Syrien: Der Kampf um Al-Bab

Seite 2: Erdogan: "Wir wollen die Herrschaft al-Assads beenden"

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So richtig klar ist die Strategie der Türkei nicht. Mal will Erdogan die im Lausanner Vertrag festgelegten Grenzen verändern, dann will er nur eine Flugverbotszone im Grenzgebiet. Was er aber anscheinend nach wie vor will, kam in den letzten Tagen ans Licht: Er will den Sturz von Assad.

Hintergrund waren die angeblichen Luftangriffe der syrischen Armee auf türkische Stellungen bei Al-Bab am 24. November, wo 3 türkische Soldaten ums Leben kamen. Erdogan kündigte daraufhin an, mit seinem Einmarsch in Syrien das Assad-Regime stürzen zu wollen:

Wir sind nach Syrien gegangen, um die Herrschaft des Tyrannen al-Assad zu beenden, der Staatsterror betreibt. Es gibt keinen anderen Grund.

Erdogan

Das brachte wiederum Russland auf den Plan.

Russland unterstützt Assad, kooperiert aber andererseits mit der Türkei. Putin versuchte in den letzten Tagen die Eskalation zwischen der syrischen Regierung und der Türkei zu stoppen. Es gab laut der russischen Sputnik-News mehrere Telefonate zwischen ihm und Erdogan. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sprach von "sehr schlimmen" Worten Erdogans, die allen bisherigen Äußerungen widersprächen und forderte Erläuterungen aus Ankara. Die folgten dann auch.

Interessante Gäste in der Türkei

Vielleicht war es Zufall, aber just zu dem Zeitpunkt, als Erdogan und Putin am 30. November telefonierten, trafen sich Außenminister Sergej Lawrow und sein türkischer Amtskollege Mevlut Cavusoglu im Ferienort Alanya, um über Syrien und andere bilaterale Fragen zu sprechen. Nach dem Gespräch gab Cavusoglu auf einer Pressekonferenz bekannt, er und Lawrow hätten sich zwar auf einen Waffenstillstand in Aleppo verständigt, aber die Haltung der Türkei zu Assad bliebe unverändert.

Bemerkenswert ist auch, dass sich der älteste Sohn von US-Präsident Donald Trump zur gleichen Zeit wie Lawrow im benachbarten Ferienort Antalya aufhielt. Angeblich soll es sich um eine Privatreise auf Einladung eines Geschäftsmannes gehandelt haben, nicht um eine politische Konsultation. Laut Al-Monitor soll es sich dabei um den türkischen Medienhai Aydin Dogan handeln, einem Geschäftspartner Trumps.

Ob sich Lawrow und Trump Junior in der Südtürkei begegnet sind, konnte nicht verifiziert werden. Bekannt ist jedoch Trump Juniors Interesse an Syrien. Das Wall Street Journal berichtete, dass er im Oktober private Gespräche mit Diplomaten, Unternehmern und Politikern in Paris gehalten habe, um einen Weg zu finden, gemeinsam mit Russland den Krieg in Syrien zu beenden.

Was die Eroberung von Al-Bab anbetrifft, so will der Chefredakteur des Online-Fachmagazins Conflict News, Gissur Simonarson wissen, dass weder Russland noch Assad Erdogan die Türkei dort haben will:"Ich bin mir nicht sicher, ob das überhaupt klappen könnte. Die kurdischen YPG und die syrische Armee haben sich miteinander verbündet. Sie wappnen sich für eine eigene Offensive auf die Stadt."

Kooperationen zwischen Russland und der Türkei

Andererseits kooperiert Russland mit der Türkei. Das wirft Fragen auf: Warum lässt Russland die türkischen Spezialeinheiten und die FSA gegen die SDF gewähren, obwohl klar sein müsste, dass auch ihr militärischer Stützpunkt in Latakia in Gefahr ist, falls die FSA die Oberhand bekäme. Es ist doch nicht auszuschließen, dass die Türkei wieder (oder immer noch?) die Islamisten auf irgendeine Art in Südaleppo oder Idlib unterstützt.

Die Kämpfer des IS oder anderer islamistischer Gruppen haben nur ihre Uniform gewechselt, nicht ihre Gesinnung. Warum verhindert Russland nicht ob seiner Luftüberlegenheit türkische Luftangriffe auf die kurdischen Stellungen? Die bloßen Aufforderungen von syrischer und russischer Seite am 22. Oktober, die Luftangriffe auf SDF-Stellungen zu unterlassen, wurden von Ankara ignoriert.

Ambivalente Haltung der syrischen Regierung gegenüber den SDF

Die syrische Armee will um jeden Preis verhindern, dass die von der Türkei unterstützte FSA weiter Richtung Süden vordringt. Sie sieht darin die Gefahr, dass die von ihr zurückeroberten Gebiete rund um Aleppo der islamistischen FSA in die Hände fallen könnten. Das Ziel der syrischen Regierung ist die Rückeroberung der vom IS besetzten Gebiete. Die Haltung zu den SDF ist ambivalent: auf politischer Ebene ist Assad ablehnend den politischen Autonomiebestrebungen der Kurden gegenüber.

Vor Ort aber arbeiten lokale Repräsentanten teilweise zusammen, bzw. lassen sich in Ruhe, wie bspw. in Aleppo. Die Luftangriffe gegen türkische Stellungen in Nordsyrien dementierten die syrische Regierung wie auch Russland, denen dies unterstellt wurde. Unbestätigten Meldungen zufolge könnte es sich auch um iranische Kampfdrohnen gehandelt haben. Denn auch die Iraner mischen dort mit.

Lokale Quellen in Nord-Syrien berichten, dass eine iranische Drohne über Al-Bab zum Zeitpunkt des Angriffs gesichtet wurde. Iran besitzt wie die Türkei bewaffnete Drohnen. Kampfdrohnen werden mittlerweile auch von der Türkei gebaut. Inwieweit sie auch in Nordsyrien zum Einsatz kommen, darüber gibt es bislang keine Erkenntnisse.