Strom statt Sprit

Stillgelegte Tankstellen werden neu bewirtschaftet als Stromtankstellen für Elektroautos, zum Nachladen in nur 20 Minuten

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Londoner Tankstellen, die von der Autokrise kalt erwischt wurden, haben vielleicht eine elektrische Zukunft. Fünf elektrische Stromtankstellen sollen noch in diesem Jahr in der britischen Hauptstadt eröffnen. Die erste entsteht in der Grosvenor Road nahe Pimlico Station mit Hochleistungsanschlüssen, die in der Lage sein sollen, die Akkupacks geeigneter Fahrzeuge in nur 20 Minuten nachzuladen. Als geeignete Fahrzeuge mit Lithium-Ionen-Batterien werden Tesla Roadster, G-Wiz und der auf dem Fiat 500 basierende Nice e500 genannt. Die Ladezeit dürfen die Fahrer in Foyers im Flughafenstil mit Kaffee und Häppchen verbringen.

Entwurf einer Stromtankstelle. Bild: EPR Architects-London,

Fünf weitere Londoner Tankstellen sollen noch in diesem Jahr ganz auf Stromlieferung umgestellt werden. Londons Bürgermeister Boris Johnson erwägt für London sogar einen Plan zur Vermietung von Elektroautos, der rund 1000 Stromladestellen erforderte. Vorbild dafür wiederum ist Autolib, ein ähnlicher Plan, den Paris 2010 umsetzen will. Er sieht nach dem Muster des bereits in der Stadt etablierten Fahrradverleihs 4.000 Elektrofahrzeuge für Paris und seine Vororte vor, die von Fahrern nach Online-Buchung zu nutzen und an beliebigen Zielorten abzustellen sind.

Die Technik für die Stromzapfsäulen liefert die Firma Evoasis mit Sitz im kalifornischen San Diego sowie London. Sie entwickelt elektrische Ladestationen für Ballungsgebiete mit hohem Verkehrsaufkommen. Die "Upstart"-Ladestationen sind über interaktive Touchscreens bedienbar. Da unterschiedliche Batterietypen unterschiedliche Ladeprozeduren erfordern, führen sie vorher eine Diagnostik des verbundenen Fahrzeugs mit Fehlerprüfung durch. Lade- sowie detaillierte Diagnosedaten werden für eventuelle weitere Auswertungen sowie die Abrechnung gespeichert. Zu den übermittelten Daten gehören unter anderem Ereignisaufzeichnungen für Haftpflicht- und Versicherungszwecke, falls es zu Schadenersatzklagen wegen falscher Ladeprozeduren komme, mit denen Evoasis zu rechnen scheint.

Hardware und Firmware für die Diagnostik steuert die taiwanesische Firma Chroma ATE bei, die auch Komponenten für den Elektrosportwagen von Tesla Motors liefert. Das Pilotsystem in London soll mit fünf Tankstellen in fünf Bezirken insgesamt 60 Ladestationen bieten, die jeweils auf das Laden von 12 Fahrzeugen ausgelegt sind – insgesamt also 720 Fahrzeuge. Mit Supermarktketten wie Tesco möchte Evoasis gerne weitere Ladestationen für deren Kunden einrichten, und im Zeitraum bis 2012 sind ähnliche Projekte weltweit angedacht. Das Laden eines durchschnittlichen Fahrzeugs wie des im Londoner Stadtbild bekannten G-Wiz mit seiner Reichweite von 65 km soll rund zwei Britische Pfund kosten.

Wie bei herkömmlichen Tankstellen sind auch Nebenumsätze schon mit eingeplant, etwa das Überspielen von Medieninhalten für die bordeigenen Systeme wie etwa MP3-Songs, Filme und Entertainment für die Passagiere auf den Rücksitzen. Unterhaltsame Anleihen macht der Anbieter bei seinem System R2G (Red 2 Green) auch bei der Gestaltung der Ladestationen, die nicht nur entfernt an die traditionellen roten Telefonzellen des Landes erinnern. "Dr. Who Booths" möchte Evoasis sie lieber nennen in Anlehnung an die TV-Serie der BBC um den mysteriösen Dr. Who, dessen Zeitmaschine von außen wie eine altmodische Notrufzelle wirkte.