Studie: Nur 10 Prozent der Europäer glauben noch an Ukraine-Sieg über Russland
- Studie: Nur 10 Prozent der Europäer glauben noch an Ukraine-Sieg über Russland
- EU-Bürger:innen würden US-Lücke nicht füllen wollen
- Auf einer Seite lesen
Kaum jemand meint, dass Russland geschlagen werden kann. Auch sonst wollen Europäer einen Kurswandel. Was sie genau denken und was daraus folgen sollte.
Fast zwei Jahre nach der russischen Invasion in die Ukraine glauben nur noch zehn Prozent der Europäer, dass die Ukraine Russland besiegen kann.
Das ist das Ergebnis einer EU-weiten Umfrage (in zwölf EU-Staaten fanden die Befragungen statt), während ukrainische Truppen aufgrund der vorrückenden russischen Armee die Stadt Awdijiwka verlassen mussten und sie nun in der südlichen Gegend Saporischschja unter heftiges Feuer geraten.
Europäer wollen Kompromisslösung
Dabei sehen 37 Prozent eine "Kompromisseinigung" als wahrscheinliches Ergebnis des Russland-Ukraine-Kriegs. 20 Prozent sind davon überzeugt, dass Russland gewinnen wird, doppelt so viele, wie die, die an einen Ukraine-Sieg glauben.
Überall außer in Polen und Portugal rechnen mehr Menschen mit einem russischen als mit einem ukrainischen Sieg, in Ungarn sogar 31 Prozent und in Griechenland 30 Prozent. Deutschland liegt ungefähr im EU-Durchschnitt.
Diese und andere Umfrageergebnisse sollten Regierungen in Europa zu einer stärker realistischen Einschätzung der Ukraine-Unterstützung und dessen, was man als akzeptablen Frieden ansieht, bewegen.
Politiker müssen anders über Krieg sprechen
Gegenüber dem britischen Guardian sagte Mitautor Mark Leonard vom European Council on Foreign Relations (ECFR), das die Umfrage in Auftrag gegeben hat:
Um für eine fortgesetzte europäische Unterstützung der Ukraine zu werben, müssen die Staats- und Regierungschefs der EU die Art und Weise, wie sie über den Krieg sprechen, ändern.
Dabei zeigt sich, dass die Meinung der Bevölkerungen in Europa im Wandel begriffen ist. Eine ECFR-Umfrage vom Juni 2022 hatte ergeben, dass viele Europäer eine schnelle Lösung des Konflikts befürworteten, selbst wenn die Ukraine dafür Gebiete verlieren würde.
Wandel bei Einstellungen der Europäer
Das wandelte sich im Zuge der ukrainischen Erfolge, der massiven Unterstützung der Ukraine durch die USA und EU-Staaten und der breiten öffentlichen Erklärung, dass Russland militärisch geschlagen werden müsse und werde. In Europa glaubte Mitte letzten Jahres bei einer Erhebung eine Mehrheit, dass die Ukraine bis zum Sieg unterstützt werden müsse.
Lesen Sie auch:
Atomwaffen und Klimawandel: Das doppelte Damoklesschwert
Nach Waffendeals mit Russland und Ukraine: Rheinmetall als Werbepartner in der Kritik
Tödliche Hilfe: USA schicken Landminen in die Ukraine
Westliche Waffen gegen Russland: Zwischen Eskalation und Psychokrieg
China, Iran, Russland: Geheimdienste sehen neue Kampfdrohnen-Allianz
Die aktuelle Umfrage zeigt jetzt, dass die Stimmung sich erneut gedreht hat. Grund dafür ist die gescheiterte Gegenoffensive, das Eingeständnis eines Zermürbungskriegs und einer Pattsituation und die schwindende Bereitschaft in westlichen Hauptstädten, Kiew weiter zu unterstützten.
Es gibt noch ein weiteres bemerkenswertes Ergebnis der Studie. Gefragt wurden die Menschen in den EU-Staaten nämlich auch, ob sie der Meinung sind, dass Europa die Ukraine dabei unterstützen sollte, die von Russland okkupierten Gebiete zurückzuerobern, oder ob Europa demgegenüber die Ukraine vielmehr drängen sollte, über ein Friedensabkommen mit Russland zu verhandeln.
Bitte Verhandeln!
Eine Mehrheit, 41 Prozent, war in Bezug auf die europäische Unterstützung der Ukraine für Friedensverhandlungen, nur 31 Prozent für die Rückeroberung der Territorien.
In Schweden (59 Prozent), Portugal (48 Prozent), Polen (47 Prozent) und Frankreich (35 Prozent) ist eine Mehrheit jedoch für Rückeroberung. Anders im Rest der EU-Länder. In den Niederlanden (34 Prozent für Rückeroberung, 37 für Verhandlungen) und Deutschland (32 Prozent für Rückeroberung, 41 Prozent für Verhandlungen) ist eine Minderheit für eine militärische Lösung.
Mit großen Mehrheiten wird der Verhandlungsweg vor allem in Österreich (49 Prozent), Rumänien (50 Prozent), Italien (52 Prozent), Griechenland (59 Prozent) und Ungarn (64 Prozent) favorisiert.