Syrien: Der Boomerang der verdeckten CIA-Operationen

Seite 2: Überprüfungen mit alten Datenbanken

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Im Unterschied zu den eher auf die amerikanische Strategie angelegten Reflexionen solcher Artikel kann Murphy dank seiner Kontakte zu den Spezialeinheiten Konkretes beisteuern. So beschreibt er etwa, wie lausig das CIA-Überprüfungsprogramm der Rebellen tatsächlich ablief oder abläuft.

Der Geheimdienst würde biometrische Suchen in alten Datenbänken durchführen, die längst nicht mehr up-to-date und vollständig seien. Laut Aussagen von Mitgliedern der Spezialtruppen seien Rebellen am Lügendetektor durchgefallen und hätten Verbindungen zu Islamisten während der Interviews erkennen lassen. Anscheinend ohne Folge.

Diese Bedenken, die auch von Ground Branch, der CIA-Alternative für verdeckte Operationen, geäußert worden, wurden ignoriert, behauptet Murphy. Die Gründe dafür sind politischer Natur, wesentlich mithinein spiele aber auch das Karrieredenken von CIA-Funktionären, die auf Zahlen achten, um weiter nach oben zu klettern. Sie hatten offensichtlich wenig Interesse daran, eingeschleuste Dschihadisten zu enttarnen. Die CIA-Offiziere in der Türkei seien dafür bekannt, dass sie Bedenken von Befehlshabern der Spezialtruppen in den Wind schlagen.

Das Baby von John O. Brennan

Als Beispiel dafür, wie groß der Einfluss und die Verbindungen der Dschihadisten war oder ist, erwähnt Murphy die Mengen der Waffen, zum Beispiel der TOWs, die in den Händen des IS oder der Nusra-Front landeten. Er ergänzt dies mit der bereits bekannten Beobachtung, dass TOWs, die an FSA-Truppen geliefert wurden, in Kampfgebieten sehr rasch an die Nusra-Front gingen, weil sie die stärkeren waren.

Das Timber Sycamore-Programm für verdeckte Operation sei ein "Baby" des CIA-Chefs John O. Brennan. Die Spezialtruppen, die zu dieser "multi-agency" Operation herangezogen werden, unterstehen den Befehlen der CIA. Dazu braucht es die Bewilligung des Weißen Hauses.

Mit dieser Bewilligung und einer Gesetzeslücke (18 USC 2339, exception J) sei es dann auch möglich, im Interesse der Nation mit Terrorgruppen zusammen zu arbeiten, behauptet Murphy.

Die Mission war ausgerichtet auf einen Regierungswechsel in Damaskus, offensichtlich mit Mitteln, die sich schon beim Afghanistan-Krieg gegen Russland als Boomerang gegen die Sicherheitsinteressen der USA erwiesen haben.

Idlib: "de-facto-Kalifat der Nusra-Front"

Es sei unmöglich, so Murphy, einen Unterschied zwischen der FSA (Freie Syrische Armee) und al-Nusra zu machen, sie seien nahezu dieselbe Organisation. In Wirklichkeit sei die FSA hauptsächlich ein Cover für die al-Qaida-Organisation al-Nusra.

Diese ist nun in den letzten Tagen der Amtszeit Obamas zur Terrororganisation erklärt worden wie auch deren Zuarbeiter Scheich al-Muhaysini. Als Ziel der großen Offensive gegen al-Nusra erklärte das russische Verteidigungsministerium kürzlich u.a. die Provinz Idlib. Laut Murphy ist die Provinz ein "De-facto-Kalifat der Nusra-Front". Ihm wird von seinen Krirtikern vorgehalten, dass er übertreibe.

Man darf gespannt sein, welche Übertreibungen sich die westlichen Berichte einfallen lassen werden für Schlagzeilen zur Idlib-Offensive.