage-Inzidenz ist auf gut 31 gestiegen und fast alle neuen Infektionen finden sich auf Mallorca, wo es auch Hotspots gibt. Mancor weist eine 14-Tage-Inzidenz von fast 800 aus, in Escorca, wo ein "extremes Risiko" herrscht, sind es fast 500. Inca und Sóller verzeichnen starke Ausbrüche.
Experten erwarten, dass die Inzidenz weiter steigt. Mallorca könnte bei der Sieben-Tage-Inzidenz noch vor Ostern die Schwelle von 50 überschreiten, die sowohl die Bundesregierung als auch das Robert Koch-Instituts vorgeben.
Zwischen Mallorca und Berlin schiebt man sich nun den schwarzen Peter hin und her. So hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach der Sitzung mit den Ministerpräsidenten der Länder am frühen Dienstag erklärt, in der Reisefrage sei "die Rechtslage verzwickt". "Dass Spanien die Hotels – man muss sagen: zum Teil – auf Mallorca geöffnet hat, führt angesichts unserer Einteilung in Risikogebiete und Nichtrisikogebiete zu Schwierigkeiten", erklärte Merkel.
Mallorca: Tourismussaison sichern
In Mallorca äußert man plötzlich, dass man an Ostern eigentlich keine Urlauber haben wollte, wie Wirtschaftsminister Iago Negueruela mitteilte, da "Ostern keine Priorität" habe. "Wichtig ist es, die Sommersaison zu sichern", sagte er. Wenn nun Touristen anreisen, sei das nicht die Sache Mallorcas, sondern falle in die Verantwortung der Regierungen Spaniens und Deutschlands, gab der Sozialdemokrat die Verantwortung an seine sozialdemokratische Zentralregierung und nach Berlin ab.
Dabei hatte vor zwei Wochen Francina Armengol, Regierungschefin der Balearen, um deutsche Touristen an Ostern geworben: "Wenn Flugzeuge ankommen und es keine Einschränkungen in Deutschland gibt, um zu uns zu kommen, können die Touristen hier sein", sagte sie. Und sie hob ausdrücklich hervor, dass es für Hotels auf den Inseln keine Einschränkungen gebe, soweit dies in die Kompetenz der Regionalregierung falle: "Uns geht es darum, die Tourismussaison zu sichern."
Nun, da die Inzidenz, nicht wirklich überraschend, erneut steigt, versucht man in Palma die Verantwortung abzugeben.
Berlin prüft Einschränkungen
In Berlin denkt man, nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel schon in der Frage der "Osterruhe" zurückgerudert ist, offenbar darüber nach, wie man eine Mallorca-Reisewelle stoppen könnte. Merkel ziehe nun doch Einschränkungen in Betracht, wird berichtet: "Bei der Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch kündigte Merkel nach Auskunft aus Teilnehmerkreisen an, dass das Innenministerium und das Justizministerium Einschränkungen prüfen sollten", meldete der Spiegel.
Dass Gefahren bei Balearen-Reisen lauern, ist allen klar. Im Beschluss vom Dienstag wurde darauf hingewiesen, dass "insbesondere bei beliebten Urlaubszielen" wie Mallorca "damit zu rechnen ist, dass Urlauber aus zahlreichen Ländern zusammentreffen und sich Covid-19 Varianten leicht verbreiten können". Eine Konsequenz daraus wurde bisher aber nicht gezogen.
Reiseassoziierte Covid-19-Fälle
Bleiben die derzeit gültigen Maßnahmen bestehen, so riskiere man eine größere Verbreitung des Virus und seiner Varianten in Deutschland, wird befürchtet. Eine RKI-Studie wies kürzlich auf die "reiseassoziierten Covid-19-Fälle" im Sommer hin. Gesprochen wurde von einer "Sommerferienwelle" nach der Wiederöffnung der Grenzen im Juni. Der Höhepunkt bei den übermittelten reiseassoziierten Covid-19-Fällen sei Ende August mit 48,0 Prozent erreicht worden.
Damals befanden sich Bundesländer, die zusammen mehr als 70 Prozent der Bevölkerung aufweisen, gleichzeitig in den Sommerferien. Fast die Hälfte aller Neuinfektionen dürften also mit einem Auslandsaufenthalt in Verbindung gestanden haben.
Unklar ist die Frage, ob auf den Balearen zwei Fälle der besonders aggressiven brasilianischen Variante festgestellt wurden. Auch darüber sorgt man sich in der Bundesregierung. Das für die Inseln zuständige Gesundheitsministerium bestreitet, dass es sich um die besonders gefährliche brasilianischen Variante P.1 handele. "Die hier festgestellten Varianten sind nicht diejenigen, die in Manaus gefunden wurden", versicherte auch der Corona-Sprecher der Balearen, Javier Arranz.
Er kündigte an, dass demnächst ein Bericht über die auf den Inseln zirkulierenden Virus-Varianten vorgelegt werde. Entdeckt worden sei die Variante B.1.1.28, wobei es sich um einen weniger gefährlichen Vorläufer von B.1.1.28.1 handeln soll, der auch als P1 bezeichnet wird.
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