Stresstest zugunsten Frankreichs
Seite 2: Nuklearkrise und "Energieschmerzen" für Europa
- Stresstest zugunsten Frankreichs
- Nuklearkrise und "Energieschmerzen" für Europa
- AKW-Verlängerung blockiert Energiewende
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Deutsche Gaskraftwerke haben kurzfristig den fehlenden Strom aus französischen Atomkraftwerken ersetzt. Allein im Juni 2022 flossen 1,7 Milliarden Kilowattstunden Strom aus deutschen Gaskraftwerken nach Frankreich, um den Atomstromausfall der französischen Atomkraftwerke zu kompensieren.
Schon im Mai 2022 titelte die Wirtschafts- und Finanzagentur Bloomberg: "Die sich vertiefende Nuklearkrise in Frankreich wird für Europa noch mehr Energieschmerzen bedeuten". Bloomberg warnte wegen des langfristigen Ausfalls der französischen Atomkraftwerke vor hohen Preisen und Schwierigkeiten für die Energieversorgung im kommenden Winter. Die Entscheidung um die Laufzeitverlängerung in Deutschland ist damit direkt verbunden.
Nüchtern betrachtet überrascht es, wie Sicherheitsaspekte in der Entscheidung führender Politiker komplett ausgeblendet werden. Die neueste Studie des BUND erinnert daran, dass Deutschland den Atomausstieg 2011 mit der Begründung der unberechenbaren Sicherheitsrisiken im AKW-Betrieb beschlossen hat.
Das Sicherheitsrisiko ist jedoch seit 2011 größer geworden. Die drei am Netz verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland haben ihre Betriebsdauer von 30 Jahren überschritten. Zudem erlaubten die Atomaufsichtsbehörden den Betreibern Abstriche auf Sicherheitsüberprüfungen, Nachrüstungen und Reparaturen.
In den Reaktoren der Meiler Neckarwestheim und Lingen wurden in den vergangenen Jahren immer wieder Risse in den Dampferzeugern entdeckt. Ursache ist eine Spannungsrisskorrosion in den Dampferzeugerrohren, die im ungünstigen Fall einen Super-Gau auslösen kann. Im Atomkraftwerk Neckarwestheim sind bereits mehr als 300 Risse bekannt. Risse, wie sie auch in französischen AKW festgestellt wurden, die deshalb vom Netz gehen mussten. Lokale Atomkraftgegner:innen haben zusammen mit der Antiatominitiative "Ausgestrahlt" Klage gegen den Weiterbetrieb erhoben.
Das ganze Dilemma der Atomkraftdebatte zeigt sich am Beispiel der französischen Atomindustrie. Hier wird auf dramatische Weise sichtbar, welche Defizite eine ausschließlich auf Atomkraftwerke ausgerichtete Stromgewinnung mit sich bringt. In Frankreich werden rund 70 Prozent des Stroms mit Atomkraftwerken erzeugt.