Strompreise: Vom Himmel fallende Milliardengewinne
Seite 2: Wie Stromkunden entlastet werden könnten
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Das DIW hat berechnet, dass die Stromkosten im vergangenen Jahr um knapp 1,7 Milliarden Euro geringer gewesen wären, wenn es keine Windfall-Profits gäbe.
Also etwa 1,7 Milliarden Euro mussten Stromkunden in Deutschland über die gesetzlich garantierte Vergütung hinaus an Windfall-Profits über die derzeitigen Regelungen allein im Bereich der Erneuerbaren Energien bezahlen. "Allein im Dezember hätte die Ersparnis bei etwa 750 Millionen Euro gelegen", schreibt das Institut.
Die DIW-Forscher stellen fest, dass über die Marktprämie, wie sie derzeit gestaltet ist, für EE-Anlagen eine asymmetrische Absicherung geboten werde: "Die Erneuerbare-Energien-Anlagen sind gegen niedrige Preise abgesichert, StromkundInnen jedoch nicht im selben Maße gegen hohe Strompreise geschützt", kritisiert die Studie.
Untersucht wurde auch, wie sich die Kosten für die Verbraucher entwickelt hätten, wenn man statt einer Marktprämie sogenannte "Differenzverträge" (Contracts of Difference/CfD) benutzen würde. Denn bei diesen CfD bekommen die EE-Anlagenbetreiber eine Differenz nur erstattet, wenn ihr Erlös unter eine garantierte Vergütung fällt.
Im Fall der CfD-Verträge, die in Europa zum Teil schon im Einsatz sind, wird vorgeschrieben, dass die Windfall-Profits auf ein Förderkonto abgeführt werden, worüber der Strompreis für die Verbraucher gesenkt werden kann. Würden statt der CDU-Marktprämie in Deutschland Differenzverträge genutzt, dann wären die Kosten für die Verbraucher eben im vergangenen Jahr um 1,7 Milliarden gesunken. 2022 dürften, schaut man sich die derzeitigen Preise an, die Windfall-Profits noch viel höher ausfallen.
Interessant ist aber, dass es in Deutschland keine Studien darüber gibt, welche zusätzlichen Gewinne zum Beispiel auf die Erzeuger von Atomstrom und Braunkohle herabregnen. Podewils räumt zwar grundsätzlich auch "heftige" Windfall-Profits für diese Sektoren ein, meint aber, dass die ihren Strom "oft langfristig und zu niedrigeren Preisen" verkaufen würden.
Der Strom aus erneuerbaren Energien würde überwiegend am Spotmarkt einen Tag vor Lieferung zu den jeweils aktuellen hohen Börsenstrompreisen vermarktet. Ob dem so ist, und welche Windfall-Profits dort entstehen, das sollte untersucht werden, bevor man dazu Aussagen macht.
In Spanien ist das ganz anders. Dass es auf dem Strommarkt um enorme Windfall-Profits geht, hat die "Internationalen Energieagentur" (IEA) gerade berechnet. Nach deren Schätzungen sollen allein im laufenden Jahr in der EU insgesamt 200 Milliarden Euro an zufälligen Profiten für die Stromerzeuger entstehen. Sogar effiziente Gaskraftwerke sollen noch deutliche Zusatzgewinne erzielen.
Doch auch hier wird von der als atomfreundlich geltenden Energieagentur mehr als zaghaft nicht einmal eine Reform gefordert, um diese absurden Zusatzgewinne abzuschaffen. Die IEA, die selbst sogar über strategische Ölreserven verfügt, spricht nur darüber, dass "vorübergehende steuerliche Maßnahmen zur Anhebung der Steuersätze auf die unerwarteten Gewinne der Elektrizitätsunternehmen in Betracht gezogen werden könnten", anstatt sie abzuschaffen.
Diese Steuereinnahmen – die natürlich unter den geschätzten 200 Milliarden Euro an zufälligen Gewinnen liegen würden - könnten auch an Stromverbraucher umverteilt werden, um höhere Energierechnungen teilweise auszugleichen.
Gedacht wird daran, die Auswirkungen auf vulnerable Gruppen abzufedern, sollten die Preise langfristig hoch bleiben. Die IEA verweist darauf, dass die Regierungen in Italien und Rumänien bereits Maßnahmen zur Besteuerung von Windfall-Profits beschlossen haben.
Warum aber sollten komplizierte Steuersysteme geschaffen werden, die wieder Kosten mit sich bringen, wenn man solche Zusatzgewinne sofort durch Regulierung abschaffen und die Stromrechnungen senken kann, statt für Steuereinnahmen zu sorgen, die über lange Umwege irgendwann in den Staatskassen ankommen und vielleicht irgendwann einmal zur Entlastung sozial schwacher Menschen eingesetzt werden?
Dass zufällige Gewinne zu Lasten der Verbraucher gemacht werden dürfen, wird nicht infrage gestellt, eine grundlegende Reform der Energiemärkte nicht einmal angesprochen. Ob die Stromversorgung nicht schlicht in die öffentliche Hand gehört, diese ketzerische Frage taucht natürlich weder beim der IEA noch beim DIW auf.